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Wenn Müttern die Nestwärme fehlt

Die Dresdner Caritas berät rund 600 Schwangere und junge Mütter. Oft bringen Migrantinnen ganz besondere Sorgen mit.

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© Christian Juppe

Von Nadja Laske

Auf dieses Fest hatten sie sich gefreut. Nouruz, die persische Neujahrsfeier. Da kamen Familie und Freunde zusammen, und das Beieinander fühlte sich wie Heimat an. Somaiya ist vor drei Jahren aus Afghanistan nach Dresden gekommen. Zuhause hatte sie mit ihrer Großfamilie gelebt. „Etwa 50 Personen“, sagt die 30-Jährige und lacht nicht zum ersten Mal über die erstaunten Gesichter hierzulande.

Jede Familie habe zwar ihren eigenen Wohnbereich, erzählt sie. Aber alle leben unter einem Dach. Das sei nicht immer einfach und wegen der vielen Kinder oft laut und fordernd. Aber: Jeder finde immer ein offenes Ohr, könne sich Rat holen, auch von Frau zu Frau. Diese Vertrautheit fehlt der zweifachen Mutter. Gerade für Fragen rund ums Kinderkriegen vermisste sie ihre Schwestern, Schwägerinnen und Cousinen. Ein Jahr alt ist ihre Tochter Zoha jetzt. Als Somaiya mit ihr schwanger wurde, fühlte sich das Leben in Deutschland noch viel fremder an, als jetzt. Nach gut einem Jahr Aufenthalt war sie noch lange nicht in der ungewohnten Kultur angekommen. Bis jetzt spricht sie kaum Deutsch. Ihr Mann, der inzwischen schon gut Deutsch gelernt hat, geht zum Unterricht und kann nicht ständig an ihrer Seite sein. Anfangs bewegten Somaiya noch Fragen wie: Wo finde ich eine Kinder- oder Frauenärztin und wie die Geburtsklinik? Wer gibt mir Rat, wenn ich als Mutter unsicher bin? Inzwischen braucht sie eher Hilfe in Sachen Kinderbetreuung, zum Beispiel wenn Arzt- oder Behördenbesuche anstehen.

Akut bewegt das werdende Mütter. Razia aus dem Iran hat es gerade erlebt. Die 28-Jährige bekam jüngst ihr viertes Kind und ist wie Somaiya tagsüber allein zu Hause, weil ihr Mann zum Sprachunterricht geht. Was macht sie mit den drei Älteren, wenn die Wehen einsetzen, fragte sie sich. Familienanschluss hat sie hier nicht.

Mit ihren Sorgen kommen Frauen wie sie zur Schwangerenberatung der Caritas. Dort beraten Katrin Michel und ihre Kolleginnen insgesamt 600 Frauen, davon rund die Hälfte mit Migrationshintergrund. Was sie bewegt, bewegt zum großen Teil auch deutsche Mütter und Schwangere. „Doch bei Frauen, die nach Deutschland geflohen sind, müssen wir viele andere Dinge beachten“, sagt Katrin Michel. Etliche von ihnen haben schlimme Geburtserfahrungen hinter sich. Von Kaiserschnitten ohne Betäubung haben die Beraterinnen schon gehört und auch Vergewaltigung spielt in Gesprächen eine Rolle – Traumata, auf die Sozialarbeiterinnen eingehen müssen. Solche Vorgeschichten zu kennen, ist wichtig. Wenn eine Frau beim Arzt oder im Kreißsaal Panikanfälle bekommt, sollte das medizinische Personal reagieren können. Dafür wiederum sind Dolmetscher nötig, doch sie fehlen oft, oder das Geld dafür.

Nicht nur um Dramen, sondern vor allem um das Leben mit Kindern, in der Familie und als Frau in Deutschland geht es beim Frauentreff, den die Caritas speziell Migrantinnen anbietet. Wie gelingt Partnerschaft? Was bringe ich meinem Kind bei? Womit lassen sich alte und neue Heimat verbinden? Katrin Michel weiß: Viele Frauen wünschen sich Patenschaften mit deutschen Familien – zur Orientierung, wenn Beraterinnen gerade nicht da sind.

Nächster Frauentreff: 18. August, Anmeldungen bitte unter 4984715 www.caritas-dresden.de