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Wenn Kleingärten weichen müssen

Gartensparten sind die grüne Lunge der Stadt. Doch weil Bauflächen fehlen, rücken sie mehr und mehr in den Fokus.

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© Archivfoto: René Plaul

Von Marleen Hollenbach

Bautzen/Kamenz. Mit der Schaufel hebt der Bagger den Baum aus der Erde. Die Wassertonne ist umgestürzt, die Laube schon zur Hälfte eingefallen. Jeder Kleingärtner würde bei diesem Bild wohl von einem Albtraum sprechen. Tatsächlich kommt es im Landkreis Bautzen selten vor, dass komplette Gartensparten weichen müssen. Doch in Zeiten, in denen das Bauland zunehmend knapper wird, rücken die begehrten Flächen stärker ins Blickfeld der Kommunen.

So auch in Bautzen. Gerade arbeitet die Verwaltung an einem Wohnkonzept, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. „Es geht darum, Potenziale für neuen Wohnraum zu erkennen“, sagt Baubürgermeisterin Juliane Naumann. In diesem Kontext müsse man auch über die Gartensparten nachdenken, erklärt sie weiter. Immerhin befinden sich 48 Anlagen mit mehr als 3 000 Parzellen auf städtischem Boden. In einem ersten Konzeptentwurf hat sich die Stadt ein Bild von den Gartensparten gemacht und diese in Gruppen eingeteilt. 24 Anlagen gehören zu den zukunftssicheren. Dort beträgt der Leerstand gerade einmal 1,3 Prozent.

Rückbau vorgesehen

In acht der Gartensparten ist der Leerstand hingegen größer als zwölf Prozent. Diese Anlagen ordnet die Stadt der Gruppe derer zu, die es zu prüfen gilt. Insgesamt ist laut Konzeptentwurf ein Rückbau von 200 bis 300 Parzellen bis zum Jahr 2032 vorgesehen. Dabei sollen nicht ganze Anlagen geschlossen werden. Vielmehr geht es darum, Streifen von den Anlagen abzutrennen, die dann anderweitig genutzt werden können.

Parzellen, die anderweitig genutzt werden, das gibt es auch in Kamenz. Vor drei Jahren wurde dort eine Gartensparte geräumt. „Einvernehmlich und sehr kooperativ“ sei der Prozess vonstattengegangen, berichtet der Kamenzer Oberbürgermeister Roland Dantz. Die Fläche habe man schon lange für die Innenstadtentwicklung vorgesehen. Zunächst war das Areal für eine Wohnbebauung gedacht. Doch weil sich eine stark befahrene Straße in der Nähe befindet, entschied man sich dagegen. Jetzt ist auf dem Gelände ein Campus für die benachbarte Schule vorgesehen.

Mit der Stadt geeinigt

Dass die Beräumung der Gartensparte gut verlief, bestätigt Wolfgang Preller, Chef des Kamenzer Territorialverbands. Von den 86 Parzellen in der Anlage waren zum Schluss nur noch 19 belegt, erklärt er. Für seinen Verband war die Unterhaltung der Gartensparte letztlich auch ein finanzielles Problem. Die Anlage konnte durch die wenigen Nutzer nicht mehr so viele Einnahmen generieren. Gleichzeitig musste der Verband aber die volle Pacht an die Stadt zahlen. „Es war gut, dass wir uns mit der Stadt einigen konnten“, erklärt Preller. Einig sind sich Stadt und Kleingärtner auch darin, dass keine weiteren Anlagen geräumt werden sollen. Zwar versucht die Kommune, Plätze für Eigenheime zu erschließen. Kleingärten seien aber nicht betroffen, so der Kamenzer Oberbürgermeister. Insgesamt elf Kleingartenvereine befinden sich auf städtischem Territorium.

Auch in Radeberg ist Bauland knapp. Aktuell gibt es keine freien Plätze mehr. Das ändert sich im kommenden Jahr. Dann erschließt die städtische Wohnungsgesellschaft zwei neuen Baugebiete für Eigenheime. Bestrebungen, Kleingärten anders zu nutzen, gibt es zurzeit aber nicht, teilt Radebergs Stadtsprecher Jürgen Wähnert mit. 15 Anlagen gehören zur Kommune. Um die zu schützen, hat die Stadt schon vor mehr als zehn Jahren eine Vereinbarung zur Förderung des Kleingartenwesens getroffen. Unter anderem ist geregelt, dass die Stadt Flächen, auf denen sich Kleingärten befinden, nicht weiterverkauft. Damit wird verhindert, dass private Investoren das Areal erwerben und dann umgestalten. „Es ist gut, das es so eine Vereinbarung gibt“, sagt Wolfgang Preller, zu dessen Verband auch die Gärten in Radeberg gehören.

Keine zufriedenstellende Antwort

In Bautzen ist man von einer Harmonie zwischen Stadt und Kleingärtnern noch ein gutes Stück entfernt. Zwar ist der hiesige Territorialverband froh darüber, dass ein Konzept auf den Weg gebracht wird. „Wir benötigen das, um Fördermittel beantragen zu können“, erklärt Verbandschefin Andrea Lange. Doch von einer richtigen Zusammenarbeit könne man nicht sprechen.

Vor einem Jahr hatte der Verband der Stadt dargelegt, wie eine Kooperation aussehen könnte. Vor allem ging es den Kleingärtnern darum, dass die Stadt ihnen einen Teil der Pachteinnahmen zurückerstattet. Das Geld wollen die Mitglieder in den Erhalt der Anlagen investieren. Bislang, so meinen die Verbandsmitglieder, hätten sie darauf noch keine zufriedenstellende Antwort erhalten. Auch der Konzeptentwurf der Stadt löst bei ihnen wenig Euphorie aus. „Es gibt viel Diskussionsbedarf bei der Bewertung der Gartenanlagen“, so Andrea Lange. Natürlich könne man über einzelne Gartensparten sprechen. Am Ende sollten aber die Interessen beider Seiten berücksichtigt werden.