Görlitz. Siegfried Deineges langer Abschied aus dem Rathaus bewegt die Görlitzer. Seit er am Dienstagvormittag angekündigt hat, keine zweite Amtszeit anzustreben und sich Mitte kommenden Jahres aus der Kommunalpolitik zurückzuziehen, ist es das Stadtgespräch. Das ist allenthalben zu spüren und in manchen Internetforen auch nachzulesen.
Stimmen zum Amtsverzicht von Siegfried Deinege
Oberbürgermeister Siegfried Deinege hat seit seiner Wahl den damals tief gespaltenen Stadtrat und die Stadtgesellschaft wieder geeint. Das ist ein genauso großes Verdienst von ihm wie eigene Projekte, die er vorantrieb. Ich wünsche mir, dass die politischen Kräfte in der Stadt auch künftig zuerst an das Wohl von Görlitz denken. Michael Kretschmer, Ministerpräsident des Freistaates Sachsen
Sehr schade! Siegfried Deinege ist kein Freund umständlicher Bürokratie, eher ein erfrischender Rambo – authentisch, pragmatisch, beherzt und manchmal kantig. Sein Credo ist von Anfang an, die wirtschaftliche Zukunft der Stadt zu stärken. Ebenso leidenschaftlich schlägt sein Herz für die alte Baukunst und eine gute Lebensperspektive der Menschen. Frank-Ernest Nitzsche, Ortskurator Stiftung Denkmalschutz
Wir danken OB Deinege für sein Engagement für die Stadt ausdrücklich. Die Durchsetzung der „Leuchttürme“ wie dem soziokulturellen Zentrum hat sicher mehr Kraft gekostet als erwartet. Für private Eigentümer, die sich über eine hohe Abgabenlast sowie angesichts des Leerstandes sorgen, entstand der Eindruck, nicht ernst genug genommen worden zu sein. Walter Pfitzner, Geschäftsführer Haus & Grund-Verein Görlitz
Für die Entscheidung habe ich größten Respekt. Er wird mir fehlen – als aufgeschlossenes, kommunikatives und verlässliches Stadtoberhaupt. Mit vielen seiner Themen und Ansätze konnte und kann ich mich identifizieren, unter anderem die Bürgerbeteiligung, die Jugend stärker einbeziehen, seine Migrationspolitik, die Achse mit Zgorzelec stärken. Die Kommunikation und Abstimmung mit der Hochschule Zittau/Görlitz lief hervorragend. Görlitz ist in seiner Amtszeit frischer, innovativer und zukunftsgewandter geworden. Prof. Friedrich Albrecht, Rektor Hochschule Zittau/Görlitz
Wir gehen davon aus, dass sich Oberbürgermeister Deinege die Entscheidung nicht leicht gemacht hat und respektieren diese natürlich. Es ist auf jeden Fall richtig, alle frühzeitig ins Bild zu setzen. Für die verbleibende Amtszeit wünschen wir ihm eine glückliche Hand, in den kommenden Haushaltsverhandlungen den Beschluss des Stadtrates zur Senkung der Gewerbesteuer umzusetzen. Edgar Wippel, Vorsitzender des Unternehmerverbandes
Ich denke, viele politisch interessierte Bürger haben zeitnah eine Aussage zu einer zweiten Wahlperiode erwartet. Am Ende einer weiteren Amtszeit wäre OB Deinege über 70. Ich habe Verständnis dafür, dass jemand, der ein erfülltes Arbeitsleben gehabt und der Stadt zuletzt sieben Jahre lang gedient hat, einen anderen Einstieg in den Lebensabend wählt. Aber ich werde seine sehr klare, knorrige Art vermissen. Prof. Willi Xylander, Direktor Senckenberg-Museum Görlitz und Präsident der Internationalen Brückepreisgesellschaft Görlitz/Zgorzelc
Ich finde es schade, dass Herr Deinege nicht wieder kandidiert, denn die Zusammenarbeit mit ihm und der Stadtverwaltung war stets sehr positiv. Seine Impulse haben das Engagement für Familien in Görlitz gestärkt und vorangebracht. Nun bin ich gespannt, welche Kandidaten sich aufstellen lassen und wie sie das Thema Familiengerechtigkeit angehen wollen. Daniel Wiesner, Vereinsvorstand Görlitz für Familie
Ich bedaure diesen Rückzug zutiefst. Herr Deinege war ein guter Bürgermeister und ein Glücksfall für Görlitz. Mit zuweilen überbordende Leidenschaft hat er sich für die Stadt eingesetzt. Sein Name wird verbunden bleiben mit der Rettung von Bombardier und Siemens und mit Zukunftsprojekten wie Werk 1, Brautwiesenbogen und Neißeufer. Dr. Markus Bauer, Direktor des Schlesischen Museums
Wir sind alle sehr traurig. Viele Vereine und Initiativen spürten eine neue Offenheit der Stadtverwaltung nach der Wahl Siegfried Deineges zum OB. Eine Kommunikation auf Augenhöhe war plötzlich möglich, eine Selbstverwirklichung viel leichter. Wir sehen nun immer mehr junge Leute, die sich bewusst dazu entscheiden, in Görlitz zu bleiben. Christian Thomas, Vereinsvorsitzender Second Attempt
Nachdem die Stadtpolitik bereits am Dienstag Deineges Entscheidung anerkannt hat und erste Hinweise auf die Kandidatenschar auszumachen sind, hat die SZ Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Görlitz gefragt, was sie zu der Entscheidung von Siegfried Deinege sagen. Sie fallen ganz unterschiedlich aus, je nachdem, ob sie mit der Politik von Deinege einverstanden sind oder nicht, ob sie von seinem Handeln profitieren wie der Second Attempt mit dem soziokulturellen Zentrum oder ob ihre Forderungen noch nicht erfüllt sind wie beim Unternehmerverband mit der Senkung der Gewerbesteuer. Doch alle bezeugen Respekt für das Stadtoberhaupt.
