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Wie weiter mit den Bädern?

Der Rekordsommer hat gezeigt, wie wichtig Freibäder für eine Kommune sind. Doch viele sind heute sogar bedroht.

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© Norbert Millauer

Von Dominique Bielmeier

Meißen. Wie die Chancen auf Förderung stehen? Das kann Klipphausens Bürgermeister Gerold Mann noch nicht einschätzen. „Heutzutage muss man es erst mal probieren“, sagt er. Es gehe darum, „überhaupt eine Hausnummer in den Haushalt zu bringen“. Rund zwei Millionen Euro sind für die Sanierung des Jahnbads in Miltitz nötig, die letzte große Sanierung war Anfang der neunziger Jahre, das Bad ist seitdem in die Jahre gekommen. „Es geht um Becken, Außenanlagen, Nebengebäude“, so Mann. Das Bad müsse technisch auf den neuesten Stand gebracht werden. Deshalb hat sich die Gemeinde nun sogar für ein Bundesprogramm beworben.

Wenn Kommunen sparen müssen, wird oft zuerst den Bädern der Hahn zugedreht, kritisiert die DLRG.
Wenn Kommunen sparen müssen, wird oft zuerst den Bädern der Hahn zugedreht, kritisiert die DLRG. © Claudia Hübschmann
Gegen den Trend: Während 31 Bäder deutschlandweit 2018 geschlossen wurden, investiert Großenhain gerade kräftig.
Gegen den Trend: Während 31 Bäder deutschlandweit 2018 geschlossen wurden, investiert Großenhain gerade kräftig. © Anne Hübschmann
Bademeister Jakob Hesse vom Strehlaer Nixenbad kann auf eine tolle Saison zurückblicken. Mehr als 30000Besucher kamen. Das Bad ist – als einziges im Raum Riesa – noch bis 15.September geöffnet.
Bademeister Jakob Hesse vom Strehlaer Nixenbad kann auf eine tolle Saison zurückblicken. Mehr als 30000Besucher kamen. Das Bad ist – als einziges im Raum Riesa – noch bis 15.September geöffnet. © Klaus-Dieter Brühl

Förderprogramme fehlen

Wenn es um die Finanzierung ihrer Bäder geht, müssen Kommunen sich mitunter etwas einfallen lassen. Trotz Eintritt bleiben Freibäder ein Zuschussgeschäft – selbst in Rekordsommern wie diesem. 100 000 Euro stecke die Gemeinde Klipphausen jedes Jahr in das Jahnbad. In den beiden städtischen Bädern in Radebeul, dem Bilzbad und dem Lößnitzbad (seit 2017 eine offene Badestelle), mussten im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre je rund 395 000 Euro bzw. 90 000 Euro zugeschossen werden. Die Einnahmen decken durchschnittlich 25 Prozent der Kosten.

„Die Betreibung eines Freibades wird immer ein Zuschussgeschäft sein, da die sozialverträglichen und bürgerfreundlichen Eintrittspreise nur zu einem gewissen Teil die Ausgaben decken“, heißt es dazu aus Riesa. Dort liege der Deckungsgrad bei etwa 30 Prozent, erklärt Manuela Langer, die Referentin des Oberbürgermeisters. Beim Badesee Coswig-Kötitz beträgt der Regelzuschuss jedes Jahr 180 000 Euro zuzüglich Umsatzsteuer. „Im Falle schlechter Sommer reicht dies nicht und es kommt zu Nachzahlungen“, sagt Bürgermeister Thomas Schubert. In diesem Jahr könnte der Zuschuss ausreichend sein. „Wir sind schon auf die Abrechnung gespannt, die Ende November vorliegen wird.“ Auch in Nossen hat die Sonne gewirkt: „Unser Volksbad konnte dank des heißen Sommers bei den Gebühreneinnahmen ein Plus von über 50 Prozent verzeichnen“, so Bürgermeister Uwe Anke. Trotzdem liege der Deckungsgrad noch unter 20 Prozent.

Förderung für Freibäder gibt es kaum. Manche Programme schließen sie sogar ausdrücklich aus, zum Beispiel die sperrig formulierte „Förderrichtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zur Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe ’Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur’“. Das Programm „Barrierefreies Bauen 2018“ des Freistaats fördert Projekte mit Investitionen von bis zu 25 000 Euro, die bestehende Barrieren vor Ort abbauen – und nennt auch Freibäder.

