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„Wir verstehen uns blind“

Schauspieler Jürgen Haase lüftet das Geheimnis der langen Beständigkeit des Zwinger Trios. Außerdem gibt er einen langsamen Abschied bekannt.

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© Arvid Müller

Herr Haase, Sie waren 24 Jahre alt, als Sie mit dem Zwinger Trio zum ersten Mal aufgetreten sind. Wissen Sie noch, wo das war und was genau passiert ist?

Ja, das weiß ich noch. Es war der erste Jahrestag des Freundeskreises Ballett der Staatsoper Dresden. Die neu aufgebaute Semperoper war noch gar nicht eröffnet, aber Freundeskreise gab es schon reichlich. Wir als Theaterstudenten hielten es natürlich mit dem Ballett, wegen der attraktiven Tänzerinnen. Tom Pauls, Peter Kube und ich wurden gefragt, ob wir bei diesem Jahrestag auftreten könnten, damit es nicht so langweilig wird. Wir sagten ja, aber hatten keinen Plan. Da fiel uns ein, dass wir ja die schwarze Fräcke vom Männertag anziehen könnten. Sonnenbrille auf und los geht es. Peter spielte Gitarre, Tom war der weinerliche Sänger-Typ, und ich sollte am besten gar nichts sagen, als der tumbe Schlagzeuger. So machten wir es dann – und nach fünf Minuten lachten sich alle scheckig, obwohl wir doch ernst blieben. Bald wurde daraus ein abendfüllendes Programm: Wir präsentierten Musiktitel aus allen möglichen Regionen von China bis Amerika, eine musikalische Weltreise. Zu DDR-Zeiten war das Ganze sogar hochpolitisch.

In einer Ehe hättet ihr heute die Zeit zwischen silberner und goldener Hochzeit erreicht, die Leinen-Hochzeit. Wie bleibt man 35 Jahre zusammen?

Ein ganz besonderes Bühnenprogramm

Unter dem Titel „Faszination der Reife“ präsentiert das Zwinger Trio am 8. Juni ein ganz besonderes Bühnenprogramm anlässlich seines 35-jährigen Bestehens.

Die als die drei Urgesteine der sächsischen Kulturlandschaft geschätzten Schauspieler Tom Pauls, Peter Kube und Jürgen Haase werden ihr Publikum ganz bestimmt und wie gewohnt mit ausgelassenem Humor begeistern.

Die Veranstaltung findet auf der Freilichtbühne Junge Garde in Dresden statt. Beginn ist um 19.35 Uhr.

Karten zu 39,75 Euro gibt es in den SZ-Treffpunkten.

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Vielleicht ging das so lange gut, weil wir gänzlich verschiedene Typen sind. Tom war der musikalische Leiter, Peter der dramaturgische und ich – weil ich der Einzige war, der ein Telefon hatte – der Manager. Über die vielen Jahre sind wir uns aber auch nicht zu sehr auf den Geist gegangen, hielten keinen so engen  privaten  Kontakt. Das war sicher gut so. Ein großes Glück für unsere stabile Beziehung ist, dass wir uns blind verstehen,  im Grunde auf Zuruf. Einer improvisiert etwas, der andere macht gleich einen Liedtext daraus. Das ist der Geist des Zwinger Trios.

Kann es sein, dass der Erfolg des Trios in Sachsen zwar enorm ist, außerhalb aber bescheiden blieb? Liegt das an der Sprache? Oder an den Gags, die nur Sachsen verstehen?

Das ist schon etwas komplexer. Unser Erfolg ging über Sachsen hinaus. In der DDR verstand uns jeder. Ob an der Ostsee oder in Thüringen, wir hatten überall unsere Fans. Deutschlandweit gibt es eher ein Nord-Süd-Gefälle. Im Rheinland war alles noch wunderbar, in Schleswig-Holstein wurde es schwieriger. Wir sind nach der Wende aber nicht mehr gern so weit gefahren, denn Westgeld konnten wir ja auch zu Hause verdienen.

Wer schreibt die Texte?

Das verteilt sich. Wir setzen uns vor einem neuen Programm meist zwei, drei Wochen zusammen. Jeder erhält seine Aufgaben. Für das neue Programm „Komikerparade“ hat Peter Kube das Grundgerüst gebaut, den Rest der Texte ergänzen wir dann alle zusammen. Wir sind Teamworker.

