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Wenn Katzen kein Zuhause haben

Herrenlose Tiere sind in Görlitz ein Problem, dem die Stadt allein nicht Herr wird. In der Südstadt helfen auch Anwohner.

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© Eric Weser

Von Gabriela Lachnit

Seit wenigen Wochen hat Thomas Theurich auf dem Firmengelände keine Katzen mehr entdecken können. Der Geschäftsführer des Görlitzer Autohauses Tesch ist darüber nicht traurig. Denn er hatte lange Zeit ein großes Problem: eine Katzenplage. Etliche wildlebende Samtpfoten hatten sich eingerichtet auf dem Gelände des Autohauses an der Jakobstraße. Und es wurden immer mehr. Das war für die Vierbeiner nicht schwierig, denn mehrere ältere Damen hatten es sich dort zur Aufgabe gemacht, die herrenlosen Tiere zu versorgen. „Unter anderem mit Milch und Katzenfutter“, berichtet der Geschäftsführer. Das Futter hat andere Vierbeiner angelockt, darunter auch Marder. Immer wieder haben Thomas Theurich und Mitarbeiter des Autohauses versucht, die Ursache der Katzenplage auf dem Gelände zu beseitigen, indem sie den Vierbeinern das Futter entzogen. Und sie stellten einen Hinweis auf, dass jegliche Katzenfütterung auf dem Grundstück verboten ist.

Deshalb sprechen Grundstückseigner immer wieder Fütterungsverbote aus.
Deshalb sprechen Grundstückseigner immer wieder Fütterungsverbote aus. © Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Das scheint gewirkt zu haben. Seit die Katzen nicht mehr gefüttert werden, lassen sie sich auf dem Areal kaum noch blicken. Dafür beklagt Thomas Theurich ein anderes Problem: Immer mehr Hundebesitzer lassen ihre Lieblinge auf dem kleinen Grünstreifen am Eingang des Firmengrundstücks ihr Geschäft verrichten oder werfen den Beutel mit dem Hundekot über den Zaun. Hier hat der Geschäftsführer den Hinweis angebracht, dass die Grünfläche kein Hundeklo ist. Es hat jedoch den Anschein, dass Hunde tatsächlich nicht lesen können...

Das Problem von wildlebenden Katzen im Stadtgebiet und in den einzelnen Stadtteilen ist im Görlitzer Rathaus bekannt. Allerdings gibt es zur Anzahl von verwilderten Hauskatzen keine Erkenntnisse oder statistische Erhebungen. „Daher ist auch eine Einschätzung der Situation schwer möglich“, sagt Silvia Queck-Hänel. Die Leiterin des Görlitzer Ordnungsamtes verweist darauf, dass es immer mal wieder erforderlich ist, Tierhalter zu erinnern, ihre Haustiere nicht auszusetzen. „So ein Appell wäre auf jeden Fall hilfreich und veranlasst die Tierhalter vielleicht zum Nachdenken“, sagt sie und weist darauf hin, dass das Aussetzen von Tieren nach dem Tierschutzrecht eine Straftat ist.

Auch der Hinweis, keine verwilderten oder herrenlosen Katzen zu füttern, sei folgerichtig, denn die gut gemeinte Fürsorge für die Tiere führt letztlich durch das große Nahrungsangebot zur unkontrollierten Fortpflanzung und Vermehrung und somit für eine Verstärkung des Problems.

Das Ordnungsamt erhält Kenntnis von verwilderten Hauskatzen in der Regel von Görlitzer Einwohnern, die den Katzen durch Füttern helfen wollen. An solchen „Futterstellen“ steigt dann regelmäßig die Katzenpopulation an. Um dem entgegenzuwirken, unterstützt die Stadt Görlitz in Zusammenarbeit mit dem Landkreis ihre engagierten Einwohner mit der Übernahme der Tierarztkosten für die Sterilisation oder Kastration der Vierbeiner. „Dabei werden die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel der Stadt Görlitz und des Landratsamtes Görlitz regelmäßig ausgeschöpft“, berichtet die Amtsleiterin. Das heißt, dass die wilden Katzenpopulationen letztlich immer noch vorhanden sind, trotz der Anstrengungen, sie erheblich einzudämmen. In diesem Jahr hat die Stadt dafür bisher rund 2 000 Euro ausgegeben. Im Vorjahr waren es 3 850 Euro, vor zwei Jahren 2 600 Euro und in den beiden Jahren davor jeweils rund 3 900 Euro.

Schwerpunkte, wo vermehrt herrenlose Katzen lebten, waren in den vergangenen Jahren unter anderem die Gebiete an der Teichstraße/Bautzener Straße/Mittelstraße/Jochmannstraße, das Areal Kamenzer Straße/Jauernicker Straße, sowie die Seidenberger Straße, Landeskronstraße, Emmerichstraße und die Ortsteile Kunnerwitz und Hagenwerder.

Im Bereich Kamenzer/Jauernicker Straße betreuen seit etwa 20 Jahren ein Mann und eine Frau herrenlose Katzen. Ihre Namen wollen die beiden Betreuer aber nicht in der Zeitung lesen. Waren es vor einigen Jahren noch mehr als 70 der wilden Tiere, sind es heute noch etwa zehn, zwölf, die regelmäßig zu den Futterstellen kommen. Die Tierfreunde versorgen die Fellträger ehrenamtlich und sorgen mit einem Tierarzt dafür, dass sie sich nicht unkontrolliert vermehren können. Aus eigener Tasche bezahlen müssen das die Katzenfreunde nicht, auch hier kommen Stadt und Kreis für die Kosten auf.

Regelmäßig unternimmt der Mann nachts Kontrollgänge, wenn er Geräusche im Komplex hört, die dort nicht üblich sind. Dabei habe er schon häufiger Leute angetroffen, die in dem Gelände illegal Müll entsorgen wollten. Einmal sogar einen Autofahrer aus dem Landkreis, der dort eine Kiste mit mehreren Kätzchen abstellen wollte.