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Wegweiser in Sachen Integration

Über 1,5 Millionen Euro gibt der Kreis für die Eingliederung der Flüchtlinge aus. Für zwei Männer bleibt etwas ungewiss.

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© André Braun

Von Maria Fricke

Döbeln. Sie sind einer der Bausteine für die Integration der Flüchtlinge, die es vor allem seit 2015 in die Region Döbeln verschlagen hat: Maik Klose und Benedikt Pfohl. Seit Mai dieses Jahres sind sie zusammen als Integrationskoord-inatoren im Altkreis im Einsatz. Pfohl hat im Februar seinen Dienst aufgenommen, Klose kam im Mai dazu. Die letzte von acht Stellen kreisweit ist im September besetzt worden, informiert Dieter Steinert, Leiter der Stabstelle Asyl im Landratsamt Mittelsachsen. Doch was machen die beiden eigentlich?

„Wir sind zu drei Viertel Vermittler“, sagt Benedikt Pfohl. Der Chemnitzer und sein Kollege haben den Überblick darüber, welche Hilfen es für die Flüchtlinge im Altkreis gibt. An welche Anlaufstellen diese sich wenden müssen, wenn sie Probleme haben. Sie vermitteln die Frauen und Männern an Paten, an Vereine, aber auch an Wohnungsgesellschaften oder Behörden. Sie machen bekannt, was der Kreis und andere Ämter und Institutionen für die Flüchtlinge in die Wege geleitet haben, wie zum Beispiel die WelcomeApp für das Mobiltelefon, den Gemeindedolmetscherdienst und die Servicestelle für Sprach- und Integrationsmittler des Vereines Be-Greifen aus Klosterbuch. Zugleich sollten sie Ansprechpartner für die Kommunen sein. Doch: Der Bedarf von diesen sei nur gering gewesen, so Pfohl. „Das zeigt aber auch, dass es da gut und ruhig läuft“, meint er.

Hilfe für Flüchtlinge mit Traumata

Regelmäßig kommen neue Angebote für die Flüchtlinge hinzu. So zum Beispiel am heutigen Dienstag eine psychotherapeutische Betreuung für Menschen mit Fluchterfahrungen durch den Leipziger Verein Mosaik, informiert Pfohl. „Mobile Teams mit Psychologen und Sozialpädagogen werden vor Ort sein und sich Zeit für ein Gespräch mit den Betroffenen nehmen“, erklärt der 32-Jährige das Angebot.

„Das Beratungsangebot des Projektes dient zur seelischen Entlastung, Informationsvermittlung und allgemeinen Stärkung und umfasst Einzelgespräche, psychologische Untersuchungen sowie verschiedene Gruppenangebote und offene Gesprächsgruppen für erwachsene Männer und Frauen mit Migrations- und Fluchthintergrund“, informiert der studierte Politikwissenschaftler. Medikamente oder Rezepte erhielten die Flüchtlinge in den Sitzungen nicht, betont Pfohl. Ziel des Angebotes sei es, denjenigen zu helfen, die aufgrund von traumatischen Erfahrungen bei der Flucht oder in ihrer Heimat beispielsweise an Schlafproblemen leiden und dadurch in den Integrationskursen nicht folgen können.

Doch gerade diese Kurse sind für die Flüchtlinge wichtig. „Die Sprache ist der Dreh- und Angelpunkt“, sagt Maik Klose, der sich vor allem um das Döbelner Umland kümmert. „Die Bereitschaft, Deutsch zu lernen, ist da. Aber das Problem ist, dass nicht alle ihre Kurse bezahlt bekommen“, ergänzt Kollege Pfohl, Hauptansprechpartner für die Stadt Döbeln. Die Integrationskoordinatoren werden von den Anbietern der Kurse, unter anderem der Volkshochschule Döbeln, über neue Termine informiert und tragen dieses Wissen beispielsweise in die Gemeinschaftsunterkunft sowie die Treffpunkte der Flüchtlinge weiter. „Etwa 70 Prozent der Absolventen bestehen den Kurs auch“, sagt Pfohl.