Doch selbst wenn eine Kommune diese Förderung erhalten sollte, dürfte das nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Das Radebeuler Bilzbad benötigt mittelfristig beispielsweise rund eine Million Euro für einen neuen Funktionstrakt mit Toiletten, Umkleiden, Duschen, Kassen und Imbiss. „Grundsätzlich sind Investitionen in Freibädern über das LEADER-Programm förderfähig“, erklärt Uwe Anke. Jede LEADER-Region könne entscheiden, ob sie diese fördere oder nicht. In der Region Klosterbezirk Altzella sei derzeit keine Förderung von Freibädern vorgesehen.

„Im Rahmen der aktuellen Förderrichtlinie waren bestimmte Teile der Badinfrastruktur in der Vergangenheit förderfähig“, erklärt Bürgermeister Schubert für Coswig. „Solche Programme haben wir zum Bau genutzt.“. Er würde sich wünschen, dass diese Programme in Zukunft im Rahmen von Generalsanierungen wieder nutzbar wären. „Ein Zuschuss vom Freistaat für die Bewirtschaftung von Freibädern wäre eine super Sache“, sagt Manuela Langer von der Stadtverwaltung Riesa. „Eine Förderung durch Land oder Bund ist immer willkommen“, bestätigt Amtsleiterin Daniela Bollmann aus Radebeul. Nossens Bürgermeister Uwe Anke würde sich statt einer speziellen Förderung für Freibäder mehr finanziellen Spielraum für die Kommunen wünschen. „So können diese in kommunaler Selbstverwaltung entscheiden, wofür sie diese Mittel einsetzen.“

„Nichtschwimmerland Deutschland“

Andere finden drastischere Worte für die chronische Unterfinanzierung der Bäder in Deutschland – übrigens auch der Hallenbäder: „Wir arbeiten da seit über 15 Jahren dran und picken immer wieder genau in diese Wunde. So langsam ist es in den Köpfen einiger Politiker angekommen und die verbreiten das hoffentlich auch in ihren Kreisen – spätestens, wenn Deutschland das Nichtschwimmerland ist.“ So äußert sich Achim Wiese, Pressesprecher der Deutschen Lebens-Rettungsgesellschaft.

Die DLRG ist für ihre Schwimmausbildung auf Bäder angewiesen, ganz egal ob Hallen- oder Freibäder. „Wer schwimmen kann, rettet auch Leben“, sagt Wiese. Schon heute könnten aber immer weniger Menschen schwimmen. Gleichzeitig schließen immer mehr Bäder, wie die Zahlen der DLRG zeigen: In diesem Jahr wurden deutschlandweit 31 Bäder geschlossen, davon neun Freibäder. 45 weitere Bäder sind bedroht. Im Jahr zuvor waren es 50 Schließungen, 2016 waren es 45. Seit dem Jahr 2000 verschwanden ganze 800 Bäder im Land.

Wiese glaubt, dass das auch daran liegt, dass Kommunen in Finanznot lieber am Bad sparen als zum Beispiel beim Theater, das mitunter eine stärkere Lobby habe. „24 Millionen Menschen, die in Deutschland leben, betreiben diese Freizeitbeschäftigung“, sagt Wiese. „Es ist die zweitbeliebteste nach Fahrradfahren. Das dürfen die politischen Entscheider einfach nicht ignorieren!“ Er würde sich noch einmal einen „Goldenen Plan“ wie Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre wünschen, in dessen Zuge Tausende Hallen- und Freibäder gebaut wurden. An dem runden Tisch sollte neben Bund, Ländern und Kommunen dann auch die DLRG sitzen. „Da würden wir gerne als Experten teilnehmen.“

Steht es auch um die Freibäder im Landkreis Meißen schlecht? Auf SZ-Anfrage erklärten Riesa, Coswig und Radebeul, dass die dortigen Bäder nicht von einer Schließung bedroht seien. Aus Nossen heißt es: „Vom Stadtrat wird allerdings momentan zurecht gefordert, in den nächsten Jahren alle freiwilligen Aufgaben der Stadt auf den Prüfstand zu stellen und dazu gehört auch das Volksbad.“ Und Klipphausens Bürgermeister Gerold Mann erklärt: „Wir wollen uns dieses schöne Bad auch in Zukunft leisten. Da müssen wir investieren.“