Christoph Springer
Dresden. Manche lächeln, andere blicken eher grimmig drein und wieder andere riskieren eine dicke Lippe: Straßenbahnen haben Gesichter. Die Dresdner Hechtstraßenbahn hatte ihren Namen, weil sie schlank wie ein Hecht war. Außerdem erinnerte ihre spitze Front mit der Lampe in der Mitte und der dunklen Stoßstange an einen Hechtkopf. Als 1996 die erste neue Stadtbahn ausgeliefert wurde, war von einem Delfin-Gesicht die Rede. Die dunkle breite Stoßstange und die große Frontscheibe erinnern an das Maul und die hohe Stirn der freundlich aussehenden Meeressäuger.
Frank Müller-Eberstein, der bis 2005 Technischer Vorstand der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) war, erinnert sich noch genau an die Design-Diskussionen vor dem Kauf der ersten neuen Stadtbahnen. „Wir hatten drei Dresdner Designer, die uns intensiv geholfen haben“, beschreibt er die Überlegungen, an denen er damals maßgeblich beteiligt war. „Die ersten Bahnen waren etwas konservativer“, ordnet er die kastenförmigen Züge aus den 90ern ein. „Bei der zweiten Generation haben wir sehr intensiv versucht, ein Gesicht zu bekommen, das netter aussah.“ Heute ist der Ex-DVB-Vorstand überzeugt: „Die Eleganz kam erst mit der zweiten Stadtbahngeneration.“
Die Gesichter der Bahnen
Die Diskussion über die nächsten, breiteren Straßenbahnen verfolgt er sehr genau. „Man kann etwas ganz Neues machen, aber das darf nicht schlechter sein als das Bekannte“, meint Müller-Eberstein. „Der Familiengedanke sollte erhalten bleiben.“ Aus seiner Sicht muss die nächste Straßenbahngeneration den seit nunmehr 21 Jahren in Dresden fahrenden Stadtbahnen ähneln. „Vielleicht bekommt man etwas in Anlehnung an diese Bahnen hin, ein wenig unterschiedlich in der Optik, aber auch nicht vollständig anders.“ Auf jeden Fall sollte – anders bei aufeinanderfolgenden Autogenerationen – keinesfalls der Eindruck entstehen, dass die aktuellen Stadtbahnen dann alt aussehen im Vergleich zu den neuen, breiteren Straßenbahnen. „Das muss wie aus einem Guss sein.“ Straßenbahnen seinen schließlich prägend für das Stadtbild, so Müller-Eberstein.
Ob die neuen Dresdner Bahnen lächeln oder eher streng blicken sollen, müssen die Firmen überlegen, die sich um ihren Bau bewerben. Das sind voraussichtlich alle Unternehmen, die in Europa mit Produktionsstätten vertreten sind: Der französische Alstom-Konzern, Vossloh-Kiepe, Siemens und Heiterblick aus Deutschland, Skoda aus Tschechien, Stadler aus der Schweiz und Solaris aus Polen gehören in diese Reihe. Und der kanadische Bombardier-Konzern, aus dessen Bautzner Werk die aktuellen Stadtbahnen stammen.