Merken

Walddorfer Heimatforscher verstorben

Seit seiner Jugend hat sich Lutz Müller für die Geschichte des Ortes interessiert. Sein großes Wissen gibt er weiter.

Teilen
Folgen
NEU!
© Matthias Weber

Von Romy Altmann-Kühr

Walddorf. Hatte man eine Frage zur Geschichte von Walddorf und der Umgebung – er konnte sie fast immer beantworten. Der Walddorfer Lutz Müller hat Jahrzehnte über seinen Ort geforscht und viel dazu beigetragen, dass das Geschichtswissen erhalten bleibt. Im Alter von 59 Jahren ist der Walddorfer nun Anfang des Monats nach einer schweren Krankheit verstorben.

Viele erinnern sich wohlwollend an sein ehrenamtliches Engagement. „Er war immer zur Stelle, wenn man Hilfe brauchte“, erinnert sich Christfried Heinrich vom Eibauer Museum im Faktorenhof. Müller hatte zum Beispiel an den Chronikblättern von Eibau, Neueibau und Walddorf mitgearbeitet. Im Eigenverlag gab er seit 1996 regelmäßig Hefte unter dem Titel „Walddorfer Kirchengeschichte von 1683 bis in die heutige Zeit“ heraus. Denn der Kirchgemeinde war er sehr verbunden. Diese Verbundenheit dokumentiert auch eine dreistündige Doppel-DVD über die Walddorfer Kirchensanierung 2007 und 2008, die er herausgegeben hat.

„Zwar schrieb er über die Kirchengeschichte“, berichtet Museumsleiter Heinrich, „da ging es aber ja auch immer um die Geschichte des Dorfes. Das ist untrennbar miteinander verbunden.“ An das Museum im Faktorenhof hat Müller seine Sammlung der Kirchengeschichtshefte übergeben. Sie sind dort öffentlich zugänglich. „Es ist schon eine große Leistung, die Anerkennung verdient, wenn jemand so etwas auf eigene Kosten herausgibt.“ Auch eine Fotoserie über die Neuzeit Walddorfs mit etwa 150 Motiven entstand durch seine Chronikarbeit. Rund 70 Hefte zur Geschichte hat Müller, der aus einer alteingesessenen Walddorfer Familie stammte, insgesamt verfasst und mit vielen Fotos illustriert. Viele Stunden Arbeit in den öffentlichen Archiven der Region steckten in seinen Werken. Dort fotografierte Müller alter Akten und Dokumente ab, um sie zu Hause aufzuarbeiten.

Oft war er aber auch selbst mit dem Fotoapparat unterwegs und hielt Ereignisse fest. Müller brachte außerdem ein Buch mit Walddorfer Postkarten heraus. 220 Ansichtskarten gibt es von dem kleinen Ort. daraus wurde vor einigen Jahren einmal eine Postkartenausstellung in der ehemaligen Walddorfer Schule gestaltet, die sehr gut besucht war. Die Postkartenschau beruhte auf der ehrenamtlichen Arbeit von Lutz Müller, erinnert sich ein weiterer Weggefährte Müllers: Frank Münnich, ehemals Walddorfer Bürgermeister. „Es ist schon erstaunlich, dass es von so einem kleinen Ort so viele Ansichtskarten gibt“, sagt er. Genauso sagenhaft sei aber auch die Arbeit, die sich Lutz Müller gemacht hat, um so etwas zusammenzutragen.

Müller war gelernter Elektromontierer, interessierte sich aber schon in seiner Jugend für die Ortsgeschichte und verbrachte seine Freizeit in Archiven, forschte dort nach Interessantem aus vergangenen Jahrhunderten. Er ärgerte sich darüber, dass viele historische Dokumente verloren gingen – und auch, dass viele Leute alte Akten, Dokumente und Fotos einfach wegschmeißen, weil sie keine Bedeutung für die Menschen mehr haben. Er selbst sah sich stattdessen als Bewahrer und wollte so viele Daten und Fakten wie möglich an die nächsten Generationen weitergeben, sagte er einmal in einem SZ-Gespräch.

Menschen wie Lutz Müller und ihre Werke haben für einen Ort eine große Bedeutung, sagt auch Frank Münnich. „Es ist wichtig, dass die Geschichte festgehalten und aufgeschrieben wird. Sonst weiß das irgendwann niemand mehr.“ Vieles gehe verloren, wenn es nicht schriftlich überliefert wird.