Merken

Warum unsere Brücken sicher sind

Eine Katastrophe wie in Genua ist hier undenkbar, sagen die Behörden. Jetzt wurde die Riesaer Elbbrücke kontrolliert.

Teilen
Folgen
NEU!
© Lutz Weidler

Von Jens Fritzsche

Meißen/Riesa. Ist das eine Reaktion auf die Katastrophe Genua? Das dürfte sich manch Autofahrer gedacht haben, der am Mittwoch über die Riesaer Elbbrücke fuhr. Dort war eine Fahrspur gesperrt. Von einem weiß-blauen Lkw aus ragte ein blauer, gerüstartiger Arbeitsarm über Gehweg und Geländer in die Tiefe, wo ein Experte den Zustand der B-169-Brücke prüfte. Mit den Horrorbildern aus Genua, wo vor wenigen Tagen eine Autobahnbrücke in sich zusammenstürzte, hat das Ganze aber nichts zu tun: Es handelte sich bei der Prüfung der Elbbrücke um eine turnusmäßige Hauptprüfung, so das zuständige Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv). Sie sollte nach planmäßigem Verlauf noch am Mittwoch abgeschlossen sein. Ohnehin sind die Brücken in der Region sicher, sagt Isabel Siebert, Sprecherin des Lasuv. Regelmäßige Kontrollen sichern das ab: „Einsturzgefährdete Brücken gibt es aktuell auf Sachsens Autobahnen, Bundes- und Staatsstraßen nicht!“

Ungewöhnlicher Arbeitsplatz: Für die Brückenkontrolle gibt es strenge Prüfvorgaben, so das zuständige Landesamt für Straßenbau und Verkehr.
Ungewöhnlicher Arbeitsplatz: Für die Brückenkontrolle gibt es strenge Prüfvorgaben, so das zuständige Landesamt für Straßenbau und Verkehr. © Lutz Weidler

Wie oft werden die Brücken auf den wichtigen Straßen kontrolliert?

Alle Brücken, Tunnel oder auch Stützwände müssen alle sechs Jahre einer sogenannten Hauptprüfung unterzogen werden – so wie jetzt in Riesa. „Es werden dabei alle konstruktiven Bauteile der Brücke handnah einer Kontrolle unterzogen – heißt, der Bauwerksprüfingenieur muss alle Bauteile händig erreichen“, beschreibt Lasuv-Sprecherin Siebert. Drei Jahre nach einer Hauptprüfung folgt eine sogenannte einfache Prüfung, „eine Bauwerksbegehung vom Boden aus“. Darüber hinaus unterliegen alle Brücken einer einmal jährlich durchzuführenden Besichtigung und zweimal jährlich einer Beobachtung von beiden Verkehrsebenen aus, fügt Isabel Siebert an. „Und auch bei der laufend durchgeführten Überwachung durch die Autobahn- und die Straßenmeistereien sind die Bauwerke natürlich im Fokus.“

Was passiert nach Unfällen oder zum Beispiel nach einem Hochwasser?

Nach einem Hochwasser, von dem Brücken betroffen sind, oder Unfällen, bei denen Fahrzeuge an die Brücke prallen, sind Sonderprüfungen notwendig.

Apropos Hochwasser: Wie sicher sind die Brücken im Kreis in diesem Fall?

Auch hier kann die Lasuv-Sprecherin Isabel Siebert beruhigen: „Alle Brücken auf Sachsens Autobahnen, Bundes- und Staatsstraßen sind für die nach menschlichem Ermessen erwartbaren Naturgewalten gerüstet und entsprechend bemessen.“ Allerdings könne es eine absolute Sicherheit, insbesondere zum Beispiel mit Blick auf das Jahrtausendhochwasser von 2002, niemals geben.

Was genau wird bei einer Brückenprüfung untersucht?

Bei einer Prüfung erhalten die Brücken Noten. In diese Benotung fließen drei Bewertungen ein: die Tragfähigkeit, die Dauerhaftigkeit und die Verkehrssicherheit, so Isabel Siebert. „Es ist jedoch nicht korrekt, von der Zustandsnote allein auf die tatsächliche Bauwerkssubstanz und deren Tragfähigkeit zu schließen, da auch kleine, einfache und schnell zu behebende Mängel wie eine lose Verschraubung an einer Absturzsicherung zu einer schlechteren Zustandsnote führen.“

Wie werden die Prüf-Ergebnisse im Anschluss dokumentiert?

Bei jeder Prüfung wird ein Bauwerksprüfbericht erstellt. In ihm werden die gefundenen Schäden und Mängel an der Brücke aufgezeigt. Daraus ergeben sich die Entscheidungen, ob eine Sanierung notwendig ist. Und bis wann die Arbeiten erfolgen.

Wie viel Geld gibt das Lasuv für den Erhalt der Brücken im Landkreis aus?

Im laufenden Jahr 2018 fließen 730000 Euro in Bundesstraßenbrücken. Für Brücken gibt das Landesamt 1,22 Millionen Euro aus. Neben den aktuellen größeren Projekten – wie dem jüngsten Brückenneubau über die Große Röder bei Kalkreuth – fließt das Geld in weitere kleinere Reparaturen wie Geländererneuerungen, Mauerwerksinstandsetzung, Betonsanierungen oder Rissverpressungen, „die laufend nach Bauwerksprüfungen durchgeführt werden“, so Isabel Siebert.

Wer prüft die Brücken an den wichtigen Straßen im Kreis?

Wegen der hohen Anzahl der Prüfungen beauftragt die Straßenbauverwaltung für gut die Hälfte der Projekte zertifizierte Ingenieurbüros. Die andere Hälfte wird von der Straßenbauverwaltung selbst durchgeführt. „Grundsätzlich sind die Brückenprüfungen von Ingenieuren durchzuführen, die ein entsprechendes Studium erfolgreich absolviert haben und eine mehrjährige Berufserfahrung nachweisen können“, stellt Lasuv-Sprecherin Isabel Siebert klar.

Für wie viele Brücken ist die Kreisverwaltung zuständig?

Auch der Landkreis Meißen ist für Brücken im Kreisgebiet zuständig – meist an kleineren Straßen. Sie werden durch das Kreisstraßenbauamt betreut und untersucht. Wie es aktuell um deren Zustand steht, konnte die Kreisverwaltung am Mittwoch nicht so kurzfristig mitteilen: Beide Brückenexperten seien bei Vor-Ort-Terminen unterwegs. Jedoch sollen dieses Jahr – laut einer Vorlage für den Technischen Ausschuss am 28. August – drei Baustellen an Kreisstraßen-Brücken neu begonnen werden: Die Brücke über den Hopfenbach in Lauterbach wird durch einen Neubau ersetzt, weil Kappen und Geländer abzustürzen drohen. Auch ein Durchlass in Leippen soll ersetzt werden – das Bauwerk befinde sich in einem „ungenügenden“ Zustand – deshalb wurde bereits eine Verkehrseinschränkung auf eine Fahrbahn empfohlen. Drittens soll die Brücke über den Jahnabach in Niederjahna umgebaut oder ersetzt werden: Auch dort sind Kappen und Geländer absturzgefährdet, außerdem funktioniert die Brückendichtung nicht mehr.