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Fellbach trinkt auf Meißen

Eine Delegation aus der Partnerstadt gerät beim Gang über das Weinfest ins Schwärmen – und vergleicht mit Zuhause.

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© Claudia Hübschmann

Von Dominique Bielmeier

Meißen. Rosig schimmert der Wein in dem auf Hochglanz polierten Glas, das Günter Geyer in der Hand hält. Der 58-Jährige schwenkt den Rosé kurz, dann nimmt er einen Schluck und schaut seine Begleiter fast ein wenig überrascht an. „Oh, der isch gudd, gell?“

Impressionen vom Radebeuler Herbst- und Weinfest

Romantisch: Mit dem Riesenrad fahren in der „blauen Stunde“.
Romantisch: Mit dem Riesenrad fahren in der „blauen Stunde“.
Kreativer Wegweiser für Livemusik auf dem Anger in Altkötzschenbroda.
Kreativer Wegweiser für Livemusik auf dem Anger in Altkötzschenbroda.
Musik an allen Plätzen zeichnet das Radebeuler Fest aus.
Musik an allen Plätzen zeichnet das Radebeuler Fest aus.
Lynn aus Radebeul spielt auf dem auf dem Anger.
Lynn aus Radebeul spielt auf dem auf dem Anger.
Das Pop-up-Country Labystan von Richard von Gigantikow zog viele Besucher an.
Das Pop-up-Country Labystan von Richard von Gigantikow zog viele Besucher an.
Das Theater Irrwisch aus Österreich tritt beim Radebeuler Weinfest auf.
Das Theater Irrwisch aus Österreich tritt beim Radebeuler Weinfest auf.
Für jeden war etwas dabei auf dem Jahrmarkt an den Elbwiesen.
Für jeden war etwas dabei auf dem Jahrmarkt an den Elbwiesen.
Ein Mitglied des Oplas Teatro aus Italien beim Festumzug zur Eröffnung.
Ein Mitglied des Oplas Teatro aus Italien beim Festumzug zur Eröffnung.
Das Oplas Teatro aus Italien zeigt auf der Elbwiese in bizarren Stelzenfiguren das Stück „Es war einmal ein Schwanensee“.
Das Oplas Teatro aus Italien zeigt auf der Elbwiese in bizarren Stelzenfiguren das Stück „Es war einmal ein Schwanensee“.
Das Theaterkarussell von Georg Traber und The Bombastics aus der Schweiz und Deutschland.
Das Theaterkarussell von Georg Traber und The Bombastics aus der Schweiz und Deutschland.
Begeisterte auch die Kleinen: Der Gaukler Hummel auf dem Mittelaltermarkt.
Begeisterte auch die Kleinen: Der Gaukler Hummel auf dem Mittelaltermarkt.
Nicht ohne meinen Sturzhelm: die OOZ Band aus Frankreich.
Nicht ohne meinen Sturzhelm: die OOZ Band aus Frankreich.
Kunstinstallation Metamorphose von Muriel Cornejo und Cesar Olhagaray aus Chile.
Kunstinstallation Metamorphose von Muriel Cornejo und Cesar Olhagaray aus Chile.

Impressionen vom Meißner Weinfest

Am Stand von Tim Strasser vom Rothen Gut gab es genug saubere Gläser zu füllen.
Am Stand von Tim Strasser vom Rothen Gut gab es genug saubere Gläser zu füllen.
Die Weinbaugemeinschaft Cossebaude Merbitz ritt zum Umzug auf dem Fass.
Die Weinbaugemeinschaft Cossebaude Merbitz ritt zum Umzug auf dem Fass.
Die Band Colour The Sky heizte am Freitagabend im Hof der Roten Schule ein.
Die Band Colour The Sky heizte am Freitagabend im Hof der Roten Schule ein.
Der Blick in die beleuchtete Elbstraße war am Abend besonders romantisch.
Der Blick in die beleuchtete Elbstraße war am Abend besonders romantisch.
Teufelsgeiger DJ Rossi unterhielt die Besucher am Sonnabend am Kleinmarkt.
Teufelsgeiger DJ Rossi unterhielt die Besucher am Sonnabend am Kleinmarkt.
Im Reformationsjahr wurde auch Martin Luther als Weinfreund im Umzug zitiert.
Im Reformationsjahr wurde auch Martin Luther als Weinfreund im Umzug zitiert.
Es brutzelte und duftete drei Tage lang an jeder Ecke des Festes.
Es brutzelte und duftete drei Tage lang an jeder Ecke des Festes.
Der Rummel auf dem Festplatz an der Elbe zog besonders Jugendliche an.
Der Rummel auf dem Festplatz an der Elbe zog besonders Jugendliche an.
Familie Nicolaus genoss das Weinfest im Weingarten am Schlossberg.
Familie Nicolaus genoss das Weinfest im Weingarten am Schlossberg.
Marion Wichert von Meissener Bleikristall gravierte zum Weinfest Gläser.
Marion Wichert von Meissener Bleikristall gravierte zum Weinfest Gläser.
Auch der Bürgermeister der Partnerstadt Arita Takatoshi Yamaguchi hatte viel Spaß.
Auch der Bürgermeister der Partnerstadt Arita Takatoshi Yamaguchi hatte viel Spaß.
Im Restaurant Vinolovio am Theaterplatz wurde besonders ausgelassen gefeiert und getanzt.
Im Restaurant Vinolovio am Theaterplatz wurde besonders ausgelassen gefeiert und getanzt.
Die Tanzkids aus Zadel zeigten hinter der Frauenkirche ihr Können.
Die Tanzkids aus Zadel zeigten hinter der Frauenkirche ihr Können.
Auf dem Heinrichsplatz half Wein beim Überlegen des nächsten Schachzuges.
Auf dem Heinrichsplatz half Wein beim Überlegen des nächsten Schachzuges.

