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Wenn die Bohne zweimal knackt

Dann wird es ein Espresso, wissen die Betreiber von Radebeuls einziger Kaffeerösterei.

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© Norbert Millauer

Von Beate Erler

Radebeul. Kleine graue Robusta-Bohnen rieseln aus einem Blechbottich in den Trichter. Weiter geht es direkt in die Trommel der feuerwehrroten Röstmaschine. Genau hier passiert der Unterschied: „Unsere Bohnen rösten circa 20 Minuten bei 200 Grad“, sagt Alexander Krebs. Er und seine Frau Doreen Gäbisch betreiben Radebeuls einzige Kaffeerösterei. Sie heißt „Le Tub“.

Beim industriell hergestellten Kaffee mit Heißluftröstung geht alles viel schneller: „Der Kaffee wird nur um die drei Minuten geröstet und das bei oft über 600 Grad“, sagt Alexander Krebs. Das sei in etwa so, wie wenn man einen Kuchen statt für eine Stunde nur zehn Minuten, aber bei extrem hoher Temperatur backen lässt, meint der Radebeuler Röster. Die Supermarktkaffees seien deshalb günstiger, ihr Geschmack aber meist flach.

Deshalb hat er vor seiner Zeit als Rösterei-Inhaber auch nie Kaffee getrunken. Bei seinen Eltern gab es zum wach werden schwarzen Tee. Erst als er in seiner Lehre zum Maschinenbaumonteur nach Italien und Spanien reiste, kam er auf den Kaffeegeschmack. „Der hat dort ganz anders geschmeckt als hier“, sagt der 44-Jährige. Das war vor über 20 Jahren und lange vor dem Kaffeehype in Deutschland. Zurück in der Heimat war es deshalb schwierig an Espresso oder Cappuccino zu kommen. So langsam reifte in Alexander Krebs die Lust heran, so guten Kaffee auch hier anzubieten.

Seit 2012 machen er und seine Freundin das hauptberuflich auf zweierlei Weise. Da gibt es zum einen den hellblauen Citroen-Bus, mit dem sie an drei Tagen auf Wochenmärkten in Dresden stehen. Zum anderen ist da die Rösterei an der Meißner Straße direkt an der Stadtgrenze zu Dresden. Hier kann der Besucher nachvollziehen, was mit dem Kaffee passiert bevor er schlussendlich in den hellbraunen Papiertüten mit hauseigenen Stempeln landet.

Da liegen 60 Kilogramm schwere Säcke mit Rohkaffee aus Lampocoy in Guatemala. Dahinter stehen Bottiche, in denen die Bohnen lagern, die Röstmaschine, eine alte goldene Mahlmaschine und schließlich eine Espressobar. „Wir sind kein Café, aber wenn die Kunden unsere Sorten probieren wollen, können wir sie hier frisch zubereiten“, sagt der gebürtige Radebeuler.

Bereits ein entfernter Verwandter von ihm hat in den 1930er-Jahren in Radebeul Kaffee verarbeitet. Das war im Teehaus, wo damals auch Kaffeeersatz hergestellt wurde. Alexander Krebs ist in Radebeul aufgewachsen und seine gesamte Familie lebt hier. Über Kaffee kann er viel erzählen, obwohl er als gelernter Maschinenbauer Quereinsteiger ist. Zum Beispiel, dass die Crema, die auf einen guten Espresso gehört, aus der Not entstanden ist. Die Arabica-Bohne war auch im Italien der 1920er-Jahre eine edle und teure Sorte. So mischte man sie mit der kräftigen und günstigeren Robusta. Die Crema war geboren.

Die beiden trinken auch privat gern Kaffee, aber nur noch ihren eigenen, den sie auch in der Rösterei verkaufen. Früh, wenn es schnell gehen muss, kommt das Pulver in die Tasse und wird mit Wasser aufgegossen. An den Wochenenden darf er in der Presskanne lange vor sich hinziehen. Der Spitzenreiter war zu Beginn der „Lampocoy Grand Cru“ aus Guatemala und der hat eine besondere Geschichte. „Wir wollten natürlich qualitativ hochwertigen, aber auch fair gehandelten Kaffee beziehen“, sagt Krebs. Relativ schnell sind sie dann auf den Kaffee aus Lampocoy gestoßen, den der deutsche Umweltfilmer Dethlev Cordts in einem besonderen Projekt anbauen lässt. Der Fernsehautor hat vor allem Dokumentationen über Umweltthemen gedreht und im Jahr 2011 das nachhaltige Kaffeeprojekt mit aufgebaut. „In meinem Beruf bin ich viel rumgekommen und habe viel Armut gesehen“, sagt Cordts. Derzeit leben 82 Kleinbauern und ihre Familien von dem Kaffee, der jetzt auch in Radebeul verkauft wird.

Im Juni sind 80 Prozent der diesjährigen Ernte aus Lampocoy in Hamburg angekommen, an der die Kleinbauern in diesem Jahr 23 Prozent mehr Geld verdienen als auf dem Weltmarkt, so Cordts. Pro Kilogramm verkauften Kaffee bekommen sie 3, 40 Euro. Die Bohnen gelangen von den Bauern über den Umweltfilmer direkt nach Europa. Es gibt keine Zwischenhändler, die mitverdienen wollen.

In der kleinen Rösterei muss man dafür etwas tiefer in die Tasche greifen. 500 Gramm vom Lampocoy Grand Cru kosten 15 Euro. Trotzdem haben sie keine Absatzschwierigkeiten. „Wir haben nach einem Jahr in Radebeul schon einige Stammkunden, die unsere Kaffees zu schätzen wissen“, sagt Alexander Krebs. Momentan verkaufen sie noch zwei weitere Sorten aus Afrika und Indien.