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Wie zwei Tonnen Geldscheine in den Iran kommen

Die iranische Regierung will Hunderte Millionen Euro in bar von Deutschland nach Teheran fliegen. Eine riesige logistische Herausforderung.

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© imago stock

Von Rolf Obertreis

Der Iran braucht Bargeld. Und zwar gigantisch viel. Angesichts neuer US-Sanktionen und dem drohenden Einfrieren von Konten will die Regierung das Geld an iranische Personen weitergeben, die mangels Zugang zu anerkannten Kreditkarten bei Auslandsreisen auf Bares angewiesen sind. Das Geld soll von der Europäisch-Iranischen Handelsbank (Eihbank) mit Sitz in Hamburg kommen.

Die Bundesbank äußert sich dazu zwar nicht. Aber sie würde rein logistisch die zentrale Rolle in diesem Geschäft spielen. Will der Iran tatsächlich bei der Eihbank 350 bis 380 Millionen Euro abheben und dann per Flugzeug bar nach Teheran schaffen, müsste sich das Institut das Geld über die Bundesbank beschaffen. Die Bundesbank ist für den Bargeldverkehr in Deutschland zuständig und reicht über ihre Filialen an Banken und Sparkassen die gewünschten Euro-Scheine und Münzen aus, die so in Umlauf kommen.

Die Eihbank müsste die gewünschte Summe zur Auslieferung in der Filiale Hamburg bei der Bundesbank bestellen. Dabei wären detaillierte Angaben der gewünschten Stückelung nötig. Außerdem müssen die Banken in solchen Fällen angeben, ob es druckfrische oder bereits umgelaufene Scheine sein sollen. Je nachdem geht es um stattliche Mengen und ein stattliches Gewicht. Werden 380 Millionen Euro in 500-Euro-Scheinen ausgeliefert, wären 760 000 Banknoten mit einem Gewicht von rund 851 Kilogramm notwendig. Aufeinandergelegt ergäbe sich ein Stapel von 76 Metern. Wird die Summe in 200-Euro-Scheinen angefordert, läge das Gewicht bei gut zwei Tonnen. 1,9 Millionen Banknoten wären notwendig, aufeinandergelegt wäre der Stapel 190 Meter hoch. Bestellt die Eihbank die 380 Millionen Euro gestückelt in 100-Euro-Scheinen, ergäbe sich bei 3,8 Millionen Banknoten ein Turm von 380 Metern. Gewicht: 3,88 Tonnen. Standardmäßig liefert die Bundesbank die Scheine in Plastik eingeschweißt in Päckchen zu 100 Stück, die wiederum in Paketen mit zehn Päckchen zusammengefasst werden. Die wiederum liegen in verplombten Metallkisten. Bei kleineren Mengen übernehmen private Werttransportfirmen die Lieferung an die jeweilige Bank mit Spezialfahrzeugen. Bei größeren Summen wie im Falle der Eihbank stellt die Bundesbank Großbehälter bereit. Sie übernimmt dann auch selbst mit Spezial-Lkw den Transport unter Polizeischutz – in diesem Fall vermutlich unter strengster Geheimhaltung.

Erfahrung mit gigantischen Mengen

Fraglich allerdings, ob die Eihbank solche Mengen überhaupt lagern kann. Vermutlich ginge es direkt an den Flughafen und dort in eine Maschine nach Teheran. Erfahrung mit solchen Transporten hat die Bundesbank. Sehr große Mengen an Bargeld musste sie etwa 1990 bei der Einführung der DM in die damalige DDR transportieren. In den letzten Jahren hat sie zudem Dutzende Tonnen Gold aus Tresoren in New York und Paris nach Frankfurt gebracht. Belastet würde die Summe der Eihbank. Das 1971 gegründete staatliche Institut ist eine kleine Spezialbank, die sich auf den Iran konzentriert und nur Firmen und Banken zur Verfügung steht. Geboten werden Handels- und Projektfinanzierungen und der Zahlungsverkehr mit dem Iran. Sie hat eine Filiale in Teheran und in der iranischen Freihandelszone Kish Island und zählt 80 Beschäftigte. 2017 hatte die Eihbank ein Geschäftsvolumen von knapp 4,4 Milliarden Euro. Insgesamt hatte sie Kredite im Volumen von 790 Millionen Euro ausgereicht, die Einlagen summierten sich auf knapp 3,8 Milliarden Euro. Das Institut verbuchte einen Jahresüberschuss von 15,5 Millionen Euro. Die Eihbank unterliegt den Regeln der deutschen Bankenaufsicht und damit der Finanzaufsicht Bafin. Und sie ist Mitglied im Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken.

Nach Angaben von Vorstandschef Ramin Pashaee Fam haben sich die Geschäfte nach der Aufhebung der Sanktionen vor zwei Jahren deutlich belebt. Zugleich sei das Eigenkapital gestärkt worden. Allerdings spürt die Eihbank die Zurückhaltung deutscher Großbanken, die auch in den USA tätig sind, bei Geschäften und Finanzierungen im Iran. Zählte die Eihbank vor der Verhängung der Sanktionen 2010 rund 2 100 Kunden, waren es 2016 noch 770, bevor die Zahl 2017 wieder auf rund 900 kletterte. Zurzeit verweist die Bank wegen der Aufkündigung des Atomabkommens durch die US-Regierung auf mögliche Einschränkungen im Zahlungsverkehr hin. Allerdings seien mit dem Schritt der USA nicht automatisch Sanktionen für die Eihbank verbunden.

Unumstritten war die Eihbank nie. Seit 2010 steht sie in den USA auf der Schwarzen Liste. Sie soll den Aufbau des iranischen Atom- und Raketenprogramms unterstützt und Geschäfte zwischen Waffenhändlern und dem Iran ermöglicht haben. In der EU wurde die Eihbank Anfang 2016 von der Sanktionsliste gestrichen. (mit dpa)