Ein Lob nicht nur für die Winzer von Schloss Proschwitz, die ihren Stand direkt am Markt auf- und den Rosé ausgebaut haben, sondern auch für das Meißner Weinfest selbst, das seine Besucher am Sonnabend mit bestem Spätsommerwetter erfreut. Darunter: eine achtköpfige Delegation aus der Partnerstadt Fellbach in Baden-Württemberg, der „Stadt der Weine und Kongresse“.

Günter Geyer ist ihr Erster Bürgermeister und bereits zum vierten oder fünften Mal beim Meißner Weinfest. Doch dieses Jahr ist besonders: Die beiden Städte feiern das 30. Jubiläum ihrer Partnerschaft. Für Geyer und Harald Rienth, Stadt- und Kreisrat aus Fellbach, heißt das aber erst einmal auf die Sonne verzichten. Die Städtepartnerschaftskonferenz, an der auch Gäste aus Arita, Korfu, Leitmeritz und Vitry-sur-Seine teilnehmen, zieht sich bis zum Mittag. Erst um 13 Uhr verlassen die Politiker den Ratssaal. Das Programm ist straff, um 15 Uhr steht bereist eine Führung im Theater an, zwei Stunden später ein Gottesdienst im Dom.

Doch jetzt ist endlich Zeit für einen privaten Gang über das Fest und Gelegenheit, Eindrücke zu sammeln – und vielleicht sogar ein paar Ideen mit nach Hause zu nehmen. In Fellbach findet das Weinfest, der „Fellbacher Herbst“, genau eine Woche später statt. Beim Proschwitzer Rosé und einem anschließenden Haselnuss-Schnaps – „Schmeckt wie Nutella“, findet Geyer – stellen die Baden-Württemberger auch schnell Unterschiede fest.

In Fellbach gehe es beim Weinfest zum Beispiel traditioneller zu und gebe es strenge Rituale. In einer feierlichen und manchmal auch etwas politischen Rede eröffnet die Oberbürgermeisterin das Fest. Vor dieser Eröffnungsrede durfte früher nicht einmal ein Karussell fahren. „Die Kinder saßen oft schon in den Fahrgeschäften und warteten darauf, dass der Knopf gedrückt wurde“, erzählt Harald Rienth lachend.

Der 64-Jährige zieht ein winziges, schon ganz abgegriffenes Stück Papier aus der Tasche. Darauf steht das „Fellbach-Lied“. Refrain: Lasst uns darum fröhlich singen, / lasst uns froh und dankbar sein, / lasst der Gläser Klang erklingen, / funkle, Fellbachs edler Wein! „Mit einer Inbrunst wird das gesungen“, schwärmt Rienth und steckt das kleine Papier sofort wieder ein, bevor es im Trubel verloren geht.

Auch auf dem Markt wird gerade musiziert, Mercurius-Musik spielt einen Walzer, auf anderen Bühnen wird an diesem Tag noch Swing, Blues, Rock 'n' Roll und Tanzmusik erklingen. Hier haben die Meißner den Fellbachern viel voraus, findet Geyer. „Die Musik ist so abwechslungsreich. Bei uns muss sie um 23 Uhr schon aus sein, das ist alles viel strenger.“

Auch das kulinarische Angebot in Meißen beeindruckt ihn. „Die Vielfalt ist toll!“ Dasselbe gilt für die Getränke: „Bei uns gibt es wirklich nur Wein“, sagt Rienth. „Hier bekommt man von Caipirinha bis Schwarzbier ja wirklich alles.“

„Nur Wein“ haben auch die Fellbacher Weingärtner mitgebracht, die seit Jahren ihren Stand am Heinrichsplatz haben. Der nächste Anlaufpunkt für die Delegation aus Fellbach und Möglichkeit zum direkten Vergleich. Der 2016er-Kerner und Trollinger Rosé aus demselben Jahr überzeugen und die Preise sind im Vergleich zu den Sachsenweinen unschlagbar.

Harald Rienth will plötzlich unbedingt an einem Espresso riechen, den sich die Mitarbeiter am Stand eingeschenkt haben. Er lächelt, denn er hatte recht mit seiner Vermutung: Der kleine Kaffee enthält einen guten Schuss Grappa. Ein Ritual, das vor etwa zehn Jahren aus Spaß entstanden ist, erzählt einer der Weingärtner. Die Männer heben die Tassen in die Luft und singen aus voller Kehle, sodass sich mehrere Weinfest-Besucher lachend zu ihnen umdrehen: „Dem Spender sei ein Trulala, Trulala, Trulala ...“

Wenn er etwas aus Meißen mitnehmen könnte, sagt Bürgermeister Geyer, dann wäre es die historische Innenstadt mit den schönen alten Gebäuden. „Die Atmosphäre hier ist einzigartig.“ Was er stattdessen mitnehmen wird, ist eine blaue Krawatte aus der Kollektion der Manufaktur Meissen, die seine Frau ihm bei einer Führung dort gekauft hat.

Derweil hat sich am Stand der Weingärtner ein weiterer Spender gefunden und die sangesfreudigen Schwaben heben noch einmal die winzigen Tassen.