Merken

Warum haben Sie Anzeige im Fall Witschas erstattet?

Der Chemnitzer Jurist Stefan Zimmermann erklärt im SZ-Gespräch, warum er für politischen Wirbel gesorgt hat.

Teilen
Folgen
© ASJ Chemnitz

Von Jens Fritzsche

Bautzen. Er ist der Mann, der eine Menge politischen, aber vor allem juristischen Wirbel im Landkreis Bautzen auslöste: Dr. Stefan Zimmermann, Jurist aus Chemnitz. Er stellte im vergangenen Jahr Anzeige gegen Bautzens Vize-Landrat Udo Witschas, der wegen seiner engen Kontakte zum ehemaligen Bautzener NPD-Kreischef Marco Wruck in die Kritik geraten war.

Witschas hatte in durchaus vertraulichem Ton Facebook-Nachrichten mit Wruck ausgetauscht – dabei war es unter anderem um die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Flüchtlingen aus Bautzen und speziell die Rolle eines Asylbewerbers aus Libyen gegangen. Hat Witschas dabei Dienstgeheimnisse ausgeplaudert? Das jedenfalls lag laut Zimmermann nahe und er stellte Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Görlitz. Die hat jetzt ihre Ermittlungen eingestellt. Unabhängig davon, ob Witschas Dienstgeheimnisse verraten habe oder nicht, sei es ihm in erster Linie um Deeskalation gegangen, heißt es. Stefan Zimmermann kritisiert das Antwortschreiben an ihn als „teilweise fragwürdig“ und „schlampig“. Die SZ sprach mit ihm:

Herr Zimmermann, warum wollten Sie vom fernen Chemnitz aus Herrn Witschas aus dem Amt heben?

Das war nicht mein Ziel. Ich habe natürlich von dem Fall gehört, der ja überregional für mediales Aufsehen gesorgt hat. Und ich wollte einfach sicher gehen, dass hier geprüft wird, ob der Bautzener Vize-Landrat Witschas tatsächlich Dienstgeheimnisse verraten haben könnte. Deshalb habe ich von Chemnitz aus Anzeige erstattet.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft haben keinen hinreichenden Tatverdacht gegen Witschas ergeben, heißt es in einem Schreiben an Sie. Diese Antwort kritisieren Sie als „teilweise fragwürdig“. Warum?

Es gibt da einige Punkte, die mich ärgern. Zunächst finde ich es schon ein wenig oberflächlich und ohne Sorgfalt, wenn in dem Schreiben an einer Stelle von einem Aufenthaltsverbot gegen Mohamed Y. die Rede ist – und dann plötzlich von einem Aufenthaltsverbot an Herrn T. Zudem ist ein paar Zeilen später sogar offenbar versehentlich von Abschiebung die Rede. Das zeugt nicht wirklich von großer Sorgfalt bei der Beantwortung meiner Anzeige, finde ich. Gerade bei einem solch öffentlichen Interesse an diesem Fall wundert mich das schon.

Nun gut, man könnte sagen, hier sind Schreibfehler nicht aufgefallen …

Richtig, und das ist ja auch nicht mein Hauptkritikpunkt. Viel schwieriger finde ich die Argumentation der Staatsanwaltschaft, man könne ja möglicherweise von gar keinem Geheimnis mehr reden, weil bereits vor der Facebook-Diskussion zwischen Herrn Witschas und Herrn Wruck schon andere Behördenmitarbeiter informiert waren. Nur waren das allesamt Amtsträger, die von ihrem Anstellungsverhältnis her zu Verschwiegenheit verpflichtet sind. Die Öffentlichkeit war jedenfalls noch nicht informiert, als Herr Witschas mit Herrn Wruck Nachrichten austauschte.

Die Staatsanwaltschaft begründet, das Ganze sei aber dennoch quasi richtig gewesen, weil Herr Witschas damit deeskalieren wollte.

Auch das ist eine Sicht, die bei mir einige Fragen hinterlässt. Wenn es hier im Prinzip darum ging, durch die Mitteilung – dass der Asylbewerber „abgeschoben“ werden sollte – weitere Straftaten verhindert werden sollten, frage ich mich natürlich, was damit konkret gemeint ist. Von welcher Seite drohten denn weitere Straftaten? Wenn hier gemeint ist, es sollten Straftaten von seitens der Anhänger von Herrn Wruck verhindert werden, wäre das aus meiner Sicht eine Kapitulation des Rechtsstaats.

Warum?

Weil das heißen würde, der Rechtsstaat sah sich hier nur noch in der Lage, Straftaten zu verhindern, indem man Dinge preisgibt, die bisher noch gar nicht öffentlich bekannt sind. Das kann ja wohl nicht der richtige Weg sein.

Werden Sie nun weitere juristische Schritte gehen?

Nein, ich werde die Angelegenheit jetzt auf sich beruhen lassen. Am Ergebnis der Ermittlungen will ich ja auch gar nicht zweifeln – wenn es keine Erkenntnisse zu einem Geheimnisverrat gibt, dann gibt es eben keine. Aber dennoch ärgert mich wie beschrieben die mir zugesandte Antwort der Staatsanwaltschaft.