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„Wir kommen von der Wand“

Hartmut Friedrich und Patrick Nitzsche begannen mit Graffiti und sind nun etablierte Künstler. Sie stellen bei Freund Bieler aus.

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Hartmut Friedrich war damals ein Skater mit langen Haaren. Bei Sebastian Bieler, der selbst da noch Kunst studierte, machte er einen Graffiti-Workshop im Alberttreff. Das muss ums Jahr 2000 herum gewesen sein. Damals gab es die „Unicrew“, eine Sprayergemeinschaft von Bieler und Tillmann Richter mit Dirk Jung. Hartmut Friedrich kam dazu, mit Sebastian Bieler schaffte er sogar eine gemeinsame Ausstellung im Kulturschloss. Doch mit den Graffiti-Sprayern aus Meißen oder Riesa lag man im Clinch. Das waren die „Erzfeinde“, ist heute zu hören. Patrick Nitzsche, der aus dieser Ecke kommt, lacht heute darüber. Die einstigen Feinde sind längst versöhnt.

In der Berliner Künstlergruppe „Plusminus 3“ arbeiten Friedrich, Nitzsche und ein aus Thüringen gebürtiger Freund heute zusammen. „Wir kommen alle von der Wand – sprich vom Graffiti“, sagen sie bei ihrer Ausstellungseröffnung in der Galerie Bieler am Lessingplatz. Das ist ihren Werken noch immer anzumerken. Doch heute seien sie sehr viel freier als früher, so Hartmut Friedrich, der mittlerweile ein Studium als Grafikdesigner abgeschlossen hat – genau wie Patrick Nitzsche. Damit verdienen sie ihr Geld. Mit ihrer „Formatfolge“, die sie in der Galerie ausstellen, finden die Künstler einen Ausgleich. „Das ist nichts aus dem Computer, sondern Handwerk“, erklärt Hartmut Friedrich. Da arbeiten die Künstler mit Holzfurnier, Intarsien, mit Sperrholz und Acryllack.

Auch Hartmuts Schwester Christiane ist aus Berlin zur Ausstellungseröffnung angereist. Die 37-Jährige freut sich ebenfalls, mal wieder in der alten Heimat zu sein. Die Supervisorin hat ebenfalls in Großenhain Abitur gemacht und verfolgt die künstlerische Arbeit ihres Bruders bis heute mit Interesse. Das Kunstmagazin „Kwer“, das Friedrich mit herausgibt, begleitet Christiane als Lektorin. Stolz erzählt sie zur Vernissage, dass die Jungs schon gemeinsame Großaufträge gestaltet haben. Auch bei Kunstfestivals arbeiten „Plusminus 3“ in wechselnder Besetzung. Ihre Arbeiten sollen „spannende Bilder“ sein – schließlich stehen sie zum Verkauf. Geometrische Formen und Gegensätze werden deutlich. Das Gewachsene, Organische der Holzstrukturen steht im Gegensatz zu gestalteter Farbe und Formen.

Interessanter Weise haben immer mehrere an einem Stück gearbeitet. „Wir malen dem anderen tatsächlich ins Bild“, drückt Hartmut Friedrich es aus. Es ist schon faszinierend zu hören, wie die „Formatfolge“ als Gemeinschaftsarbeit entstanden ist. Auch dazu gab es beim Graffiti schon Ansätze. Es sei ein „Wechselspiel von Gefühlsentscheidungen“. Am Ende sind die Künstler auch miteinander weitergekommen.

Während die Herren also mit dem Publikum fachsimpeln, laufen draußen ihre Kinder über die Straße. Die Frauen haben sich um das Büffet gekümmert. So läuft das heute.

Bis 28. September, zugänglich übers Selectorz.