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Wofür brauche ich den ganzen Mathekram eigentlich?

Wie lässt sich der oft ungeliebte Unterricht spannender gestalten? TV-Moderator Ralph Caspers hat da ein paar Ideen.

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© Christian Juppe

Von Claudia Schade

Ralph Caspers zieht. Bekannt ist er als Moderator der „Sendung mit der Maus“ oder „Wissen macht Ahh“. Nicht zuletzt seinetwegen sind am vergangenen Sonnabend etwa tausend Besucher in das Matheland in den Technischen Sammlungen gekommen. Die Ausstellung feiert ihr zehnjähriges Jubiläum, lud zu einem Kinderfest und lockte mit dem jugendlichen Mittvierziger Caspers, der es schaffte, im vollgestopften Saal Kinder und Erwachsene gleichermaßen eine gute Stunde lang zu fesseln.

Dabei drehte sich alles um die Frage: „Wofür brauche ich den ganzen Mathekram eigentlich?“ Mathematik – das ist ein Begriff, bei dem mancher Erwachsener an schlimme Schulstunden, Versagensängste und schlechte Noten zurückdenkt. Mathe kann man entweder oder man kann es nicht, ist eine weit verbreitete Annahme. So, als habe man Talent dafür, sei irgendwie dafür gemacht. Und wer es nicht versteht, hat einfach nicht die genetischen Voraussetzungen.

Dass dies keinesfalls stimmt, hat nicht nur Andreas Schleicher für ein jüngst veröffentlichtes Buch herausgefunden. Der Bildungsforscher, der vor 20 Jahren den Pisa-Test entwickelte, hat festgestellt, dass erfolgreiche Bildungssysteme den Glauben fördern, etwas bewegen zu können. Nach dem Motto: „Wenn ich mich anstrenge und mein Lehrer mir hilft, kann ich es schaffen.“ Das passiere aber noch viel zu wenig.

Auch Ralph Caspers kokettiert bei seinem Vortrag zunächst damit, dass er nicht besonders gut in Mathe war. Dann aber erklärt er, wie Mathe ihm geholfen habe. „Ich habe mein ganzes Leben lang schon Mathe benutzt und wusste es gar nicht“, sagt er. Mathe könne einem daher das Leben leichter machen, zum Beispiel brauche man es zum Kritzeln, zum Faulsein, zum Rausreden oder zum Beeindrucken.

„An seinem Vortrag lässt sich gut ablesen, wie wichtig Emotionalität in der Vermittlung ist“, sagt Andrea Hoffkamp. „Kinder lernen nur, wenn sie den Stoff emotional aufnehmen. Sie brauchen Personen, die dazu anregen.“ Hoffkamp ist Professorin für Mathematikdidaktik an der Technischen Universität Dresden. Bei ihr lernen künftige Mathelehrer an Oberschulen und Gymnasien, wie sie ihren Unterricht gestalten sollen. „Jedes Kind freut sich, wenn es etwas versteht“, sagt Hoffkamp. „Man muss den Unterricht so aufbauen, dass das Kind eine Chance hat zu verstehen.“ Wichtig dabei sei, dass Lehrer das, was für sie selbstverständlich geworden ist, neu entdecken, um es dann besser vermitteln zu können. „Die Kunst ist, im scheinbar Banalen das Besondere zu finden.“

Genau dies hat Ralph Caspers perfektioniert. „Man muss nur den Tunnelblick ablegen“, sagt er im Gespräch mit der SZ. „Das Tolle an Mathematik ist, dass sie komplett losgelöst ist. Man kann sie nur im Kopf machen. Sie ist sehr abstrakt, irgendwie rein und unverdorben.“ Diese Begeisterung überträgt sich am Sonnabend auf das Publikum. So erklärt er fast wie nebenbei und unter Gelächter, warum Rechnen mit römischen Ziffern schwierig ist, welche bahnbrechende Entdeckung die 0 war und wie man mit zehn Fingern bis 1023 zählen kann. Alles hat irgendwie mit Rätseln und Magie zu tun. Oder auch nur mit dem einfachen Bedürfnis, sich rausreden oder schlaumeiern zu können. So gesehen passt der Vortrag perfekt zum Matheland. Der Ausstellung gelingt es, abstrakte Mathematik erlebbar zu machen. Funktionen können gelaufen, mathematische Konstrukte erklettert werden. So wird die Neugier geweckt zu fragen, was dahintersteckt. Und dann geht es erst richtig los.