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Wenn ein Hochhaus die Parkidylle stört

Am Großen Garten soll ein Fünfzehngeschosser entstehen. Die Stadt hat die Pläne noch einmal überarbeitet – die Kritik bleibt.

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© René Meinig

Von Nora Domschke

Noch wachsen auf der Brache am Großen Garten wilde Bäume und Büsche. Allerdings soll das 2,7 Hektar große Areal an der Kreuzung von Lennéplatz und Gellertstraße bebaut werden – mit 400 Wohnungen. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Stadt einen Bebauungsplan dafür vorgestellt. Damals gab es Streit darüber, wie die Bäume erhalten bleiben können. Stadtplaner und Umweltamt konnten sich auf die Rettung einer Winterlinde an der Gellertstraße und einiger Ahornbäume einigen.

Damit ist die Diskussion um die künftige Bebauung des Grundstückes aber noch nicht beendet. Denn massive Kritik bekommen die Stadtplaner auch von den Denkmalschützern, die sich vor allem an dem Hochhaus stören, das an der Ecke entstehen soll. Neben fünf Gebäuden mit maximal sieben Geschossen ist ein Haus mit 15 Geschossen vorgesehen. Ursprünglich war ein einheitliches Gebäude geplant, das wurde aber als zu massiv kritisiert. Also besserten die Stadtplaner nach: Nun ist das Gebäude geteilt. Der südliche Part darf maximal sieben Geschosse hoch sein, im nördlichen Teil direkt an der Kreuzung sind weiterhin 15 Geschosse möglich. Durch die Abstufung soll das Haus aus Sicht der Parkanlagen schmaler erscheinen.

Entscheidung im Juni

Doch auch diese Variante kommt nicht gut an: Die Altstädter Ortsbeiräte versagten ihr kürzlich die Zustimmung. Wohl auch, weil Linke-Stadtrat Tilo Wirtz zur Sitzung gekommen war, um seine Bedenken in Bezug auf das Hochhaus deutlich zu machen. Es gebe derzeit noch an zwei weiteren Stellen Pläne für Hochhäuser – deshalb sollte gut überlegt werden, ob diese Entwicklung für die Stadt wirklich gewünscht sei. „Wir wollen uns später von den Dresdnern nicht vorwerfen lassen, dass wir dieses Hochhaus am Lennéplatz zugelassen haben“, sagte Wirtz in der Ortsbeiratssitzung. In der letzten Stadtratssitzung fragte er bei Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) direkt nach, warum es zu keiner Einigung mit dem Landesamt für Denkmalpflege gekommen sei – trotz der vorgenommenen Änderung. Schmidt-Lamontain erklärte, dass das Landesamt vorgeschlagen hatte, das Hochhaus an der südlichen Grenze des Areals zu errichten. Dafür wäre aber eine komplette Neuplanung nötig. Der Wert der Denkmalanlagen – Großer Garten und Bürgerwiese – sei unbestritten, aber eine lockere Villenbebauung im Sinne von Gartenbaumeister Lenné, wie es sie an dieser Stelle früher einmal gab, sei nicht möglich. Das liege vor allem an den großen Straßen, die um das Grundstück entstanden sind, denn sie bringen viel Lärm für die künftigen Bewohner. Mit der Blockbebauung sei eine eigenständige städtebauliche Lösung gefunden worden, erklärte Schmidt-Lamontain weiter.

Das betreffe auch das Hochhaus, das bewusst als freistehendes Gebäude an dieser Ecke geplant wurde – nun mit einer schlankeren Silhouette zum Park hin. Schmidt-Lamontain weist auch darauf hin, dass dem Grundstückseigentümer durch das Einkürzen des Hochhauses 8 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche verloren gehen. Dennoch: Tilo Wirtz hält an seinen Bedenken fest. Das Hochhaus sehe nun aus, als ob man eine Ecke herausgebrochen hätte. Am vergangenen Mittwoch hat sich der Bauausschuss, in dem auch Wirtz sitzt, mit der Causa Hochhaus befasst. Dabei wurde allerdings deutlich, dass offensichtlich nur die Linken ein Problem mit dem Projekt haben: Bis auf Wirtz haben die Stadträte aller anderen Fraktionen dem Plan zugestimmt. Am 7. Juni entscheidet der Dresdner Stadtrat endgültig.

Schon bald könnten die Bauarbeiten an einem anderen neuen Hochhaus beginnen. Am Straßburger Platz neben dem Einkaufszentrum SP 1 hatte das Unternehmen Immobilienwert Sachsen zwei miteinander verbundene Zehngeschosser geplant. Die Gestaltungskommission wünschte sich damals ein richtiges Hochhaus – nun wird ein 36 Meter hoher Vierzehngeschosser gebaut. Architekt Hardy Wolf teilte auf SZ-Anfrage mit, dass das Projekt mittlerweile genehmigt sei, aber an ein Leipziger Unternehmen verkauft wurde.

Derzeit gibt es in Dresden etwa 350 Gebäude, die höher als 22 Meter sind und nach Sächsischer Bauordnung als Hochhaus bezeichnet werden. Rund 230 dieser Gebäude haben zehn, 33 sogar 17 Geschosse – so wie die beiden Studentenwohnheime direkt am Lennéplatz. Eine Maximalhöhe ist für Dresdner Gebäude übrigens nicht festgelegt. Allerdings sei über jedes Bauvorhaben in seinem konkreten Umfeld im Einzelfall zu entscheiden, teilt der Geschäftsbereich Stadtentwicklung mit. Bebauungspläne enthalten Festsetzungen zur zulässigen Anzahl von Geschossen und Gebäudehöhen. „Bei einem Hochhaus ist entscheidend, dass die ausbalancierte Stadtsilhouette Dresdens nicht gestört wird.“