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Wohnungsbesichtigung in der virtuellen Realität

Mit einer 3-D-Brille schauen sich Oberschüler eine imaginäre Wohnung an. Realistisch wird es, als es um Mietverträge geht.

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© Dietmar Thomas

Von Verena Toth

Waldheim. Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir – diesen geflügelten Satz machen die Neuntklässler der Waldheimer Oberschule und ihre Lehrerin Nadine Müller zum Programm. Im WTH-Unterricht, der sich mit Wirtschaft, Technik und Haushalt beschäftigt, soll es um besonders lebensnahe Themen gehen. Eines davon dreht sich um die erste eigene Wohnung und den Mietvertrag. Für diese Unterrichtseinheit hatte die Pädagogin ihren Platz vor der Klasse einem Fachmann auf diesem Gebiet überlassen.

Der Waldheimer Immobilienfachwirt Andy Zemmrich hatte sich bereit erklärt, den Jugendlichen der neunten Klassen möglichst umfassend zu erläutern, wie ein Mietvertrag und ein Übergabeprotokoll aussehen sollten, welche Rechte und Pflichten ein Mieter hat und worauf die jungen Leute achten sollten, wenn sie in ihre erste eigene Wohnung einziehen. „Für mich war es besonders wichtig, den Jugendlichen ein möglichst realistisches Bild davon zu geben, was sie erwartet, wenn sie sich auf Wohnungssuche begeben. In meiner täglichen Arbeit erlebe ich es immer wieder, dass künftige Mieter überhaupt keine Vorstellungen davon haben, wie ein Mietvertrag aussieht und welche Verpflichtungen sie eingehen. Dann muss ich immer erst einmal einen zweistündigen Vortrag halten“, erläuterte der Immobilienspezialist. Er wünsche sich, dass die Jugendlichen, die möglicherweise schon sehr bald nach ihrem Schulabschluss ihre erste eigene Wohnung beziehen wollen, darauf besser vorbereitet sind.

In seinem 90-minütigen Vortrag zeigte er den Schülern, dass ein Mietvertrag auch mal 15 A4-Seiten dick sein kann. Er machte deutlich, wie wichtig es ist, ein solches Pamphlet lesen und verstehen zu können, bevor man als Mieter seine Unterschrift darunter setzt. „Darin sind zum Beispiel Dinge geregelt, wie die Erledigung der Hausordnung, Einhaltung von Ruhezeiten oder die Verantwortlichkeit für angerichtete Schäden“, zählte Andy Zemmrich auf. Besonders wichtig war ihm auch, den jungen Leuten zu erklären, welche großen Unterschiede es zwischen den Mietkosten in ländlichen Regionen und in einer zwar hippen, dafür aber sehr teuren Großstadt gibt. Schon beim Vergleich zwischen Waldheim und Dresden staunten die Schüler über die teils vierfache Differenz nicht schlecht.

Für die meisten der jungen Leute stand aber auch nach der Unterrichtseinheit fest, dass sie sich auf ihre ersten eigenen vier Wände freuen. „Klar, es war schon ein wenig überraschend zu erfahren, dass es ziemlich teuer werden kann, wenn man zum Beispiel die Hausordnung nicht erledigt“, gab der 14-jährige Patrick Wrona zu. Dennoch könne er sich gut vorstellen, nach seiner Ausbildung in eine Großstadt wie Berlin zu ziehen. „Es gibt ganz schön viel zu beachten“, resümierte Leonie Brönick nach der Unterrichtsstunde. „Da gibt es eine Menge Fallstricke, da muss man schon ganz genau planen“, meinte die
15-Jährige. Ihre 17-jährige Mitschülerin Saskia Kaiser freue sich vor allem darauf, die eigene Wohnung einrichten und dekorieren zu können.

Der Fachmann hatte den Neuntklässlern nicht nur den trockenen Theoriestoff mitgebracht. „Bevor es zur Unterschrift unter einem Mietvertrag kommt, geht es darum, die richtige Wohnung zu finden. Um das für die jungen Leute spannend und interessant zu machen, habe ich eine VR-Brille mitgebracht, mit der man heutzutage schon mal einen virtuellen Rundgang durch eine Mietwohnung machen kann“, berichtete der Waldheimer. So konnte er an einem echten Beispiel erklären, wie eine Wohnungsbesichtigung abläuft und worauf dabei geachtet werden muss. „Die jungen Leute waren sehr aufgeschlossen und interessiert“, freute sich Andy Zemmrich. Mit dieser Erfahrung wolle er auch anderen Schulen diesen Vortrag anbieten, den er unentgeltlich neben seiner Dienstzeit hält. Mit zwei weiteren Schulen stehe er schon im Kontakt, verriet er noch.