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Weihnachtsgänse schwitzen

Ihre Probleme sind eigentlich ganz menschlich: Den Tieren setzt die Hitze mächtig zu.

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© Kristin Richter

Von Catharina Karlshaus

Landkreis Meißen. Mittags halb zwölf in Großdobritz: Auf dem Hof der Agrargenossenschaft rührt sich kein Hälmchen. Die Augustsonne brennt vom wolkenlosen Himmel, die mittlerweile auf 32,6 Grad angestiegene Luft kriecht in jeden schattigen Winkel. Südländische Verhältnisse, vor denen es kein Entrinnen gibt. „Ich kann mich wirklich nicht erinnern, dass wir über Wochen hinweg mal solche Temperaturen hatten“, sagt Georg Händler und schüttelt den Kopf.

Der Sohn von Fausta und Jörg Händler, welcher als zweiter Geschäftsführer den Eltern mittlerweile tatkräftig unter die Arme greift, hat selbst Agrarwirtschaft studiert. Mit kritischem Blick beobachtet der 29-Jährige die diesjährigen Wetterkapriolen. Langanhaltende Trockenheit und hohe Temperaturen, die nicht nur für knappes Futter jetzt und erst recht im Winter sorgen würden. Nein, die ungewöhnliche Hitze mache auch den Tieren – auf insgesamt 650 Hektar tummeln sich neben Schweinen auch Rinder, Damwild und Federvieh – mächtig zu schaffen.

Gerade momentan sei es wichtig, auf alle ein wachsames Auge zu werfen. Der Wasserbedarf, so weiß Mitarbeiter Michael Milowsky, wäre gegenwärtig enorm. Kein Wunder auch. Schließlich würden die tierischen Vier- und Zweibeiner ebenso wie die Menschen mehr Durst entwickeln. Deshalb sorge der 49-Jährige nach eigenem Bekunden auch dafür, dass immer ausreichend Flüssigkeit auf den Weiden und Grasflächen zur Verfügung stehe.

Besonders seine mittlerweile gefiederten Schützlinge bedürfen angesichts der Hitze einer größeren Fürsorge. In seiner Eigenschaft als Gänsejunge von Großdobritz achtet Michael Milowsky dieser Tage vor allem darauf, dass die muntere Schaar Schattenplätze aufsuchen kann. Gut 210 Gänse tummeln sich seit Ende Juli auf einem eingegrenzten Areal. Unter Obstbäumen suchen sie ebenso Zuflucht wie im Inneren einer Scheune. Beinah auf Kommando setzt sich die schnatternde Gemeinschaft in Bewegung und verschwindet im Inneren des Hauses. „Die Tiere brauchen unbedingt diesen Rückzugsort! Bis jetzt hat noch keine von ihnen Schaden genommen und das soll auch so bleiben“, erklärt Michael Milowsky. Leider seien die Wiesen nahezu gelb und verbrannt. Deshalb müsste mit Grün zugefüttert werden.

Wie in all den anderen Jahren haben Händlers die Gössel wieder von Annette Heinrich gekauft. Die Blochwitzerin beliefert zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe mit den begehrten Gänsejungtieren. Zur Welt gekommen in den jeweiligen Brütereien Wermsdorf, Bad Muskau oder Schwerin, mussten die Vögel spätestens in der zweiten Juniwoche geordert werden. Wer sich bis dahin nicht entschieden hat, wird keine Chance mehr haben. Nun, die Großdobritzer – seit zwölf Jahren mit ihrer Wild- und Hausschlachterei nebst unmittelbarem Verkauf erfolgreich etabliert – haben offensichtlich rechtzeitig zugegriffen. Aus den kleinen gelben Federbällchen sind nunmehr propere Junggänse geworden.

Bevor sie mit einer Bestellnummer als potenzieller Weihnachtsbraten über die Verkaufstheke gehen werden, dauert es indes. Sie müssen ebenso noch wachsen wie die 900 Gänse, welche seit Freitag im Hofgut Kaltenbach in Welxande beheimatet sind. Der Unterschied zu ihren Artgenossen in Großdobritz: Das prächtig weiße Federkleid ist ihnen noch nicht gewachsen. Die erst drei Wochen alten Tiere sind mit einem zart gelben Flaum bedeckt. Einer, der nicht der heißen Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden darf. „Die kleinen Gänslein können auch Sonnenbrand bekommen und deshalb setzen wir sie dieser zurzeit gar nicht aus“, erklärt Andre Noack. Laut dem Profi in Sachen Haltung von Damwild, Wildschweinen, Perlhühnern, Enten, Hähnchen sowie Rindern, könnten es sich die Tiere jetzt im Stall auf frischem Stroh bequem machen. Erst später, wenn sie ein schützendes Federkleid tragen, könnten sie die Wiese erobern.