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Werbefirma an der Daten-Autobahn

Unternehmen freuen sich über schnelles Internet – und schauen auf die Ortsteile der Stadt.

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© Kristin Richter

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Lutz Werner ist der erste Kunde und so frisch am Netz, dass er noch gar nicht testen konnte, wie lange das Senden von Datensätzen zur Druckerei nun dauert. „Auf alle Fälle keine zwei Stunden“, sagt er lachend in der Runde aus Stadt-, Enso- und Pressevertretern. Der Unternehmer sorgt mit seiner Firma Creative Factory für die schönen Aha-Effekte der Menschen, wenn die über die moderne LED-Werbewelt staunen. Allerdings sind er oder seine Mitarbeiter manchmal eher verzweifelt, wenn die großen Datensätze irgendwo in den Leitungen steckenblieben, denn die moderne Planung erzeugt nun einmal gewaltige Dateien. Mit 10 Megabit pro Sekunde ist seit gestern medialer Schwung in den Firmensitz an der B 101 gekommen. Lutz Werner freut`s. Was er jetzt dank der Erschließung des Großenhainer Flugplatzes mit schnellem Internet abrufen kann, ist das 50-Fache der bisherigen Leistung.

Stadt springt letztlich ein

Der Stadtrat hatte sich dazu entschlossen, zu den 16 Millionen Fördergeld von Bund und Land auch noch 1,6 Millionen in die Hand zu nehmen, um diese Mammutaufgabe „Schnelles Internet für alle Orte“ überhaupt zu stemmen. Eine Aufgabe, wie Stadtbaudirektor Tilo Hönicke betont, die die Stadt eigentlich gar nichts angehen dürfte, die freiwillig ist und die der Markt regeln müsste. Nur der Markt regelt es eben nicht. Der Markt erschließt die Großstädte. Mittelzentren wie Großenhain haben mit Fördergeld noch die Chance auf Pilotprojekte wie mit der Enso für die kompakte Innenstadt.

Doch draußen auf dem flachen Land sieht es dann schon traurig aus. Deshalb ist die Stadt eingesprungen, diese Infrastrukturaufgabe selbst in die Hand zu nehmen und legt noch Geld obendrauf. Viel Geld für eine kleine Stadt. Doch die weit größere Herausforderung, da war man sich mit Dr. Steffen Heine, Geschäftsführer der Enso Netz GmbH, beim Firmenbesuch gestern einig, ist das aufwendige Ausschreibungsverfahren. Das ist so kompliziert, weil dort europäisches und deutsches Recht mit verschiedenen Vergabevorschriften hineinspielen. Auch Großenhain hat sich für diese „ganz, ganz hohe Schule“, so Hönicke, juristischen Beistand geholt. Denn wer dort einen Fehler mache, müsse am Ende bei einer europäischen Prüfung womöglich alles zurückzahlen.

Diesem Prozedere sind viele, vor allem kleine Kommunen, fachlich nicht gewachsen. Enso und Stadt waren sich daher auch einig: diesen Part hätte eigentlich der Bund übernehmen müssen, denn beim schnellen Internet handelt es sich auch um Autobahnen – Daten-Autobahnen. Auch Unternehmer Lutz Werner wartet auf den Tag, wo in den umliegenden Orten schnelles Internet Einzug hält. Denn im Homeoffice geht für seine Mitarbeiter nix.

Und weil er gleich dabei ist zu träumen, wünscht sich der Geschäftsmann gleich noch ein paar Umsetzer. Denn in manchen Ecken gebe es ja nicht einmal ordentlichen Handyempfang. Mit all diesen Problemen liege Deutschland in Europa medial weit abgeschlagen auf hinteren Plätzen. In Osteuropa wie Polen und Ungarn, wo etliche seiner Konkurrenten fertigen, kenne man solche Zustände nicht, betonte er. Nun bekommen weitere Firmen am Flugplatz den Zugang zum schnellen Netz, demnächst die Firma Maschinenbau Mischke.

Die Einwohner in den Ortsteilen können auch hoffen. Im März 2018 soll schon die Vergabe der Erschließung stattfinden – bis 31. Dezember müssen laut Fördervorgabe 500 Kilometer Leitung liegen. „Ein Wahnsinnsritt“, so Tilo Hönicke.