Von Gunnar Klehm

Osterzgebirge. Über diesen Service in Bad Schandau ist mancher Ausflügler überrascht. „Das hätte ich nicht gedacht, dass Lidl, Nahkauf und der Drogeriemarkt auch am Sonntag geöffnet sind“, sagt der Dresdner Bernd Zoller. Nach einer Wanderung hat er sich ein Getränk in dem Lebensmittelladen an der Dresdner Straße gekauft und gleich noch was fürs Abendessen.

Wie ist das möglich? In Bad Schandau gelten doch auch die gesetzlichen Ladenschließzeiten. Die Discounter machen sich die Ausnahmeregelungen im Sächsischen Ladenöffnungsgesetz zunutze. Demnach dürfen Geschäftesonntags öffnen, die hauptsächlich Zeitungen und Zeitschriften, Blumen, Bäcker- und Konditoreiwaren sowie frische Milch und Milcherzeugnisse verkaufen. In Kurorten wie Bad Schandau kommen sogar noch weitere Sortimente wie Sportartikel oder ortstypische Waren hinzu. Das alles wird auch in Discountern angeboten.

Bäcker und Blumenläden nutzen diese Möglichkeit schon lange. Neu ist jedoch, dass so große Handelsketten wie Lidl oder „dm“ nun auch jeden Sonntag öffnen. Beide Märkte haben erst kürzlich nach Neu- und Umbau an der Bundesstraße in Bad Schandau eröffnet. Wenige Meter entfernt befindet sich mit Nahkauf ein weiteres Lebensmittelgeschäft, das schon seit etwa 15 Jahren diese Ausnahmeregelung zur Sonntagsöffnung nutzt. In der Haupturlaubssaison ist das ein wichtiger betriebswirtschaftlicher Faktor geworden, erklärt Inhaberin Margret Hütter. In den Ausflugsorten an der Ostsee würden das die Nahkauf-Filialen im Übrigen auch so praktizieren.

Was ein Ausflugsort mit besonderem Besucheraufkommen ist, legt hier in Sachsen das Wirtschaftsministerium fest. Liegt die Anerkennung vor, dürfen auch Läden öffnen, die Waren verkaufen, die einen spezifischen Bezug zu dem Ort haben oder für diesen Ort charakteristisch sind.

Anmeldung nicht nötig

Das macht sich beispielsweise die Obstscheune Krietzschwitz zunutze. Pirna ist seit 2010 als ein solcher Ausflugsort anerkannt. Und weil der Obstanbau in Krietzschwitz schon seit Jahrzehnten besteht, „ist dort aufgrund der Historie vom Gewerbeamt die Einschätzung erfolgt, dass der Apfelanbau besonders kennzeichnend für den Ort ist“, heißt es aus der Stadtverwaltung. Folglich darf auch sonntags geöffnet werden. In Glashütte, das seit Frühjahr als Ausflugsort anerkannt ist, nutzen das jetzt Uhrenbetriebe. Uhren sind dort regionaltypische und vor Ort gefertigte Produkte. In Bad Schandau dürften dagegen keine Uhrengeschäfte am Sonntag verkaufen. In Langenwolmsdorf wiederum wird im Ratags-Kunsthandwerkerhaus auch sonntags verkauft. Dort ist es die Holzkunst, die regionaltypisch und ortskennzeichnend ist und auch vor Ort produziert wird. Extra anmelden muss ein Ladeninhaber seine Öffnungszeiten nicht. Den Kommunen obliegt es jedoch zu prüfen, ob das Ladenöffnungsgesetz eingehalten wird. Das dürfte für die Ordnungsämter im Falle von Blumenläden oder Bäckereien einfach sein. Bei Geschäften, die erlaubte Waren mit im Sortiment haben, dürfte es dagegen schon schwieriger werden. Wie soll man denn prüfen, ob im Lidl Bad Schandau sonntags wirklich hauptsächlich Backwaren, Blumen, Zeitungen und frische Milchprodukte verkauft werden?

Zu guter Letzt muss sich der Sonntagsverkauf auch noch rechnen. Bei hochwertigen Uhren wie im Nomos-Kaufhaus in Glashütte wird sich das auch noch mal vom Nahkauf in Bad Schandau unterscheiden. Letzterer wie Lidl und „dm“ dürften auch von der Grenznähe und damit den Kunden aus Tschechien profitieren, deren Zahl und Kaufkraft zuletzt angewachsen ist.

Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch entschieden, dass ein Umsatzinteresse nicht ausreicht. Verfassungsrechtlich gibt es in Deutschland einen besonderen Schutz der Sonntagsruhe. Ein verkaufsoffener Sonntag muss demnach stets durch einen Sachgrund gerechtfertigt sein. Die Handelskette Penny sieht den offensichtlich nicht. Ihre Filiale in Bad Schandau bleibt sonntags geschlossen.