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Wach sein für Wunder

War es Zufall oder gottgewollt, was vor 150 Jahren beim Brunnenbau passierte? Der Landesbischof ist sich sicher.

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© A. Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Ponickau. Er war verhängnisvoll, dieser Bau eines Wasserbrunnens im Pfarrhof Ponickau kurz vor Jahresende 1866. Dass zwei dabei verschüttete Brüder nach elf Tagen lebend gerettet werden konnten, erklärt so mancher rational: Die zusammengestürzte Schalung schob sich im Brunnenloch wie eine Hütte über die Männer, Wasser zum Trinken hatten sie durch durchgesickerten Regen. Andere verweisen darauf, dass die Männer da unten beteten, sangen und gewiss waren, dass Gott sie retten würde. Und so kam es auch. Landesbischof Dr. Carsten Rentzing fragt, ob solche Wunder nicht manchmal gegen die Ordnung der Naturgesetze verstoßen. Sachsens obersten Kirchenmann haben die Aufzeichnungen des damaligen Pfarrers Auerswald tief bewegt. Offenbar waren die von Sandmassen Verschütteten kein hoffnungsloser Fall. „Nicht für Gott.“ Deshalb ist das Brunnenwunder noch heute nach 150 Jahren Anlass für einen Festgottesdienst. Dabei wird ein Bild enthüllt, das der Dresdner Kunstmaler Paul Herrmann vor 100 Jahren von dem Geschehen, dem Brunnenwunder, schuf. Das Wandgemälde konnte dank der Sparkassenstiftung und einer Großenhainer Familie jetzt restauriert werden und hängt nun wieder in der Kirche. Vorher war es im Pfarrhaus zu sehen. Auch 1916 war es der dritte Advent, als es feierlich enthüllt wurde.

Zum Jubiläum wurden sogar Kekse mit dem Motiv des Brunnenwunders gebacken und verteilt.
Zum Jubiläum wurden sogar Kekse mit dem Motiv des Brunnenwunders gebacken und verteilt. © A. Hübschmann
In der Kirche Ponickau fand ein Festgottesdienst statt.
In der Kirche Ponickau fand ein Festgottesdienst statt. © Anne Hübschmann
Die Prominenz saß in der ersten Reihe.
Die Prominenz saß in der ersten Reihe. © Anne Hübschmann

Brunnen wieder neu gegraben

Anderthalb Jahre haben sich nun die Ponickauer auf diesen großen Tag und auf eine ganze Veranstaltungsreihe vorbereitet. Der längst zugeschüttete Brunnen war von zwei Ponickauern – Friedemann Böhme und Jürgen Schumann – wieder aufgebaut worden: jetzt vier statt 20 Meter tief. Der Ortrander Landmaxx und die Firma Grafe Beton halfen mit Materialspenden. Auch dem Spargelhof Schöne aus Ponickau, der Gemeinde Thiendorf und Jens Kretzschmar für ein neues Gitter über dem Brunnen wird gedankt. Sie alle erhalten für ihre Mühe ein Foto vom neuen Bauwerk.

Wie viel der Kirchgemeinde dieses Jubiläum bedeutet, zeigt sich auch an Kleinigkeiten: Die Pfarrersfrau und weitere Gemeindemitglieder haben Kuchen mit dem Brunnenmotiv und ganz besondere Kekse gebacken. Frank Schneider, Kantor und Heimatforscher aus Linz, bereitete eine über die Maßen tiefgründige Ausstellung über das Brunnenwunder vor.

Und dann gibt es noch eine Überraschung. Küster Lindner aus Königsbrück erzählt, dass auch er die Broschüre von der wundersamen Rettung der Gebrüder Muschter als Kind verschlungen hat. In Königsbrück auf dem Kirchhof ist der frühere Ponickauer Pfarrer Auerswald begraben. Die Ponickauer wollten den Grabstein schon immer zurück, weil der Kirchenmann für sie eine so große Bedeutung hat. Er verbreitete die Kunde von 1866 in ganz Deutschland und darüber hinaus. Doch die Königsbrücker Kirchgemeinde zögerte.

Duplikat des Grabsteins

Nun steht eine Kopie dieses Grabsteins vor der Ponickauer Kirche zum Gedenken. Erst am Vortag sei er aufgestellt worden, so Christian Lindner. Der Königsbrücker Heimatverein hat die Arbeit von Steinmetzmeister Kreische finanziert. Ein schwarzes eisernes Grabkreuz sitzt obendrauf. Schaut man aus dem Kirchenfenster hinaus, sieht man auf der Rückseite die goldene Schrift „Der alte Gott lebt“. Auch in Königsbrück ist man davon überzeugt.

„Dass der Landesbischof unser Brunnenjubiläum mit seinem Kommen bereichert, darüber freue ich mich sehr“, sagt Friedemann Böhme, der auf dem Pfarrhof wohnt und auf dessen Grundstück Anfang der 80er Jahre Reste des alten Brunnens gefunden wurden. Die alte Brunnenabdeckung haben die Männer aus dem Teich gezogen, wo sie eine Treppe war. Jetzt wissen sie durch die Nachforschungen, welche Bedeutung diese Steine hatten. Sie sind nun als Sitzgruppe verbaut.

Der neue Ponickauer Pfarrbrunnen gibt zwar kein Wasser mehr – die Wasserknappheit im Ort wird längst auf andere Weise gelöst. Doch als Symbol scheint das Gemäuer noch heute wichtig. „Wir dürfen auch heute noch wach sein für Wunder“, hat Landesbischof Carsten Rentzing gepredigt. Er spricht von unbändigem Vertrauen und davon, dass Verheißungen keine leeren Worte seien.

www.brunnenwunder.de