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„Wir brauchen Struktur“

Sebastian Wloch stellt sich zur Bürgermeisterwahl in Großweitzschen. Für die Gemeinde sieht er darin eine Chance.

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© André Braun

Großweitzschen. Zur Bürgermeisterwahl am 3. Juni in Großweitzschen schickt die CDU Sebastian Wloch, 37, ins Rennen gegen den aktuell ersten kommissarischen Bürgermeister Jörg Burkert (Freie Wähler). Wloch arbeitet seit 2007 bei Rasoma in Döbeln und ist derzeit als Qualitätsmanagementbeauftragter tätig. Innerhalb der Gemeinde ist er bereits seit 2009 als Gemeinderat aktiv. Die letzten drei Jahre hat er zusammen mit Manfred Nestler (Die Linke) als Vertrauensperson der Verwaltung fungiert. Laut eigener Aussage haben ihn die Entwicklungen, die er innerhalb dieser Funktion besonders in den letzten Jahren erlebte, sowie die aktuelle Situation dazu animiert, sich für das Amt zu bewerben.

Herr Wloch, Sie sind aktuell noch ein eher unbeschriebenes Blatt innerhalb der Lokalpolitik. Wie kam es dazu, dass sich die Partei für Sie als Kandidaten entschieden hat?

Wir haben uns an dieser Stelle gefragt, wie wir den Ist-Zustand in unserer Gemeinde am besten gestalten und etwas Neues aufbauen können da sind alle anderen Mitglieder aufgrund ihrer privaten Situation teilweise weniger frei. An dieser Stelle habe ich mich – auch mit Blick auf das Wissen, das ich bereits über die Vorgänge innerhalb unserer Gemeinde besitze – dazu bereit erklärt und gesagt: ‚Ich will mich dieser Aufgabe stellen, dieses Vorhaben ernsthaft betreiben und bin bereit, meine Energie und Leistung für etwas zu investieren, was sich in unserem direkten Umfeld, nämlich unserer Heimat, widerspiegelt. Das ist für mich ein neues Themenfeld, mit dem ich mich verwaltungsrechtlich und -technisch neu auseinandersetzen muss. Gleichwohl denke ich, dass meine Erfahrungen innerhalb der freien Wirtschaft und eine ingenieurtechnische Herangehensweise durchaus positive Aspekte gerade beim Strukturieren sowie der strategischen Ausrichtung einer Gemeinde haben können.

Sie wollen also die Bemühungen der Gemeinde nach mehr Struktur weiterführen?

Ich denke, uns ergibt sich an dieser Stelle gerade die Chance für einen Neuanfang, die Leute wieder einem sicheren Verantwortungsbereich zuzuordnen. Auch dazu müssen wir den Ist-Zustand noch einmal genau analysieren, damit wir in Folge dessen auch wirklich effizient arbeiten können. Die Chancen, eben dies zu realisieren, könnten aktuell nicht besser stehen.

Welche Ziele streben sie unabhängig von der Verwaltung an?

Ein wichtiges Thema ist für uns die Ansiedlung neuer Einwohner. Dort haben wir aktuell einen sehr, sehr schlechten Stand. Dabei ist es zwingend notwendig, einen Bebauungsplan für unsere Gemeinde zu erstellen. Wir müssen schließlich erst einmal Grundvoraussetzungen schaffen, welche Möglichkeiten und Areale uns überhaupt zur Verfügung stehen, damit sich Investoren und Familien ansiedeln können. Wir haben Interessenten und wir haben Familien, die sich bei uns ansiedeln wollen. Jetzt ist es an uns, dafür zu sorgen, dass dies auch Realität werden kann. Gleichzeitig müssen wir mit den bereits vorhandenen Firmen und Unternehmen in unserer Gemeinde zusammenkommen, um herauszufinden, wo bei ihnen Bedarf herrscht. Gibt es außer dem Breitband, was natürlich ein wichtiges Thema ist, andere Wünsche, die vielleicht in einem Bebauungsplan zu berücksichtigen sind. Schließlich müssen wir auch den ansässigen Gewerbetreibenden und Handwerksbetrieben Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Was diese Zusammenhänge angeht, müsste man jedoch erst einmal klären, wie es um den Haushalt steht. Dabei müssen wir leider feststellen, dass es noch immer keinen beschlossenen Haushalt gibt. Wir sind jetzt im April und haben noch nicht mal einen Entwurf.

