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Yoga, Lampenfieber und ganz viel Herzblut

Sie tanzte im „Kessel Buntes“ und drehte mit Zsa Zsa Gabor. Auch Rückschläge nach der Wendenahmen Dorit Gäbler nie den Spaß. Jetzt feiert sie ihren 75. Geburtstag.

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© dpa/Monika Skolimowska

Von Simona Block

„Ohne die Bühne würde ich sterben.“ Ruhestand ist für Chansonnière Dorit Gäbler kein Thema. Offiziell ist die aus DDR-Film und -Unterhaltung bekannte Schauspielerin, Moderatorin und Sängerin, die am Dienstag ihren 75. Geburtstag feiert, längst in Rente. Tatsächlich tourt die Blondine mit zehn verschiedenen Programmen durch den Osten – von „Starke Frauen“ bis „Verliebt, verlobt, verschwunden“. Auch nach 50 Jahren hat sie dabei noch Lampenfieber.

Die 1943 in Plauen (Vogtland) geborene Künstlerin musste sich ihren Traumberuf Schauspielerin hart erkämpfen. Nach zwei älteren Brüdern hatte ihre alleinerziehende Mutter keine Kraft mehr, den Berufswunsch ihrer hübschen Tochter zu unterstützen – und kein Verständnis. „Mit Todesmut bin ich nach Berlin“, erinnert sich Gäbler an den Sprung ins kalte Wasser. Die ausgebildete Gebrauchswerberin finanziert ihr Leben mit Modeln und erfährt über ein Mannequin, dass das DDR-Filmunternehmen DEFA junge Mädchen sucht.

Sie bewirbt sich an der Filmhochschule in Potsdam und an der Berliner Schauspielschule „Ernst Busch“. Schon im Studium singt sie Selbstkomponiertes in Altersheimen – und macht erste Schritte am Deutschen Theater und der Volksbühne. „Ich wollte spielen“, begründet sie ihren Weggang ins damalige Karl-Marx-Stadt. Ihre erste Rolle 1967: die Eliza in „My Fair Lady“. 1968 bis 1978 gehört Gäbler zum Ensemble der Dresdner Staatstheater und dreht Kinofilme. 1987 gehört sie zum Cast einer deutsch-österreichischen Koproduktion in Regie von Franz Antel, neben Karin Dor, Zsa Zsa Gabor und Rolf Hoppe. Auch in der DDR-TV-Unterhaltung ist sie präsent: Sie bezirzt Kabarettist Rolf Herricht, flirtet mit Tigern und tanzt im „Kessel Buntes“ mit einer echten Boa Constrictor.

Als ihr das Theater ein Filmrollen-Angebot vermasselt und ihr keine Charakterrollen gibt, kehrt sie der Bühne den Rücken, sucht sich eine Band, lernt Blues singen, gewinnt nationale Wettbewerbe und damit Mut, ihr Geld freischaffend auch mit ihrer satten Altstimme zu verdienen. „Ich war ausgebucht, gab 200 Konzerte pro Jahr“, erzählt Gäbler, die idyllisch über dem Lößnitzgrund in Friedewald lebt.

Bereut hat sie ihre Entscheidung für die Bühne nie. „Ich bin mit mir im Reinen, mit einer Ausnahme“, sagt sie. In den 70er-Jahren berichtete sie auf Drängen der Stasi, die sie als IM führte, über ihre Auslandsaufenthalte. „Ich war naiv.“ Als sie in den Dresdner Stadtrat gewählt wurde, offenbarte sie dies und entschuldigte sich. „Ich habe nie Jemanden denunziert“, betont sie. Die Angebote blieben trotzdem aus.

Marlene Dietrich war ihre Rettung. Zweieinhalb Jahre sang sie jede Woche mit Leidenschaft deren Lieder, in weißem Frack und Zylinder, in der Kultkneipe „Linie 6“ ihres Mannes Karl-Heinz Bellmann. Damit und einer Hommage an Hildegard Knef kämpfte sie sich zurück auf die Bühne. Die Diven-Abende gehören nach wie vor zum Repertoire der Chansonnière, wie Frivol-Erotisches und Kabarett.

„Den Schlusspunkt setze ich als Schauspielerin“, sagt Dorit Gäbler. Das Älterwerden nimmt sie heute gelassen. Mit Yoga und Sit-ups jeden Morgen, Spaziergängen und Schwimmen hält sich die Zweifach-Oma fit. „Ich gehe auf die 60 zu“, witzelt sie. „Nur von der verkehrten Seite.“ (dpa)