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Weltmarktführer, aber kaum bekannt

Bei B. Braun Avitum in Radeberg arbeiten mehr als 600 Menschen. Die Firma hat nur ein Problem.

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© Thorsten Eckert

Von Thomas Drendel

Radeberg. Eins möchte Patric Karpowitz dringend ändern. „B. Braun Avitum Saxonia ist einer der größten Arbeitgeber in Radeberg. Mehr als 600 Menschen beschäftigen wir hier. Wir gehören zur B. Braun Melsungen AG mit einem Jahresumsatz von sieben Milliarden Euro und nur wenige Menschen kennen uns. Haribo hat einen Umsatz von vier Milliarden Euro und die kennt jedes Kind“, sagt Karpowitz. Er ist neben Anton Deißer Geschäftsführer der Radeberger Medizintechnikunternehmen B. Braun Avitum Saxonia. Er sagt das nicht, um den Verkauf der B. Braun-Produkte anzukurbeln, die laufen quasi von selbst. Nein, er sagt das wegen des Wettbewerbes um neue Mitarbeiter. „Es ist von Vorteil, wenn Absolventen wissen, dass wir ein guter Arbeitgeber sind und um unsere Stärke kennen“, sagt er. Einen kleinen Betrag, um B. Braun bekannter zu machen, hat die Firma vor wenigen Tagen geleistet. Sie lud aus Anlass der „Langen Nacht der Industrie“ zu Rundgängen durch die Firma an der Radeberger Juri-Gagarin-Straße ein. In einem aufwendigen Verfahren werden hier unter anderem Dialysatoren hergestellt. Das sind gewissermaßen die Herzstücke von Dialyseapparaten. In den Dialysatoren werden dem Blut Schadstoffe entzogen. Eine Funktion, die die Nieren der Patienten nicht mehr vollständig erfüllen können. In den Dialysatoren sind zigtausende feine Kapillare zu einem Bündel zusammengefasst. Die „Löcher“ in ihren Wänden sind so klein, dass gerade die Schadstoffe durchpassen, nicht aber die Blutkörperchen. Ein B. Braun-Mitarbeiter beschrieb sie als poröse Makkaroni. Die Teilnehmer erfuhren alles über den komplizierten Herstellungsprozess der Kapillaren, die „Montage“ und schließlich die Qualitätskontrolle in einem Labor. Über den Absatz der Dialysatoren muss sich das Unternehmen keine Sorgen machen. Die Firma gehört zu den Weltmarktführern. 95 Prozent gehen ins Ausland, in mehr als einhundert Länder. Der größte Wachstumsmarkt ist dabei China.

In einem speziellen Labor werden die Dialysatoren von B.Braun in Radeberg geprüft.
In einem speziellen Labor werden die Dialysatoren von B.Braun in Radeberg geprüft. © Thorsten Eckert

Mit den Dialyseapparaten wird allein in Deutschland 100 000 Patienten geholfen. Weltweit sind es fast drei Millionen Menschen auf Dialyse angewiesen. Ihre Zahl nimmt um sechs bis sieben Prozent im Jahr zu. Jeder Dialysepatient benötigt rund 150 Dialysatoren im Jahr. Die große Nachfrage schlägt sich auch bei B. Braun Avitum Saxonia nieder. Hier ist die Zahl der Mitarbeiter an den Standorten Berggießhübel, Obernburg, Wilsdruff und Radeberg auf 900 gewachsen. Radeberg ist dabei nahezu konstant geblieben, die Zuwächse erfolgten in Obernburg und im neuen Werk in Wilsdruff. 2004 gab es in Radeberg zwei Fertigungsanlagen, heute sind es fünf. Gearbeitet wird in Radeberg 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Mittlerweile sind in den Entwicklungslaboren in Radeberg und Berggießhübel 48 Mitarbeiter beschäftigt. Sie kümmern sich unter anderem um die Weiterentwicklung der Leistungsfähigkeit des Dialyseverfahrens. Die Herstellung künstlicher Nieren begann 1979 an der Gagarinstraße. Das Werk ist allerdings schon älter. Seit 1920 wurden dort unter dem Firmennamen Keradenta künstliche Zähne produziert. Seit 2004 sind die Radeberger als B. Braun Avitum Saxonia GmbH Teil von B. Braun.

Wie recht Patric Karpowitz mit seiner Aussage zur Bekanntheit des Unternehmens hat, zeigte sich zum Abschluss des Rundgangs. Einer der Teilnehmer sagte: Alles habe ihm sehr gefallen, nur sei er ursprünglich nach Radeberg gefahren, um etwas über die Herstellung von Rasierapparaten und Haarfönen der Firma Braun zu erfahren. „Jetzt habe ich viel über Dialyse gelernt. Das ist sogar noch besser.“