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Wie gut funktioniert das Umsteigen im Kreis?

Vernetzte Verkehre sollen Staus und Wartezeiten überflüssig machen. Doch der Weg dahin ist schwierig.

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Von Peter Anderson und Christoph Scharf

Landkreis. Die Zahlen lesen sich beeindruckend: 27 Millionen Euro haben Land, Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) und Kommunen in der Vergangenheit in P+R-Plätze im Landkreis investiert. Das Umsteigen vom Auto in Bus und Bahn soll einfacher werden. 860 Stellplätze sind entstanden. Die Auslastung liegt bei knapp 70 Prozent.

Parkplatzsuche per Handy geplant.

Doch vor allem in städtischen Zentren wie am Bahnhof Meißen oder am Bahnhof in Radebeul-Ost übersteigt die Nachfrage schon jetzt häufig das Angebot. „Ich könnte mir vorstellen, dass wir in Meißen-Cölln schon bald wieder erweitern müssen“, sagt der Geschäftsführer der Verkehrsgesellschaft Meißen Rolf Baum. Ein anderer Weg, den der VVO jetzt gemeinsam mit seinen Partnern beschreitet, basiert auf modernster Technik. Im Rahmen eines Pilotprojekts werden 799 einzelne Stellplätze im Dresdner Umland mit einem vom Nürnberger Start-up Smart-City-System entwickelten Sensor ausgestattet. Die Daten fließen in Echtzeit zum VVO und sind über die Internetseite www.vvo-online.de und die Fahrplanauskunft abrufbar. Damit sehen die Fahrgäste schon, wenn sie beispielsweise eine Verbindung ab dem Bahnhof in Radebeul anfordern, ob es dort noch freie Plätze gibt. Wenn der schon voll ist, können Pendler eine Alternative suchen.

Bürgerbus als Vorbild empfohlen.

Während von solchen Lösungen vor allem die Bewohner größerer Städte wie Großenhain, Riesa und Coswig profitieren, bleiben die Dörfer zum Beispiel rund um Strehla, östlich von Großenhain oder in der Lommatzscher Pflege weitgehend vom öffentlichen Nahverkehr abgekoppelt. Der Schulbus morgens und nachmittags bildet oft die einzige Verbindung zu den größeren Verkehrsknoten. Ohne Auto geht praktisch nichts. Überlegungen, hier mit autonomen Fahrsystemen Abhilfe zu schaffen, haben sich SZ-Informationen zufolge als nicht realisierbar erwiesen. Die Strecken müssten mit einem dichten Sensorennetz ausgestattet werden, was praktisch und finanziell nicht leistbar ist. Als ähnlich problematisch haben sich Systeme wie der Mietwagen-Vermittler Uber oder Kleinbus-Netzwerke erwiesen. „Momentan existieren solche Angebote zumeist in größeren Städten. Letztlich bieten sie Parallel-Verkehre zu Bus und Bahn an und werden oft von großen Autokonzernen unterstützt“, sagt VGM-Chef Rolf Baum. Im Endeffekt verdichtet sich der Verkehr auf den Straßen damit weiter. Im ländlichen Raum fehlt zudem die nötige Fahrgast-Dichte. Der Chef der Kreis-Busgesellschaft plädiert dafür, das in der Lommatzscher Pflege bewährte Bürgerbussystem auszubauen. Er könnte sich vorstellen, dass Bund und Land die Kosten der Fahrzeuge mindestens mitfinanzieren.

Zersplitterung erschwert Koordination.
Weitere Herausforderungen liegen auf dem Feld der internen Koordination öffentlicher Verkehrsmittel, das heißt von Bus, Straßenbahn und S-Bahn. Die Probleme in diesem Bereich sind hausgemacht. Das zeigen bereits die Schwierigkeiten beim Zusammengehen des VVO mit dem östlich benachbarten Zweckverband Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien. Während der Landkreis Bautzen sich gern an den VVO anschließen möchte, um besser an die Landeshauptstadt angebunden zu sein, lehnt Niederschlesien dies ab. Ähnliche Eigeninteressen blockieren im gesamten Freistaat größere und übergreifende Verkehrsnetze. Hinzu kommt die zunehmende Zersplitterung der Bahngesellschaften. Beim Abstimmen der Fahrpläne reden immer mehr Anbieter mit.

