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Was Radfahrer dürfen und Autofahrer müssen

Im Pulk provozieren Radler bei Pkw-Lenkern oft gewagte Überholmanöver. Dabei sind die Verhaltensregeln klar.

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© Rolf Ullmann

Von Thomas Staudt

Niesky/Region. Es ist Sonntagfrüh 9 Uhr und es ist sehr kalt. Trotzdem ist auf dem Nieskyer Rosensportplatz einiges los. Sobald es auch nur entfernt nach Frühling riecht, sammeln sich die Mitglieder des Radsportvereins zur Ausfahrt an den Bärwalder See oder in die Königshainer Berge. Vorstand Michael Junge, auch er in Radlerhosen, will gegen zwölf wieder zurück sein und mit seiner Familie am Mittagstisch sitzen. Wenn alles gut geht. Denn in der Gruppe auf öffentlichen Straßen zu fahren, ist oft gefährlich. „Ich habe sehr brutale Überholmanöver von Autofahrern erlebt“, so Junge. Von den Verwünschungen und den obszönen Gesten mal abgesehen. Es gibt viele Missverständnisse auf beiden Seiten, meint Junge. Aber Rad contra Auto muss nicht sein. Die häufigsten Fragen und die wichtigsten Antworten zum Thema.

Dürfen Radfahrer auf öffentlichen Straßen überhaupt im Pulk fahren?

Ja, sie dürfen. Laut Paragraf 27 der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind „geschlossene Verbände“ erlaubt. Bei Radfahrern muss der Verband allerdings aus mehr als 15 Radlern bestehen. Dann dürfen sie zu zweit nebeneinander auf der Fahrbahn fahren. Als geschlossene Verbände gelten übrigens auch Leichenzüge und Prozessionen. Kinder- und Jugendgruppen zu Fuß müssen, soweit möglich, die Gehwege benutzen.

Was müssen Radler beim Fahren in der Gruppe beachten?

Besonders große Radlergruppen müssen in angemessenen Abständen Zwischenräume für den übrigen Verkehr freilassen. Kraftfahrer dürfen die Gruppe nur an diesen Stellen unterbrechen. In Gruppen und Vereinen gelten darüber hinaus eine Vielzahl von Regeln. Für Gruppenleiter gibt es sogar eine spezielle Schulung. Sie können an der Deutschen Sporthochschule Köln eine „Bike-Instructor-Ausbildung“ absolvieren.

Wie viel Abstand müssen Autos beim Überholen von Radlern einhalten?

Mindestens anderthalb Meter. Das gilt auch für Radler. Laut dem Internetportal Anwaltsauskunft äußert sich die StVO dazu ungenau. In Paragraf 5, Absatz 4 ist lediglich von einem ausreichenden Seitenabstand die Rede. Überholen darf nur, wer den nachfolgenden Verkehr nicht gefährdet. Wie groß der Abstand sein muss, haben Gerichte definiert. Bei hoher Geschwindigkeit oder mit Kindern auf dem Rad sind laut Oberlandesgericht Naumburg mindestens zwei Meter Abstand erforderlich (AZ 12 U 29/05). Das geht in der Regel nicht ohne vollständigen Spurwechsel.

Warum wechseln Rennradler in der Gruppe so oft die Position?

Der Mannschaftsradsport lebt vom Windschattenfahren. Das bringt eine Krafteinsparung von bis zu 30 Prozent. „Abhängig von der Windrichtung“, meint Michael Junge. Der Vorausfahrende muss mehr Kraft aufwenden. Deshalb wird regelmäßig gewechselt.

Sollten Radfahrer nicht besser den Fahrradweg benutzen?

Das müssen sie sogar. Und zwar dann, wenn der Fahrradweg gekennzeichnet ist. Ausnahmen bestätigen die Regel: Liegen Scherben auf dem Radweg, dürfen Radler auf die Straße wechseln. Im Frühjahr bereitet Splitt Radrennfahrern Probleme. Die teuren Spezialreifen sind sehr empfindlich. Splitt kann sie schädigen. Da Radwege immer als letztes gekehrt werden, fahren gerade Rennradler lieber auf der Straße. „Dafür bitten wir um Verständnis“, so Junge.

Können Radler nicht einfach auch den Bürgersteig benutzen?

Nein, sagt Fahrlehrer Steffen Schiller aus Zittau. Das dürfen nur Kinder bis maximal zehn Jahre (StVO § 2 (1) (5)) und seit 2016 erwachsene Begleitpersonen (gilt für Kinder bis acht Jahre). Ist ein Bürgersteig ausnahmsweise doch für Radler freigegeben, weist das Schild „Radfahrer frei“ darauf hin. Das gilt in der Regel nicht für Gruppen.

Warum haben Rennräder fast nie Fahrradklingeln?

Weil sie nicht müssen. Rennräder bis elf Kilo gelten als Sportgeräte und müssen nicht so umfangreich ausgestattet sein. Fahrradlicht muss aber auch bei Rennrädern mindestens mitgeführt werden, damit man sie bei schlechten Lichtverhältnissen oder im Dunkeln einschalten kann.

www.radschlag-info.de