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Wolf reißt Ziege in der Georgewitzer Skala

Der Besitzer geht von einem einzelnen Streuner aus. Bei Niesky dezimiert ein Rudel eine Herde mit 50 Schafen.

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© Markus van Appeldorn

Von Markus van Appeldorn

Löbau/Niesky. Allerhand Getier tummelt sich auf dem Anwesen der ehemaligen Ausflugsgaststätte „Gemauerte Mühle“ in der Georgewitzer Skala. Ein Mini-Schwein tollt mit dem Hund von Besitzer Bernd Engelmann über den Hof. Auf einer Koppel weiden zwei Ponys. Und auf der ans Löbauer Wasser angrenzenden Wiese betätigt sich eine Herde Ziegen und Schafe als Landschaftspfleger. Doch am Rand dieser Wiese bietet sich am Dienstagmorgen noch ein blutiges Bild. Der Kadaver einer Ziege liegt dort. Die Kehle durchtrennt, der Bauchraum aufgerissen, ausgeweidet und kahl gefressen. Die Hinterlassenschaft eines nächtlichen Besuchers, der nicht auf Freundschaft mit Bernd Engelmanns Tieren aus war.

„Vom Wolf gerissen“, sagt Engelmann. Und damit hat der wilde Jäger erstmals auch in der Georgewitzer Skala Beute gemacht. Auch ein Schaf aus Engelmanns Herde, eine Heidschnucke, hat der Wolf durch einen Kehlbiss getötet, ansonsten aber unangetastet gelassen. Bis gegen fünf Uhr am Montagmorgen waren die Tiere im Nachtpferch, danach weideten sie auf der Wiese. Das Landratsamt Görlitz bestätigt den Vorfall als einen Wolfsriss. „Ob es sich um einen Einzelwolf oder ein Rudel handelt, ist bislang nicht erkennbar. Verursacher ist jedoch zweifelsfrei der Wolf“, teilt Pressesprecherin Franziska Glaubitz auf SZ-Anfrage mit.

Einen noch viel größeren Wolfsriss gab es in der Nacht vom Montag, 8. Oktober auf Dienstag, 9. Oktober in Förstgen bei Niesky. Dort tötete ein Wolfsrudel annähernd 50 Schafe und Ziegen. Der Halter der Herde, die Naturschutzstation „Östliche Oberlausitz“, hatte seine Weideflächen vorschriftsmäßig mit Flexinetz-Elektrozäunen in einer Höhe von 1,10 Meter gesichert, teilte das Landratsamt mit. Man gehe davon aus, dass mindestens vier Wölfe an dem Angriff beteiligt waren. Das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft sei informiert. „Im Rahmen der derzeitigen Untersuchung wird die Möglichkeit einer Entnahme geprüft“, so Pressesprecherin Franziska Glaubitz.

Bernd Engelmann ist dem Wolf nicht böse. Da er die Tiere selbst geschenkt bekommen habe, sei ihm kein wirtschaftlicher Schaden entstanden. „Der Wolf hat genauso ein Recht, hier zu sein wie wir, weil er immer schon da war. Und wir haben nicht das Recht, den Wolf auszurotten“, sagt er. Auf Anraten des Landkreises will er seine Ziegen- und Schafherde in Zukunft besser gegen Wolfsrisse schützen, etwa mit einem mobilen Elektrozaun.

Seit der ersten Sichtung eines einzelnen Wolfes 1996 auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz in der Bad Muskauer Heide hat sich der Wolf in westliche und südliche Richtung ausgedehnt. Nach dem jüngsten Wolfsmonitoring des Kontaktbüros Wölfe in Sachsen leben im Freistaat 16 Rudel und mehrere Paare. Das Territorium des Cunewalder Rudels reicht bis an den westlichen Stadtrand von Löbau. Das in den Königshainer Bergen registrierte Rudel hat sein Territorium bis wenige Kilometer östlich vor die Löbauer Stadtgrenze ausdehnt. Der Wolfsstatus im Südkreis um Löbau und Zittau galt bisher als unklar. Die Nutztierriss-Gutachter des Landkreises sichern an den Fundstellen auch regelmäßig Spuren wie Haar- oder Speichelproben des Wolfs. In manchen Fällen kann das damit befasste Senckenberg-Institut daraus DNA-Spuren sichern und einen Riss einem bestimmten Tier zuordnen. Diese DNA-Spuren dienen dem Monitoring zur Ausbreitung des Wolfs in Sachsen.