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Wenn Retter in der Not nicht ans Haus kommen

In Lichtenhain eskaliert ein Grundstücksstreit. Die Anwohner sind genervt und hoffen auf Hilfe.

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© Dirk Zschiedrich

Von Anja Weber

Lichtenhain. Verlassen die Anwohner der Hinteren Dorfstraße im Sebnitzer Ortsteil Lichtenhain morgens ihr Anwesen, wissen sie nicht, ob sie es abends überhaupt wieder erreichen. Grund ist ein schon länger schwelender Streit. Einer der Anlieger beansprucht seinen Teil des Weges für sich. Der Weg ist zwar öffentlich gewidmet. Die Rechtmäßigkeit zweifelt der Privatmann aber an und greift dafür zu rigorosen Maßnahmen.

Angefangen hat der Streit bereits 2016. Am zweiten Weihnachtsfeiertag eskalierte dann die Situation. Die Hintere Dorfstraße war dicht, versperrt von dem dortigen Grundstückseigentümer. Anwohner Ingolf Müller hatte seine gehbehinderte Mutter zu Gast und wollte sie nach Hause fahren. Doch die einzige Ausfahrt über die Hintere Dorfstraße war versperrt. Denkt Ingolf Müller heute dran, kommen dem gestanden Mann noch immer die Tränen. Die Absperrung ist zwar weg. An deren Stelle liegen Heuballen und große Steine, die ein Durchfahren erschweren, bei größeren Fahrzeugen sogar unmöglich machen.

Ingolf Müller hat in alten Unterlagen geblättert. Besagten Weg gebe es auf jeden Fall seit 1870. Und immer haben die Anwohner den Weg genutzt. Keiner habe je daran gedacht, dass er nichtöffentlich gewidmet sein könnte. Etwa fünf Grundstückseigentümer sind betroffen. Einige von ihnen vermieten auch an Urlauber. Dazu kommen noch einige Besitzer von Gartengrundstücken. „Wir haben hier keine andere Möglichkeit, an die Häuser heranzufahren. Ist der Weg nicht mehr öffentlich, weiß ich nicht, was werden soll“, klagt Ingolf Müller.

Er wie auch die anderen Anwohner haben Angst. Die Zufahrt wird unter anderem auch von den Ver- und Entsorgungsfahrzeugen genutzt. So wartet Familie Müller auf Nachschub für ihre Heizanlage. Es würden aber vor allem auch keine Rettungsfahrzeuge an die Häuser kommen. Und was wird erst im Winter, fragen sich die Anwohner. Die haben das Problem an die Sebnitzer Stadtratsfraktion Mitsprache Stadt und Land herangetragen. Dort will man sich der Sache annehmen.

Doch auch Fraktionsvorsitzender Jörg Hempel weiß, das Problem ist kompliziert. Wir werden in der Fraktion nach Lösungen suchen“, sagt er. Da der Streit vor Gericht ausgetragen wird, ist auch die Stadt Sebnitz von Anfang an in das Prozedere einbezogen. „Es geht im Grunde darum, ob die Gemeinde Lichtenhain, später Kirnitzschtal, den Weg ordentlich gewidmet hat oder nicht“, sagt der Sebnitzer Oberbürgermeister Mike Ruckh (CDU). Die Stadt Sebnitz stehe hinter den Anwohnern und wolle, dass der Weg offenbleibe. Ob er das bleibt, entscheide allerdings das Gericht.

Offenbar ist das auch kein Einzelfall. Immer wieder gebe es ähnliche Dinge, vor allem aus dem Kirnitzschtaler Gebiet. Der Eigentümer hat inzwischen von der Stadtverwaltung die Aufforderung erhalten Heuballen und Steine beiseite zu räumen. Dagegen ist er in Widerspruch gegangen. Diesen habe die Stadt nicht angenommen. Inzwischen steht eine weitere einstweilige Verfügung in diesem Fall an, die der Grundstückseigentümer anstrebt. Wann das Gericht speziell über die Widmung entscheiden wird, ist noch unklar. Der SZ ist es bislang noch nicht gelungen, mit dem betreffenden Grundstückseigentümer ins Gespräch zu kommen, sie wird jedoch an dem Problem dran bleiben.