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Wenn Elfen Menschen treffen

Um ihr Kinderbuch „Taty und Paul“ zu veröffentlichen, hat Natascha Sturm in Görlitz einen Verlag gegründet.

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© Pawel Sosnowski

Görlitz. Taty ist eine Elfe. Paul ist ein Menschenkind. Taty mag ihren Elfenalltag nicht, weil sie sich nicht für Pflanzen interessiert: „Ich bin einfach keine richtige Elfe!“ Paul kann nicht gut klettern, ist traurig, einsam und hat niemanden, den er zu seinem Geburtstag einladen kann. Taty und Paul sind die beiden Hauptfiguren des gerade erschienenen Kinderbuchs von Natascha Sturm. Die Autorin lässt die beiden einander begegnen, Freunde werden, Freunde finden und eine Umweltkatastrophe aufhalten.

Natascha Sturm hat etwas wahrgemacht, wovon viele träumen: ein Buch zu schreiben. „Als Kind wollte ich immer Schriftstellerin werden“, erzählt die 49-Jährige, „aber daraus ist nie etwas geworden.“ Als ihr Sohn klein war, erzählte sie ihm jeden Abend Geschichten. Meist ging es um einen kleinen Jungen, der es nicht so leicht hatte, und um die Elfenwelt. „Elfen habe ich als Kind sehr geliebt“, sagt Natascha Sturm. „Um ihre Begegnung mit der Menschenwelt lassen sich viele Geschichten weben.“ Damit sie sich die Handlung merken und die Geschichten später noch einmal erzählen konnte, begann sie alles aufzuschreiben.

Sie vertiefte die Handlung und forschte in ihrer Erinnerung nach passenden Bildern und Orten. Der Wald am Fuße des Taunus, wo Natascha Sturm aufgewachsen ist, diente dafür. Im Buch gibt es Baumhöhlen, in denen es sich die kleine Elfe gemütlich macht, oder unterirdische Gänge, in denen Zwerge leben. Auch die Villa, in der Natascha Sturms Großeltern Hausmeister waren, hat sie sich vor Augen geführt und ihre Erinnerungen für die Erzählung verwendet. So lebt Pauls Oma in einem alten Haus voller geheimnisvoller Treppen und Nischen, vom runden Giebelfenster aus kann man weit in den Wald hineinschauen. Und auch die illegale Müllkippe, die Taty und Paul mitten im Wald entdecken, hat ein Pendant in der Wirklichkeit, über das Natascha Sturm und ihre Familie sehr bestürzt waren. Das war noch im Havelland, wo die Familie lebte, bevor sie 2013 nach Görlitz kam. „Das meiste im Buch ist aber Fantasie“, sagt die Autorin, „oder kam beim Schreiben wie von selbst hinzu.“

Natascha Sturm hat früher einmal einen kaufmännischen Beruf gelernt und unterstützte ihren Mann viele Jahre lang in seiner Firma. Ihr zweiter Beruf, mit dem sie sich besser identifizieren kann, ist Heil- und Phytopraktikerin. Das erklärt auch, dass heilende Kräuter und der sorgsame Umgang mit der Natur in ihrem Buch eine große Rolle spielen. Taty und Paul finden nicht nur Müll im Wald, sondern entdecken auch, dass jemand giftige Flüssigkeiten ins Erdreich ablässt, und versuchen diesem Skandal auf die Spur zu kommen.

Ein paar Jahre lang setzte sich Natascha Sturm nur hin und wieder an ihre Geschichte, ergänzte etwas, feilte daran, legte das Manuskript aber immer wieder beiseite. Ihr Sohn, der inzwischen ein Schulkind war, und ihr Mann rieten ihr, sie solle endlich das Buch beenden.

Als Natascha Sturms Mann vor drei Jahren eine Aufgabe an der Hochschule Zittau/Görlitz übernahm, zog die Familie in die Stadt an der Neiße. „Und wir finden es hier so schön, dass wir nicht mehr wegziehen wollen“, sagt die Autorin. Der Umzug nach Görlitz, die Ankunft in einer Stadt, von der sich die Familie schon einmal im Urlaub hatte bezaubern lassen, gab schließlich Raum für den Abschluss des Buches.

Nun steht Natascha Sturm vor fast 1 500 Büchern, die im Büro ihres kleinen „Neissufer“-Verlages und Wohnhauses in der Reuterstraße aufgestapelt liegen. Den Verlag hat sie gegründet, um ihr Buch nach ihren eigenen Vorstellungen veröffentlichen zu können. „Aber ich möchte auch andere Autoren finden und deren Bücher herausgeben“, sagt sie. Die Idee zu einem Selbstverlag hatte sie anfangs nicht. Doch als sie ihr fertiges Manuskript an mehrere Verlage geschickt hatte und nie eine Antwort erhielt oder hingehalten wurde, nahm sie das Ganze selbst in die Hand.

Sie lernte die junge Künstlerin Juliane Wedlich vom Kühlhaus Görlitz e. V. kennen und bat sie um Illustrationen, damit auch schon Fünfjährige Spaß an der Erzählung haben können. Sie engagierte einen Lektor und eine Layouterin. „In der Zusammenarbeit hat sich das Buch noch einmal sehr verändert, erweitert und nahm Gestalt an.“ Weil es Natascha Sturm wichtig war, die regionale Wirtschaft zu unterstützen, ließ sie es bei einer Zwickauer Druckerei drucken. Im Oktober präsentierte sie „Taty und Paul“ auf der Frankfurter Buchmesse. Dort erfuhr sie vor allem, wie man das macht: ein Buch an den Markt bringen. Sie ließ es im Verzeichnis Lieferbarer Bücher und beim Großhändler Libri listen. Buchhändler können es jetzt finden und bestellen.

„Aber ich muss noch mehr Wege auftun, um bekannter zu werden“, sagt Natascha Sturm. Bei allen Görlitzer Buchhandlungen, einer in Löbau, einer in Zittau und einer auf Rügen war sie schon, um die Händler für ihr Kinderbuch zu interessieren. „So langsam fliegen die ersten Bestellungen ein“, sagt sie. Der Stapel wird kleiner. Gern möchte sie Buchlesungen halten. Und erste Ideen hat Natascha Sturm schon für ihr nächstes Buch: die Fortsetzung der Abenteuer von „Taty und Paul“.

Taty und Paul. Die fantastischen Abenteuer einer Elfe. Görlitz 2016. ISBN 978-3-00-053614-4

Geeignet für Kinder ab 4 Jahren zum Vorlesen, für Kinder bis ca. 12 Jahre zum Selberlesen.
neissuferverlag.de