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Zeitreise in die Künstlerszene der DDR

Die Ausstellung „Interieur Underground“ versammelt Bilder, Erinnerungsstücke und Lebensgeschichten von DDR-Künstlern.

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© Norbert Millauer

Von Lilli Vostry

Radebeul. Bilder mit dunklen Häuserklötzen, Filmguckkästen aus der Schlüssellochperspektive und die Welt im Karton eingefangen. Ausstellungsplakate und Fotografien von Wohnungslesungen, Straßenaktionen und einem Kunstfest mit Anwohnern, Künstlern und der Szene vom Prenzlauer Berg und den ersten Punks füllen die Wände. Darunter eine frühe Arbeit von Cornelia Schleime, die von Dresden nach Ostberlin flüchtete.

Den Siebdruck lernte sie bei Reinhard Zabka. Zu sehen ist auch eine Grafik, „Die oppositionelle Sonne“ von Bärbel Bohley zu einem Gedicht von Rüdiger Rosenthal. An einer Soundorgel kann jeder sich seinen eigenen DDR-Sound mixen und anhören. Wie ein Schaufenster in die Geschichte wirkt die neue Kunst- und Rauminszenierung „Interieur Underground“, die am Sonnabend im Rahmen der Dauerausstellung im Radebeuler Lügenmuseum im alten Gasthof in Serkowitz eröffnete.

Sie entführt authentisch, kenntnisreich und mit viel Ironie zurück in die Zeit der konspirativen Künstlerszene und Subkultur in der DDR. Durch eine schmale Pforte hinter einem Bücherregal gelangen die Besucher in das nachgebaute, versteckte Hinterzimmer. Es ist einem ärmlichen Hinterhofatelier im Prenzlauer Berg oder in Dresden-Neustadt nachempfunden.

Die Ausstellung versammelt Bilder, Objekte, Erinnerungsstücke und Lebensgeschichten von Künstlern, die unangepasst zum politischen System, oft mit Ausstellungs- und Auftrittsverbot belegt, im Untergrund eine äußerst schöpferische Gegenkultur und grenzüberschreitende Gestaltungsmittel entwickelten. Davon erzählt eine Bilderwand voller Mail-Art-Kunst, Zeichnungen und Collagen voll witzig-hintergründiger Aussagen wie: „Ich übersende Ihnen eine Linie. Führen Sie diese weiter ...“ Das Motto der Untergrundkünstler von einst gilt unverändert: „Kunst ist der Spiegel deiner Gesellschaft“. Zur Ausstellungseröffnung im Beisein vieler Künstler und dem Radebeuler Bürgermeister Bert Wendsche spielte der Jazzmusiker Hartmut Dorschner wilde, raue und kraftvoll wirbelnde Klänge auf dem Saxofon mit fulminantem Finale ganz unten im Kellergewölbe.

„Die Ausstellung sagt nicht: So war es, sondern so ist es auch gewesen“, sagte Teresa Ende in ihrer Rede über ‚Interieur Underground‘“. Diese lebendigen Erinnerungen bilden das Fundament für das Heute. „Es braucht beides. Das Zeigen der Werke und ihre Erzählung, das Gespräch und die Vielfalt der Perspektiven.“

Zur Ausstellung erschien außerdem ein Katalog mit ’89 Geschichten der Friedlichen Revolution, in dem Künstler dieser Zeit anhand von Alltagsdingen über Ausgrenzung und Verfolgung erzählen. Zehn aktuelle Künstlerplakate mit Erinnerungsstücken von damals und dem Blick von heute können zudem als Wanderausstellung ausgeliehen werden.

Gefördert wurde das Kunstprojekt „Interieur Underground“, getragen vom Verein „Kunst der Lüge“ e.V., durch die Bundesstiftung Aufarbeitung und vom Sächsischen Landesbeauftragten für die Stasiunterlagen.