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Wenn die Stereoanlage nur rauscht

Tausende Haushalte wechseln aktuell zum digitalen Fernsehen und Radio. Das sorgt für Fragen und einen Engpass im Handel.

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© Steffen Unger

Von Tilo Berger

Bautzen. Auf dem Faltblatt, das Isolde Schmidt im Sommer zwischen Briefen und Werbung im Briefkasten fand, las sich das alles ganz einfach: Fernsehen und Radio werden auf digitalen Empfang umgestellt, für die Kunden wird alles besser. Das Ganze werde nachts passieren. Als Isolde Schmidt am Morgen danach ihren Fernseher einschaltete, sah sie Sender, die sie nicht kannte. Sie schaltete mit der Fernbedienung auf die ihr vertrauten Sendernummern – aber es war alles anders. Und die Stereoanlage, die sie sich doch erst vor drei Jahren gekauft hatte, gab nur noch ein Rauschen von sich.

So wie Isolde Schmidt geht es Tausenden Haushalten. Ein Gesetz verpflichtet alle Betreiber von Kabelnetzen in Sachsen, bis Ende 2018 von analoger auf digitale Fernseh- und Radioversorgung umzustellen. Die SZ erklärt, was das heißt.

Welche Empfangsgeräte werden umgestellt?
Die Umschaltung von analog auf digital betrifft alle Fernseher und Musikanlagen, die ihr Signal über eine Kabeldose empfangen. Auch Fernsehgeräte, die bereits digitale Programme empfangen, werden mit neuen Sendeplätzen gefüttert. Für die Umstellung müssen die Kunden nichts tun, die Geräte müssen aber in der betreffenden Nacht am Stromnetz und Empfangskabel bleiben. Von der Umstellung nicht betroffen sind Satellitenanlagen, Koffer- und Autoradios. Wer seine Radiosender bisher mit einer Stabantenne am Gerät oder Auto hört, kann das auch weiterhin tun. Die UKW-Frequenzen bleiben – gelegentliche Nebengeräusche beim Empfang aber auch.

Wie viele Haushalte werden umgestellt, und wann geschieht das?
Laut dem Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten hat für rund 93 Prozent aller Haushalte in Deutschland das digitale Empfangszeitalter bereits begonnen. Tele Columbus hat im September in Bautzen und Kamenz auf digital umgestellt, berichtet Unternehmenssprecher Mario Gongolsky. Die Vodafone-Tochter Kabel Deutschland hat nach Angaben von Sprecherin Heike Koring den Schalter für Kamenz und Radeberg im August umgelegt. In Bautzen geschieht das am 6. Dezember. Wie viele Haushalte das betrifft, verraten die Kabelnetzbetreiber nicht. Henrik Truhel, Geschäftsführer des gleichnamigen Elektronik-Marktes auf der Bautzener Karl-Marx-Straße, kennt zwei Zahlen aus der Kreisstadt. Demnach hat Tele Columbus rund 5 000 Haushalte umgestellt, Kabel Deutschland wird für etwa 7 000 Bautzener Haushalte den Schalter umlegen.

Was ist nach der Umstellung zu erledigen?
Am Fernseher muss der Sendersuchlauf neu gestartet werden, sofern das Gerät dies nicht schon automatisch tut. Danach können die Programme neu sortiert werden, beispielsweise ARD auf Sendeplatz eins, ZDF auf Sendeplatz zwei und so weiter – je nach persönlichem Wunsch. „Alte Fernsehgeräte ohne ein digitales Empfangteil werden aber gar kein Programm mehr zeigen“, erklärt Henrik Truhel. Diese Fernseher brauchen zwingend einen sogenannten Kabelreceiver. Wer in seiner Stereoanlage nach der Umstellung auf digitalen Empfang nur noch ein Rauschen hört, hat drei Möglichkeiten. Entweder, er kauft einen Receiver für Digitalradio. Oder er steckt in die Buchse für das Antennenkabel – meist an der Rückseite des Geräts – eine Wurfantenne. Damit lassen sich auf den gewohnten Frequenzen weiter die UKW-Sender empfangen. Oder er nutzt, zum Radio hören, einfach den Fernseher. Die Radioprogramme tauchen beim Sendersuchlauf im Fernseher mit auf. Auf dem Bildschirm steht dann entweder nur das Wort „Radio“ oder eine Art Testbild des Senders. So füllt sich beim MDR-Sachsenradio der Bildschirm grün, angezeigt werden die aktuelle Uhrzeit, der gerade laufende Musiktitel und die vorher gespielten fünf Titel.

Welche Probleme sind mit der Umstellung verbunden?
Der Handel kommt derzeit nicht hinterher, ausreichend Kabelreceiver zu liefern. „Die Lager sind leer“, berichtet Henrik Truhel. „Wir hoffen auf Nachschub bis zur Umstellung bei Kabel Deutschland.“ Außerdem kommen vor allem ältere Menschen mit der Sender-Neuprogrammierung nicht klar und brauchen Hilfe. „Wir sind seit der Umstellung bei Tele Columbus mit der gesamten verfügbaren Mannschaft zu Hausbesuchen unterwegs“, sagt Truhel. Dabei arbeitet sein Unternehmen mit der Bautzener Firma Comtec zusammen. Die Kabelnetzbetreiber selbst berichten von einer „überschaubaren Zahl“ von Anfragen.