Der ja aber kommen soll.

Das mag sein. Fest steht jedoch: Mitte des Jahres sind wir damit viel zu spät dran. Wir als Kommune werden dadurch sehr stark eingeschränkt, weshalb dies höchste Priorität haben muss. Wir haben sehr gute und engagierte Mitarbeiter innerhalb der Verwaltung. Woran es uns fehlt, ist eine Festlegung von Prioritäten und von Maßnahmen. Diese muss durch eine Spitze erfolgen. Arbeit funktioniert erst dann effektiv, wenn eine Struktur vorhanden ist und jeder weiß, was seine Pflichten sind. Wir sind also wieder bei dem vorherigen Thema: Aufgaben zuweisen und den Mitarbeitern auch die Möglichkeit geben, diese am Stück abzuarbeiten, um sich dann auf das Nächste zu konzentrieren. Es kann nicht sein, dass mehrere Mitarbeiter zu einem Thema unterwegs sind. Dann bin ich nicht mehr effizient und verbrenne unnötig Energie. Das ist etwas, was ich aktuell auch als Gemeinderat sehe, ohne dabei so sehr in der Materie zu stecken wie unsere beiden kommissarischen Bürgermeister. Das Engagement ist dort ebenso vorhanden. Das Problem ist jedoch oftmals die Entscheidungsfindung. Als Führer einer Gemeinde muss ich Situationen bewerten und abwägen, Entscheidungen treffen können und Maßnahmen festlegen. Genau dort sehe ich Verbesserungspotenzial.

Jörg Burkert wurde bei der letzten Gemeinderatssitzung unter anderem auch von Ihnen dafür kritisiert, Entscheidungen ohne das Mitwissen der Gemeinderäte getroffen zu haben. Sie fordern nun eine Festlegung von Prioritäten und einen Bürgermeister, der Entscheidungen trifft. Widersprechen Sie sich damit nicht?

Lassen Sie es mich an einem Beispiel erläutern: Wir haben den Verwaltungsausschuss wieder ins Leben gerufen und besprechen darin aktuell anstehende Angelegenheiten. Themen wie die Leiterin unserer Kindertagesstätte, die uns unter den Fingernägeln jucken, werden allerdings nicht besprochen. Wenn zu solchen Punkten keine Entscheidung getroffen und eine Maßnahme festgelegt wird, führt das nur wieder zu neuen Problemen. Wir verlieren gut qualifizierte Mitarbeiter, wir machen wieder Ausschreibungen, wir binden wieder Kapazitäten und belasten am Ende sogar noch unser Personal sowie das Verständnis unserer Eltern und Bürger. Es gibt wieder eine neue Leiterin und es muss wieder ein Einarbeitungsprozess erfolgen. So etwas müssen wir unterbinden. Dazu ist es jedoch wieder wichtig, dass der Bürgermeister mit seinen Räten Prioritäten festlegt, damit Entscheidungen und Maßnahmen anhand ihrer Priorität getroffen und bearbeitet werden. Und ein Haushalt muss dabei ganz oben stehen. Ansonsten haben wir keine saubere Arbeits- und Handlungsgrundlage und dann kann ich auch nicht einfach den Ausbau eines Bauamtes beschließen. Das hat für mich auch nichts mit planvollem Handeln und Transparenz zu tun.

Denken Sie, dass das Ziel, mehr Transparenz zu schaffen, noch nicht umgesetzt wurde?

Ich kann nicht von Transparenz reden, wenn diese doch gar nicht da ist. Das ist jedoch der Punkt, an dem wir meiner Meinung nach aktuell stehen. Dazu müssen die verantwortlichen Personen jedoch auch ihre grundlegende Haltung dazu überdenken und verändern. Wenn wir schon von Transparenz reden, wie kann es dann sein, dass beispielsweise wir als Räte nach mehrmaligem Nachfragen seit Jahren nicht darüber informiert wurden, welche Grundstücke die Gemeinde besitzt? Oder wie Verträge zu diesen Grundstücken gestaltet wurden? Informationen dazu wurden uns mit Vorhalten von Datenschutzbestimmungen bisher nicht gegeben. Aber das ist doch eine ganz grundlegende Angelegenheit, um sich ein umfassendes Bild machen zu können. Oder auch, um Investitionen planen zu können.

Es fragte: Eric Mittmann