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Wolfsangriff in Hinterhermsdorf?

In dem Sebnitzer Ortsteil wurden zwei Schafe gerissen. Es ist der zweite Vorfall innerhalb weniger Tage.

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© Daniel Schäfer

Von Dirk Schulze

Sebnitz. Andrea Eschenbach vom Pferdehof Eschenbach in Hinterhermsdorf machte die Entdeckung am Mittwochmorgen. Zwei ihrer Schafe lagen tot und mit aufgerissenen Bäuchen auf der Wiese unweit ihres Hauses an der Neudorfstraße. „Kein schöner Anblick“, sagt sie. Die übrigen Tiere der kleinen Herde waren ausgebüchst, vermutlich in Panik haben sie die Umzäunung niedergerissen. Zusammen mit ihrem Mann mussten sie die verstörten Tiere frühmorgens erst einmal wieder einfangen und in den Stall sperren. Die zwanzig weiblichen Schafe und der Bock grasten eigentlich zusammen auf der Wiese, damit es im Frühjahr wieder Nachwuchs gibt. Am Dienstagabend hatte Andrea Eschenbach die Tiere noch gefüttert, da war noch alles in Ordnung. Jetzt sind von den 21 Schafen nur noch 19 übrig.

© SZ

Dahinter steckt der Wolf, da ist sich Andrea Eschenbach sicher. Der 90 Zentimeter hohe Schutzzaun, hinter dem die Tiere standen, hat nichts genützt. Auch nicht das Flatterband, das wie gefordert noch obendrauf befestigt war. Ob der Wolf – wenn es denn einer war –, über den Zaun gesprungen ist, wie Eschenbachs vermuten, oder aber die panischen Schafe die Absperrung zuerst niedergerissen haben, lässt sich nicht sagen. Zwei der Haustiere sind nun jedenfalls tot. Noch am Mittwochnachmittag waren Experten des Landratsamts Pirna vor Ort, um die toten Schafe und den Schaden zu begutachten.

Es ist der zweite bekannte Vorfall in Hinterhermsdorf innerhalb von zweieinhalb Wochen. Erst am 21. September hatte Schäferin Carola Manstein zwei totgebissene und sieben verletzte Schafe zu beklagen. Ihre Herde hatte auf den Wiesen an der Straße Am Langk in dem Sebnitzer Ortsteil gegrast, nur ein paar hundert Meter vom jetzigen Rissort entfernt. Auch hier gilt der Wolf als der Übeltäter, die amtliche Bestätigung steht indes noch aus. Die Untersuchungen laufen noch.

Schon Tage zuvor soll eine Wildkamera in den Wäldern um Hinterhermsdorf Bilder eines Wolfes geschossen haben. Hat sich hier im Gebiet des Nationalparks ein neues Rudel gebildet oder handelt es sich um ein durchziehendes Einzeltier? Womöglich könnte das Tier auch aus der Böhmischen Schweiz über die Grenze geschlichen sein. Hinterhermsdorf liegt direkt an der deutsch-tschechischen Landesgrenze.

Feste Belege dafür gibt es bislang noch nicht. In den umliegenden Gegenden wurden im vergangenen Jahr zwei Rudel nachgewiesen. Das erste, schon länger bekannte, lebt im Hohwald zwischen Neustadt und Neukirch. Diese Wölfe haben 2017 zwei Welpen bekommen. Die Experten gehen davon aus, dass dieses Rudel auch die Grenze nach Tschechien überschreitet Neu hinzugekommen ist für die Sächsiche Schweiz ein weiteres Rudel in der Gegend um Hohnstein und Stolpen. Ein erstes Wolfspaar wurde hier 2016 gesichtet, für 2017 gilt ein Rudel als gesichert. Auch hier haben die Experten 2017 zwei Welpen ausgemacht. Sind die Jungtiere mittlerweile auf der Suche nach einem eigenen Revier im Nationalpark? Für das aktuelle Wolfsjahr gibt es allerdings für beide Territorien noch nicht genügend Belege. Dafür muss eine bestimmte Anzahl an Kotspuren, bei Wölfen Losung genannt, oder Fotofallenbildern nachgewiesen werden, erklärt Sophia Lien vom Kontaktbüro Wölfe in Sachsen. Der Beobachtungszeitraum läuft jeweils vom Mai bis Ende April des Folgejahres.

Für überregionales Aufsehen sorgte diese Woche ein Wolfsangriff in Förstgen bei Mücka in der Oberlausitz. Hier haben vermutlich zwei Wolfsrudel in der Nacht zum Dienstag mindestens 40 Schafe und 14 Ziegen getötet. Mitarbeiter einer Naturschutzstation haben die Wölfe noch gesehen.