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Wenn Tschirnhaus eine Schule bekommt

Überall in der Stadt werden Schulen gebaut. Über eine wurde besonders viel diskutiert. Der Name erregte die Gemüter.

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© Sven Ellger

Von Annechristin Bonß

Den neuen Namen tragen Schulleiterin Sandra Gockel und ihr Stellvertreter Martin Schmidt stolz auf der Brust. Sie haben sich extra Pullover besticken lassen. Neben einem Logo aus geschwungenen bunten Linien prangen 47 Buchstaben auf dem Kleidungsstück: Ehrenfried-Walther-von-Tschirnhaus-Gymnasium Dresden. Es sind diese 47 Buchstaben, die in diesem Jahr die Dresdner Schullandschaft um eine Diskussion reicher gemacht haben.

Lange Zeit war das neue Gymnasium in der Südvorstadt nur mit dem Arbeitstitel Süd-West in der Verwaltung bekannt. Eine Bezeichnung, die natürlich nicht als offizieller Name übernommen werden sollte. Einen geeigneten Vorschlag hatten Lehrer, Eltern und Schüler bereits gefunden. Tschirnhaus, der Universalgelehrte, Aufklärer und Schöpfer vieler philosophischer und pädagogischer Schriften, sollte es sein.

Ein Vorschlag, der viel Kritik und Streit brachte. Denn die Plauener und Cottaer Kommunalpolitiker konnten damit kaum etwas anfangen. Zu lang, unpraktisch, kein Stadtteilbezug – die Liste der vorgetragenen Einwände war lang. Lieber sollte das Gymnasium wieder nach Fritz Löffler benannt werden. So hieß das Gymnasium an der Bernhardstraße, bevor es aufgelöst wurde. Für die neue Schule wird der Altbau derzeit saniert und mit einem modernen Anbau versehen. Ein alter Name, aufgekocht für eine neue Schule – diesen Vorschlag wollte Sandra Gockel nicht akzeptieren. Schlussendlich haben sich beide Seiten auf einen Kompromiss geeinigt. Die Schule wurde doch nach Tschirnhaus benannt. Und der Altbau trägt dafür künftig den Namen Fritz-Löffler-Haus.

Mehr Fördergeld für die Turnhalle

Mittlerweile scheint der Streit vergessen zu sein. Die Bauarbeiten auf dem Grundstück zwischen Altenzeller, Bernhard- und Leubnitzer Straße gehen gut voran. Dafür wurde die alte Oberschule abgerissen. An dieser Stelle entsteht derzeit die neue Sporthalle. Für die Kosten in Höhe von 9,2 Millionen Euro hat die Stadt gerade einen Förderbescheid über 6,1 Millionen Euro bekommen – mehr als zuvor angenommen.

Im Neubau, der parallel zur Altenzeller Straße steht, hat der Inneneinbau begonnen. Gespannt beobachten Lehrer, Eltern und Schüler den Baufortschritt. Wochenendausflüge führen an der Baustelle vorbei. Die Journalistik-AG des Gymnasiums berichtet regelmäßig. Auf der Homepage der Schule sind aktuelle Bilder zu sehen. Schon im kommenden Jahr soll das Gymnasium am neuen Standort öffnen. Zunächst im Neubau. 24 Klassen in den Jahrgängen der fünften bis neunten Klasse lernen dann in der Südvorstadt. Das sind 650 Kinder. Der Altbau wird ein Jahr später im August 2018 fertig. Gleiches gilt für die Sporthalle. Beim Bau haben die Arbeiter und Planer nicht nur positive Überraschungen machen müssen. Für die Sporthalle musste eine extra Drainage gelegt werden, damit das Oberflächenwasser gut versickern kann. Zudem wurden im Altbau Schadstoffe in den Decken und Fußböden gefunden. Die mussten zunächst abgetragen werden. Danach haben die Arbeiter eine neue Betonmischung aufgespritzt.

Später ist von diesen Extra-Arbeiten nichts mehr zu sehen. Vielmehr bekommt der Altbau viele seiner denkmalgeschützten Facetten zurück. Die alten Fenster werden aufgearbeitet und neu eingesetzt. Im Foyer, das zur Skulptur an der Ecke bernhard-/Leubnitzer Straße führt, werden alte Malereien mit den Tierkreiszeichen wieder sichtbar. Die farbliche Gestaltung der Wände soll ebenfalls so sein wie früher.

Großer Andrang von neuen Schülern

Sonst erwartet die Schüler und Lehrer eine moderne Schule nach neuesten Standards. Das Lehrerzimmer heißt dann Lehrerlounge, die Zimmer werden mittels Fußbodenheizung gewärmt, die Aula bietet große Glasfronten, und das neue Treppenhaus ist großzügig gestaltet. Der Altbau geht in den Neubau über. Der markante Brunnen, die Figurengruppe „Junge Naturforscher“ von Walter Reinhold an der Bernhardstraße bleibt weiterhin Blickfang.

Schon jetzt merkt Sandra Gockel das Interesse an der neuen Schule. Vor allem aus der Südvorstadt wollen Eltern ihre Kinder anmelden. Aber auch aus umliegenden Stadtteilen werden hier Schüler lernen. „Die Nähe zum Hauptbahnhof und der S-Bahn ist optimal“, sagt sie. Den langen Namen ihrer Schule werden die Neuen sicher schnell lernen. Auch wenn er wohl zu lang für die Homepage war. Wer das Tschirnhaus-Gymnasium im Internet sucht, der muss ewvt.de eingeben. Das sind nur sechs Buchstaben. Und damit viel weniger als die 47 auf dem bestickten Pullover.