Was genau wollen Sie Ihren Fans zum 35. Geburtstag-Programm am 8. Juni in Dresden nahe bringen?

Dass wir immer noch kreativ sind. Aber wir sind keine Comedians, sondern Schauspieler. Darauf legen wir Wert. Die Basis der Geburtstagsvorstellung ist unser neues Programm, die „Komikerparade“. Dazu kommen noch ausgewählte Stücke aus unserem Repertoire. Zudem haben wir uns ein paar junge, talentierte Musiker mit ins Boot geholt – um dem Abend, der ja am 8. Juni tatsächlich unser Geburtstag ist, den passenden Rahmen zu geben.

Wie lange werden Sie gemeinsam noch durchhalten?

Ich würde mich freuen, wenn wir den 40. Geburtstag noch schaffen. Das sollte doch irgendwie zu machen sein.

Kinder vor allem mögen Sie auch als Old Shatterhand auf der Felsenbühne Rathen. Machen Sie dort weiter?

Ich denke schon – solange mich das Theater auf dieser Bühne besetzt, bin ich sehr gern dort oben. Der „Shatterhand“ ist ja quasi meine größte Rolle – ich glaube, den habe ich 22 Sommer gespielt, da hängt man schon an der Figur. Allerdings will ich damit sicher nicht noch als Rentner agieren – schließlich ist die Figur bei Karl May Mitte 20. Und meine Gelenke melden sich auch langsam immer mehr . . .

Drei Jahre waren Sie bei den Störtebeker-Festspielen auf der Ostseebühne Ralswiek engagiert. Wie schwer fiel Ihnen der Abschied? Haben Sie dorthin noch Kontakte?

Zum Intendanten Peter Hick und zu seiner Tochter Anna Hick, die jetzt Geschäftsführerin ist, habe ich gute Kontakte. Ich beobachte dieses große private Schauspiel-Projekt jetzt aus der Ferne. Eine Bühne von 80 Meter Breite und 40 Meter Tiefe zu bespielen, ist schon etwas ganz Besonderes. Dazu sind bis zu 140 Mitwirkende, Schauspieler, Stuntleute, Statisten zu Pferd und zu Fuß nötig. Oft sind die Vorstellungen ausverkauft. Dann sitzen 8 500 Zuschauer vor der großen Naturbühne.

Ein Vergleich zu Rathen gestaltet sich schwierig. Die Bühne dort ist halb so groß, dafür hat sie eine schöne Felsenkulisse, die aber akustisch wieder sehr anspruchsvoll ist. Da kommt die Tontechnik schnell an ihre Grenzen. In Ralswiek wird die gesamte Saison über nur ein einziges Stück gespielt. Darauf konzentriert sich alles. Das ist in Rathen nicht möglich. Hier werden bis zu acht Stücke pro Spielzeit parallel aufgeführt.

Warum es bei euch nie so richtig mit einer Karriere im Fernsehen geklappt?

Na ja, ganz so ist es nicht, was das Zwingertrio betrifft. Wir waren im MDR präsent, vor allem Tom Pauls als llse Bähnert. Er hat sogar mal in der ARD-Serie „In aller Freundschaft“ mitgespielt. Doch es ist heute so, wenn man ins Fernsehen will, muss man einen weißen Kalender haben, keine Termine, die das Drehen behindern könnten. Das ist sehr schwierig. Wir haben uns eben auf das Theater spezialisiert. Wir bleiben einfach das, was wir studiert haben: Theaterschauspieler.

Sie wohnen nicht mehr im Landkreis Meißen, in Gauernitz, sondern jetzt in Cossebaude. Sind Sie zufrieden dort?

Ja, es ist sehr schön in Cossebaude. Wir haben Cossebaude gewählt, weil wir die Kontakte in den Landkreis Meißen hinein behalten möchten, aber auch schnell in der Dresdner Innenstadt, in Pirna oder Rathen sein wollen.

Werden Sie später mal ein Buch schreiben über Ihr Schauspieler-Leben?

Nicht jede Generation hat die Möglichkeit, so eine Zeit des Umbruchs zu erleben wie meine. Die Erlebnisse in der Wendezeit sind schon ein Geschenk. Vielleicht sollte man sie tatsächlich einmal aufschreiben. Mal sehen.

Das Gespräch führte Ulf Mallek.