Derzeit bestehe noch Bedarf an Kursen mit dem Abschluss B2, der auf dem Abschluss B1 aufbaut. „Diese laufen 2018 in Döbeln an“, sagt Pfohl. Der erste Kurs startet am 28. Januar, wenn sich genügend Teilnehmer finden. Notwendig sei das Angebot, weil kleinere Betriebe, die durchaus bereit seien, mit den Flüchtlingen zu arbeiten, sich aber keinen zusätzlichen Deutschunterricht für die ausländischen Mitarbeiter leisten könnten, erklärt Pfohl. Der sei jedoch über den B1-Abschluss hinaus noch wichtig für viele, um auch den Berufsschulabschluss zu schaffen.

Weitere Sprachkurse geplant

Für Pfohl und seine Kollegen hat sich der Schwerpunkt der Arbeit verlagert. Nicht mehr Fragen des Asyls stehen im Vordergrund, sondern Probleme des täglichen Lebens: Handyverträge, Kitaplätze, Arbeits- und Wohnungssuche. Bei den Paten vor Ort, die mit den Flüchtlingen direkt zusammenarbeiten, haben sich vor allem der Verein Treibhaus, die Diakonie sowie die Kirchgemeinden Döbeln und Hartha als feste Größen in der Region etabliert. Viele kleinere Patenschaften seien dafür jedoch weggefallen, so Pfohl.

Als Integrationskoordinator sei er mittlerweile in der Region angekommen und anerkannt. Auch sein Kollege Maik Klose ist inzwischen in den Job hereingewachsen. Neben den umliegenden Ortschaften betreut er auch die schwerbehinderten Flüchtlinge im Kreis. Aktuell sind dies 20 Personen vom Schüler bis zum Greis, im Raum Döbeln betreut der 44-jährige Oldenburger drei Betroffene. „Ich begleite die Personen direkt in ihrem Leben, schaue, welche Möglichkeiten es für sie gibt, sich in Schule, Beruf und Freizeit zu integrieren“, sagt der Sozialwissenschaftler, Verwaltungsrechtler und Hotelbetriebswirt.

Eine Schwierigkeit, mit der sich auch die Integrationskoordinatoren bei ihrer Arbeit auseinandersetzen müssen, ist die Ungewissheit. „Der rechtliche Status vieler, die hier leben, ist unklar“, fasst Pfohl zusammen. Diejenigen, die eine Duldung haben, seien frustriert, weil für sie keine Maßnahmen vorgesehen sind. Ungewiss ist auch die Zukunft von Pfohl und Klose. Ihre Stellen sind projektfinanziert.

Für das kommende Jahr ist das Geld von Bund und Land für die Integrationskoordinatoren gesichert. Rund 650 000 Euro stehen an Fördermitteln aus der Richtlinie Integrative Maßnahmen zur Verfügung. Finanziert werden damit die acht Integrationskoordinatoren, der Dolmetscherdienst sowie eine Koordinationskraft Integration. Weitere 870 000 Euro fließen in die soziale Betreuung der Flüchtlinge durch Sozialarbeiter und die freiwillige Rückkehrberatung.

Hinzukommt das Geld für zwei Bildungskoordinatoren. „Die Integration im Landkreis ist so aufgebaut, dass wir zufrieden sein können“, zieht Dieter Steinert Bilanz. Er ist optimistisch, dass in Mittelsachsen eine gute Integration gelingen kann. Obwohl diese keine Pflichtaufgabe des Kreises ist.

Pfohl und Klose gehen davon aus, dass sie auch 2019 noch im Dienst sein werden.

Aber wie geht es dann für die beiden weiter? Ziel ihrer Arbeit jetzt sei es auch, ein Netzwerk aufzubauen, das sich später selbst trage. Die Ungewissheit macht den Männern nichts aus. In ihren Branchen, beide sind studierte Wissenschaftler, sei es üblich, nur befristete Verträge zu bekommen. „Zeitverträge sind heute normal“, sagt Maik Klose. Pfohl beruft sich auf seine bisher gesammelten Erfahrungen und ist optimistisch, dass es auch nach 2019 für ihn noch einen Job geben wird.