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Wandern auf tschechisch

Bei Jana Brenner lernen Oberländer die Sprache der Nachbarn. Sie nutzen das für private Ausflüge –nicht beruflich.

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© Matthias Weber

Von Gabriela Lachnit

Neugersdorf/Rumburk. Jana Brenner ist umgezogen. Die 36-Jährige aus Rumburk in Tschechien gibt in Neugersdorf Tschechisch-Kurse – in der Fröbelstraße 10, genau gegenüber dem Ärztehaus. Zuvor hatte sie Räume im Hofeweg 47 in Ebersbach nutzen können. Aber dort konnte sie ihre Materialien nicht lassen, musste alles immer wieder hin- und hertragen, darunter Lehrbücher, Spiele und Computertechnik. In dem schmucken Gebäude in der Fröbelstraße, das unter Denkmalschutz steht, hat sie schöne Räume gefunden. Hier war zuvor einmal das DRK ansässig. Ausgestaltet hat sie die Zimmer selbst, nachdem sie mit ihrem Mann, einem Deutschen, gemalert hatte. Er nutzt übrigens im selben Haus andere Räume für sein eigenes gewerbliches Unternehmen.

Seit Februar finden die Tschechisch-Kurse in der Fröbelstraße statt. Vier sind es derzeit, sodass jede Woche etwa 30 Leute zum Lernen hierher kommen. Die meisten lernen in Gruppenkursen, einige aber auch im Einzelkurs. Vier bis fünf Monate dauert ein solcher Lehrgang. Manche Lernenden besuchen nach dem Anfängerkurs den für Fortgeschrittene. Ab 9. April will Jana Brenner einen Schnupperkurs „Tschechisch für die Reise“ anbieten. Sie habe die Erfahrung gemacht, dass viele Deutsche beim Urlaub im Nachbarland sich gern wenigstens ein bisschen in der Landessprache verständlich machen wollen. Das sei auch Antrieb und Motivation für die Kursteilnehmer, egal ob Schnupper- oder Langzeitkurs. „Viele von ihnen wandern in Tschechien oder gehen einkaufen, tanken und essen“, weiß die Tschechischlehrerin. Das sei sehr viel Motivation, um regelmäßig tschechische Vokabeln und Grammatik zu pauken, sagt Frau Brenner. Alle drücken freiwillig und mit Lust zum Lernen die Schulbank. Äußerst selten hätte sie Sprachschüler, die auf Drängen des Arbeitgebers Tschechisch lernen. Das Problem der Verständigung mit tschechischen Kunden in deutschen Geschäften und Firmen werde viel effizienter gelöst, indem Mitarbeiter aus Tschechien eingestellt würden, hat Frau Brenner bemerkt. So handhabt das zum Beispiel das Autohaus Hille in Ebersbach. „Wir haben viele tschechische Kunden“, berichtet Heinz Herberg, Mitarbeiter im Autohaus. Ein Mitarbeiter ist Tscheche, er arbeitet im Kundenservice und ist für die etwa 15 Prozent der Kunden aus dem südlichen Nachbarland der Ansprechpartner.

Dominik Göldner, Inhaber von Edeka in zwei Orten, hat in Neugersdorf eine Mitarbeiterin, die gebürtige Tschechin ist. Ihre Sprachkenntnisse werden kaum von tschechischen Kunden genutzt. Die machen reichlich fünf Prozent der Kundschaft aus. Die meisten sprechen zumindest ein wenig deutsch. Häufiger werde die Kollegin benötigt, wenn mit tschechischen Kunden ein Problem zu klären sei, sagt der Chef. In der Filiale Oppach kaufen selten Kunden aus dem Nachbarland ein. Im Autohaus Schniebs in Leutersdorf gibt es nur einige wenige Stammkunden aus dem südlichen Nachbarland. „Die sprechen sehr gut deutsch, sodass Tschechisch-Kenntnisse bei den Kollegen nicht nötig sind“, berichtet Torsten Altmann, Mitarbeiter im Autohaus.

Jana Brenner wird dennoch nicht bange. „Das Interesse am Nachbarland ist sehr groß, und der Wille zur Verständigung mit den Nachbarn in deren Sprache ist es ebenso“, betont sie.

Seit einiger Zeit engagiert sie sich in dem Projekt „Fenster zum Nachbarn“, das die Kirchgemeinde Neusalza-Spremberg und Friedersdorf durchführen. Hier lernen regelmäßig Deutsche und Tschechen das Land des jeweils anderen kennen. In drei Veranstaltungen berichtet Jana Brenner in Neusalza-Spremberg über Kultur, Land und Sprache der Nachbarn. Zwei Termine stehen noch bevor, einer war vor Kurzem.

Die Bemühungen, in Deutschland als Grundschullehrerin zu arbeiten, hat Jana Brenner mittlerweile aufgegeben. Noch vor einem Jahr war ihr der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt als Grundschullehrerin verwehrt, weil ihr tschechisches Studium im Grundschullehramt und ihr zweijähriges Fremdsprachenpädagogik-Studium in Sachsen nicht anerkannt wurden. Heute hätte sie vielleicht Chancen, nachdem der Lehrermangel akut ist und auch Quereinsteiger in Sachsen Lehrer sein dürfen. „Ich habe jetzt meinen eigenen Weg gefunden und bin damit sehr glücklich“, bekennt Jana Brenner.