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Wie der Kasper zu seinem Lächeln kam

Der Hohnsteiner Puppenspieler Max Jacob prägte das Handpuppenspiel, wie wir es heute kennen. Eine Ausstellung geht dem nach.

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© Dirk Zschiedrich

Von Dirk Schulze

Hohnstein. Der Kasper war ursprünglich gar kein lustiger Gesell, eher ein gemeiner Kerl, fast ein bisschen böse. Und, was oft nur Kenner wissen: Das Puppenspiel war jahrhundertelang eine reine Erwachsenen-Angelegenheit, ein Jahrmarkt-Spektakel, bei dem es durchaus derbe zuging. Der Kasper trug eine hölzerne Patsche in der Hand, die er zum Schlagen einsetzte. Bei einem klassischen Finale waren am Ende des Stücks alle anderen Figuren tot.

Tri-Tra-Trallala – die Welt des Hohnsteiner Puppen

Vom Klotz zum Kopf: Ein echter Hohnsteiner Kasper entsteht bis heute in Handarbeit, geschnitzt aus Holz.Dirk Zschiedrich
Vom Klotz zum Kopf: Ein echter Hohnsteiner Kasper entsteht bis heute in Handarbeit, geschnitzt aus Holz.Dirk Zschiedrich
Der Teufel, das Krokodil und Max Jacobs Schreibmaschine. Der Puppenspieler schrieb die Stücke selbst.- keine angabe im hugo-archivsys
Der Teufel, das Krokodil und Max Jacobs Schreibmaschine. Der Puppenspieler schrieb die Stücke selbst.- keine angabe im hugo-archivsys
Für jedes Stück entwarfen die Hohnsteiner Figuren. Schnitzer und Kostümbildner gehörten zum Ensemble.Dirk Zschiedrich
Für jedes Stück entwarfen die Hohnsteiner Figuren. Schnitzer und Kostümbildner gehörten zum Ensemble.Dirk Zschiedrich

Diese Brutalität hat Max Jacob abgelehnt. Der 1888 geborene Puppenspieler, der später mit seinen Hohnsteinern bekannt wurde, wollte einen neuen Kasper. Er kreierte die Kasperfigur, wie sie heute jedes Kind kennt: frech, aber liebenswürdig, spitzfindig und mit einem großen Gerechtigkeitssinn. Diese Wandlung im Charakter spiegelt sich auch im Antlitz der Figuren wider. Ältere Kasperköpfe schauen oft grimmig. Doch der Hohnsteiner Kasper – er lächelt.

Max Jacobs Todestag jährt sich in diesem Jahr zum 50. Mal. Das Sebnitzer Kunstblumen- und Heimatmuseum hat aus diesem Anlass eine Sonderschau zu Max Jacob und seinem Leben mit dem Kasper aufgelegt. Der Hohnsteiner Kasper in Sebnitz? Das ist schnell erklärt. Im Sebnitzer Heimatmuseum lagert der gesamte Nachlass von Hohnsteins prominentem Botschafter. Der langjährige Museumschef und Sebnitzer Ehrenbürger Manfred Schober hat ihn hier für die Nachwelt gesichert. Für die jetzige Sonderausstellung holte Museumsleiterin Andrea Bigge eine Auswahl aus dem Depot, darunter Stücke, die auch in der Dauerausstellung in der Hohnsteiner Traditionsstätte noch nicht zu sehen waren.

Gezeigt wird unter anderem Max Jacobs Schreibmaschine. Der gelernte Buchhalter, der durch Zufall zum Puppenspiel kam, erweckte mit Hand und Stimme nicht nur die Puppen zum Leben, sondern verfasste selbst auch Stücke sowie Lehrbücher zur Spieltechnik. Die sind zusammen mit originalen Textblättern von Max Jacob und seiner Frau Marie Jacob ebenfalls zu sehen. Außerdem ein großer Koffer, mit dem die Hohnsteiner Puppenspieler durchs Land getourt sind. Und Puppen: die originalen Figuren, mit denen Max Jacob und seine Kollegen damals spielten. Für jedes Stück wurden spezielle Figuren gefertigt.

Zur Hohnsteiner Kasperfamilie, wie die Truppe um Jacob sich nannte, gehörten neben den Puppenspielern und deren Frauen auch der Holzbildhauer und Puppenschnitzer Theo Eggink und die Kostümbildnerin Elisabeth Grünwaldt. Dem ambitionierten Ensemble gelang es, das Kaspertheater aus dem Umfeld des Jahrmarktes zu lösen und als pädagogisches Mittel und Theaterform zu etablieren. Heute ist Figurentheater ein Studienfach. Max Jacob ließ sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Hamburg nieder. In der alten Bundesrepublik entstanden Fernsehserien und Hörspiel-Platten mit dem Hohnsteiner Kasper, weshalb er im Westen heute eine größere Bekanntheit genießt als im Osten.

Die originalen Puppen werden bis heute in Hohnstein geschnitzt. Einige Rohlinge aus der Werkstatt von Gerhard Berger fanden auch ihren Weg in die Ausstellung.

„Max Jacob und sein Leben mit dem Hohnsteiner Kasper“ – Die Sonderausstellung im Heimatmuseum Sebnitz, Hertigswalder Straße 12, läuft bis zum 31. Dezember.