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Warum Stollen immer mehr kostet

Alle Jahre wieder drehen die Bäcker an der Preisschraube – nicht freiwillig.

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© Archivfoto: Robert Michalk

Von Sebastian Kositz

Bautzen. Stollen hat’s bekanntlich in sich. Pfundweise verrühren Bäcker in ihren Stuben gehaltvolle Zutaten, kneten Butter, Sultaninen, Milch und Mandeln in den Teig. Das Ergebnis landet traditionell zum ersten Advent auf vielen Vespertafeln. Tradition haben indes aber auch die stetigen Preiserhöhungen. Beinah alle Jahre wieder drehen die Bäcker an der Preisschraube – auch dieses Weihnachten klettern vielerorts wieder die Preise. Noch vor fünf Jahren kostete in der Region ein guter Stollen vom Bäcker je Kilo noch zwischen zehn und 13 Euro. Inzwischen legt der qualitätsbewusste Kunde dort satte 15 Euro und mehr auf die Theke.

Auch der Bautzener Bäckermeister Lutz Neumann korrigierte den Kilopreis für seinen Stollen wieder nach oben. Einen halben Euro mehr nimmt er dieses Jahr – der klassische Zwei-Kilo-Stollen kostet damit in seinem Geschäft jetzt 32 Euro. Reichhaltiger fallen deshalb die Gaben unter seinem Weihnachtsbaum dieses Jahr jedoch nicht aus. Denn hinter den Steigerungen stecken die stetig steigenden Kosten für Zutaten und für die Herstellung, die die Bäcker Jahr für Jahr an die Kunden weiterreichen.

Die höheren Ausgaben für die Zutaten sind dabei nur das eine Problem, wie Lutz Neumann, zugleich Chef der Bautzener Bäckerinnung, erklärt. „Auch die Kosten für Löhne, Wasser und Strom steigen“, so der Fachmann. Mit den Preisen der industriell hergestellten Stollen aus dem Supermarkt könne der Handwerker von der Straßenecke da schon lange nicht mehr mithalten.

Der Stollen, die Zutaten und die Kosten

Mehl

Mehl ist wie bei jedem Hefegebäck die Hauptzutat – und ist nach Worten von Lutz Neumann in den vergangenen Jahren sukzessive teurer geworden. Vor allem die Nachfrage und somit auch der Preis nach Qualitätsweizen ist gestiegen. Der Bäckermeister sieht die Lage auch dadurch verschärft, dass mehr Billigweizen für die Gewinnung von Bioenergie angebaut wird. Somit werde das gute Mehl für den Stollen knapper.

Zucker

Im Stollenteig steckt eher wenig Zucker, der größte Teil des Kristall- und Puderzuckers landet obendrauf und bildet die schneeweiße Decke. In den vergangenen Jahren war der Zuckerpreis vergleichsweise stabil. Vor sechs Jahren beispielsweise waren die Kosten aber für kurze Zeit extrem gestiegen, lagen mehr als doppelt so hoch wie heute. Fachleute rechnen angesichts der soeben in der EU abgeschafften Zuckermarktordnung übrigens mit deutlich fallenden Preisen.

Butter

Auf zwei Teile Mehl kommt im Christstollen mindestens ein Teil Butter. Und die hatte sich in den vergangenen Monaten drastisch verteuert. Genau das ist auch der Hauptgrund, warum der Stollenpreis jetzt so stark steigt. Lutz Neumann verweist auf einen Anstieg von 15 Prozent beim Einkaufspreis fürs Butterschmalz. Grund ist die große Nachfrage weltweit, die nur schwer bedient werden kann.

Milch

Die Milch macht’s – auch im Stollen. In den vergangenen Monaten war viel über den viel zu niedrigen Milchpreis diskutiert worden, inzwischen sind die Preise wieder leicht gestiegen. Auch das haben die meisten Verbraucher wohl im Supermarkt an der Kasse schon registriert. Große Auswirkungen hat die Entwicklung des Milchpreises in der Summe auf den gegenwärtigen Stollenpreis allerdings nicht, wie Bäckermeister Lutz Neumann versichert.

Mandeln

Kein Stollen ohne Mandeln. Gemahlen, gehackt, gestiftelt – je nach Rezept und Vorliebe der jeweiligen Bäcker findet auch diese Zutat reichlich Verwendung. Der Preis für die Mandeln blieb zwar im Vorjahresvergleich konstant. Allerdings gab es auch bei der Frucht des Mandelbaums in den vergangenen Jahren beträchtliche Preiszuwächse. „Im vergangenen Jahr war das Kilo gleich um zwei Euro teurer“, erklärt Lutz Neumann. Tatsächlich steckt auch hier einerseits eine weltweit steigende Nachfrage dahinter. Zugleich können Dürren bei dem sehr bewässerungsintensiven Anbau das Angebot schnell verknappen – weshalb die Mandel jedes Jahr aufs neue ein nur schwer zu kalkulierender Faktor bleibt

Sultaninen

Die Sultanine ist eine spezielle Art der Rosine – und liegt bei den Zutaten mengenmäßig in etwa gleichauf mit der Butter. Veränderungen bei den Einkaufspreisen können sich entsprechend deutlich bemerkbar machen. Das hatte sich vor einigen Jahren schon einmal deutlich gezeigt, nachdem es in Australien heftige Ernteausfälle gegeben hatte. Immerhin haben sich die Beschaffungskosten der getrockneten Trauben in den zurückliegenden Jahren aber kaum verändert. Der Preis für Sultaninen aus der Türkei, die hierzulande hauptsächlich Verwendung finden, blieben konstant. Das gilt übrigens auch für das Zitronat und Orangeat – das ebenfalls einen umfangreichen Anteil im klassischen Christstollen hat.

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Gute Qualität hat aber eben auch ihren Preis, argumentiert der Bautzener Bäckermeister. Die der hiesigen Stollen nimmt die Bäckerinnung übrigens jedes Jahr zur Stollenprüfung genauer unter die Lupe. Zu den diesjährigen Prüfungen in Bischofswerda und Kamenz wird auch wieder Deutschlands Stollenpapst Michael Isensee erwartet. Beide Prüfungen sind öffentlich und Gäste zum Mitverkosten willkommen.

Stollenprüfung der Bäckerinnung: Montag, 4. Dezember, 10 Uhr, bei der IKK Classic, Bischofswerda, Kamenzer Str. 29b;

Dienstag, 5. Dezember, 10 Uhr, Ostsächsische Sparkasse, Kamenz, Markt