Autos auch in kleineren Städten teilen.

Ein Auto gemeinsam nutzen – diese Idee wird vor allem unter jungen Menschen zunehmend populär, die werktags mit Fahrrad, Bus und Bahn fahren. Allerdings sind für profitorientierte Anbieter in dieser Branche maximal Städte in der Größenordnung wie Dresden und ihr näheres Umland interessant. Coswig versucht nun, mit dem Unternehmen Teilauto und Cityflitzer für seine Einwohner ein entsprechendes Angebot zu schaffen. Nach den Vorstellungen der Stadt sind für die Teilautos zwei Standorte geplant, im Wohngebiet Dresdner Straße und im Spitzgrund. Dazu soll sich im Wohngebiet Dresdner Straße, im Stadtteilladen L29 auf der Lindenauer Straße 29, der Ansprechpartner finden, der beispielsweise die Kundenkarte aushändigt und auch mal jemanden berät, der sich einen Kratzer am Auto eingefangen hat. Susanne Krüger, Quartiersmanagement für die Stadtteile Dresdner Straße und Spitzgrund, ist diese Kontaktfrau. Sie sucht derzeit noch Teilautonutzer, die bei der Fahrzeugwartung helfen.

Kostenlose Räder verstopfen Züge.

Der VVO verfolgt eigenen Angaben zufolge einen Mittelweg, um einerseits Pendlern die Mitnahme zu ermöglichen, und andererseits den Fahrgästen im Freizeitverkehr ein günstiges Ticket anbieten zu können. Deshalb können Monatskarten-Inhaber ihr Rad kostenfrei mitnehmen. Für Freizeitradler gibt es Tages- und Monatskarten. „Generell kostenfrei würde zu einer ähnlichen Situation wie in Leipzig führen, wo jetzt die Fahrradmitnahme deutlich eingeschränkt werden musste“, so VVO-Sprecher Christoph Schlemper.

Leihräder bilden eine Ergänzung.

In Riesa kooperieren Stadtwerke, Riesa-Information und der Fahrradhändler „Die Fahrrad-Kette“ bei einem ungewöhnlichen Projekt: Der Riesaer Radhändler stellt unter dem Namen „Stadtrad“ zehn E-Bikes als Leihräder zur Verfügung. Die kann man im Geschäft an der Klötzerstraße, aber auch direkt an der Riesa-Information an der Hauptstraße ausleihen. „Wir sind dabei, das vor drei Jahren von uns ausgedachte Projekt auszuweiten“, sagt Mario Warnke, Chef der Riesaer Fahrradkette-Filiale. So sei seit diesem Jahr auch das Riesaer Hotel Mercure als Ausleihstation dabei, sodass Leihräder – nach Absprache – auch außerhalb der Öffnungszeiten abgegeben werden können, etwa an Sonn- und Feiertagen. Im Angebot sind insgesamt zehn Elektroräder im klassischen City-Touring-Stil – mit tiefen Einstieg, sodass sie von Frauen wie Männern nutzbar sind. „Wir könnten aber schnell reagieren, wenn ein Kooperationspartner beispielsweise ein sportliches Rad wünsche“, sagt Warnke. Das Vergnügen hat seinen Preis: Ein einzelner Tag auf dem E-Bike kostet 25 Euro, bei mehreren Tagen werden täglich 22,50 Euro fällig. Die ganze Woche kostet 140 Euro, ein Wochenende – von Freitagabend bis Montagmittag – 57 Euro.