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„Wir wollen eine Grünbrücke am Doberberg“

Der Chef des BUND Sachsen erklärt, warum der Umweltverband gegen die neue S 177 bei Wünschendorf klagt.

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© Dirk Zschiedrich

Von Dirk Schulze

Wünschendorf. Mit seiner Klage gegen den beschlossenen Trassenverlauf der Ortsumgehung für Wünschendorf und Eschdorf hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ein dickes Fragezeichen hinter den Baustart gesetzt. Der Freistaat Sachsen kann trotz dieses juristischen Verfahrens mit diesem Abschnitt der S 177 beginnen – allerdings auf eigenes Risiko. Ob das passiert, ist bislang nicht entschieden. Im SZ-Interview erklärt David Greve, Landesgeschäftsführer des BUND in Sachsen, warum sich der Umweltverband für den Rechtsweg entschieden hat.

Dr. David Greve, ist seit 2013 Landeschef des BUND in Sachsen. Zuvor war der 43-Jährige für den ADFC-Bundesverband tätig.
Dr. David Greve, ist seit 2013 Landeschef des BUND in Sachsen. Zuvor war der 43-Jährige für den ADFC-Bundesverband tätig. © Christoph Eckelt

Herr Greve, die Anwohner in Wünschendorf und Eschdorf leiden unter dem zunehmenden Verkehr und wünschen sich nichts sehnlicher als eine Ortsumgehung. Können Sie das verstehen?

Ja, das kann ich sehr gut verstehen. Das Problem des allenthalben steigenden Verkehrslärms nimmt sich der BUND Sachsen an vielen Stellen an. Allerdings ist „zunehmender Verkehr“ kein Naturgesetz. Doch solange sich das Mobilitätsverhalten nicht grundsätzlich ändert, werden alle weiter unter zunehmenden Verkehr leiden. Umgehungsstraßen verlagern den Verkehr dabei nur zu anderen Leidtragenden, in diesem Fall der Natur.

Warum klagt der BUND gegen die Ortsumfahrung, was den Bau höchstwahrscheinlich weiter verzögern wird?

Bei den Planungen sind nach unserer Ansicht verschiedene naturschutzfachliche Aspekte unberücksichtigt geblieben. Wir erhoffen uns, Verbesserungen für den Naturschutz zu erreichen, wie beispielsweise durch den Bau einer Grünbrücke am Doberberg.

Was ist bei der Planung ihrer Ansicht nach schief gelaufen?

Wir haben im Vorlauf in einer umfassenden Stellungnahme auf aus unserer Sicht erforderliche naturschutzfachliche Verbesserungen hingewiesen. Diese blieben jedoch weitestgehend unberücksichtigt. In den Erwägungen der Planer hätte aber nicht nur dem Schutzgut Mensch und menschliche Gesundheit in den betroffenen Gemeinden sowie einem guten Verkehrsfluss ein großes Gewicht beigemessen werden sollen, sondern auch dem Naturschutz.

Welche Änderungen an der Trasse fordern Sie konkret?

In unserer Stellungnahme haben wir verschiedene Punkte aufgezählt. Besonders wichtig ist uns der Bau einer Grünbrücke am Doberberg sowie ein verbesserter Schutz von Flora und Fauna insbesondere im Klemnitztal. Das könnte beispielsweise durch eine seitliche Trassenverlegung erreicht werden.

Aber kostet das nicht alles sehr viel Geld? Zudem zöge eine Umplanung das Prozedere nur weiter in die Länge.

Der gesamte Streckenabschnitt soll laut dem sächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr circa 25 Millionen Euro kosten. Die Grünbrücke würde mit geschätzten Zusatzkosten von rund einer Million Euro zu Buche schlagen, und auch die anderen Maßnahmen verursachen wahrscheinlich zusätzliche Kosten. Dem gegenüber steht der Verlust an Natur, den derzeit leider niemand monetär aufwiegt. Aus unserer Sicht gehen ohne die Umplanungen sehr wertvolle Biotopverbundbeziehungen und Biotope verloren, die mit vertretbarem wirtschaftlichen Aufwand erhalten werden könnten. Die Zeitverzögerungen und Umplanungen zum jetzigen Zeitpunkt hätten vermieden werden können, wenn man bei den Planungen von vornherein auf unsere Argumente Rücksicht genommen hätte. Sie sind bereits seit Langem bekannt.

Der Ortsvorsteher von Wünschendorf hat Sie eingeladen, damit Sie die Sicht des BUND vor Ort erklären können. Werden Sie kommen?

Ja, warum nicht?