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Von Heidenau zu Putin

Uwe Beck leitet die deutsche Schule in Moskau. Finanznöte sind dort ein Fremdwort. Freizeit ist es aber auch.

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© privat

Von Heike Sabel

Freital/Heidenau/Moskau. Mal im Ausland arbeiten: Wann, wenn nicht jetzt. Als Uwe Beck 50 wurde, war der Moment, es noch einmal zu versuchen. Im Sommer 2015 verließ er das Heidenauer Gymnasium, um als Leiter in die deutsche Schule nach Moskau zu gehen. Russland war nicht seine erste Wahl, aber „die beste Entscheidung, die ich treffen konnte.“ Obwohl die Familie in Freital geblieben ist und er sie, Freunde und den Fußball vermisst, zwölf Stunden Arbeit am Tag normal sind und die Geschwindigkeit des Moskauer Lebens enorm ist.

Die Arbeit als Schulleiter ähnelt der in Heidenau. Allerdings mit mehr Personalarbeit. Besonders die Suche nach geeigneten und interessierten Lehrkräften ist zeit- und arbeitsintensiv. Vor allem für die Grundschule. Dafür hat Uwe Beck in Moskau ein Luxusproblem an der Schule. Finanzielle Probleme? Fremdwort. „Dass ist ein in Moskau sehr angenehmer Umstand, hier frei von allem an Projekten und deren Umsetzungen arbeiten zu können.“

Fehlende Materialien können unproblematisch geordert werden. Im Sommer 2017 wurde, während die Schüler drei Monate Ferien hatten, der komplette naturwissenschaftlichen Bereich der Schule neu gebaut. Dazu gehören vier Klassenräume, ein Labor und drei Vorbereitungsräume.

Nach dem Weihnachtsurlaub geht es nun wieder nach Moskau, bis Ostern zum nächsten Heimaturlaub. Bisher kommen Beck und seine Familie damit gut klar. „Telefonieren via Facetime am Abend ist schon ein Pflichttermin, egal wie spät es ist.“ Leider ist das Internet in Freital nur begrenzt gut nutzbar, da ist Moskau technisch extrem weiter entwickelt, sagt Beck.

Sein Vertrag geht bis 2021. Bis dahin hat sich vielleicht auch in Freital in Sachen Internet etwas getan. Auch das sehr gut organisierte öffentliche Verkehrsnetz, mit Metro und anderen Verkehrsmitteln, das überall frei verfügbare WLAN, freie Öffnungszeiten sind Vorteile der russischen Metropole. Wer sie nicht kennt, fragt sich, ob man gut und vernünftig wohnen kann, die Lebensmittel reichen, wie kalt und dunkel ist es im Winter? Beck lädt deshalb alle, die sich an seiner Schule bewerben, ein.

Einmal wurde jemand eingeladen, von dem niemand glaubte, dass er auch kommt: Russlands Präsident Wladimir Putin. Es war die Idee, das Schulprojekt „Erinnern, Gedenken, Versöhnen“ durch einen Besuch des Präsidenten aufzuwerten. „Keiner hat im Entferntesten mit einer positiven Reaktion gerechnet“, sagt Beck.

Dass es sich Putin anders überlegt hatte, erfuhr die Schule knapp 24 Stunden vor dem Besuch. Damit verbunden waren etliche Sicherheitsmaßnahmen, von deutscher wie von russischer Seite. Nicht zu vergleichen mit damals in Heidenau, als Bundespräsident a. D. Roman Herzog das Gymnasium besuchte. Die 24 Stunden vor dem Putin-Besuch waren „echt die aufregendsten und arbeitsintensivsten“, sagt Beck. Er begrüßte Putin persönlich, wurde ihm vom deutschen Botschafter vorgestellt, begleitete Putin und verabschiedete ihn auch wieder. Es war die bisher einzige Begegnung mit ihm. Dafür lernt Beck viele andere Leute kennen, ist er doch als Botschafts-Mitarbeiter bei vielen Treffen dabei.

Und so lebt er auch im Zentrum Russlands ein Leben, das deutscher ist, als er wollte. „Ich bin sehr stark im deutschen Umfeld der Schule eingebunden, habe deshalb nur wenige Kontakte zum russischen Leben, was ich in meiner wenigen Freizeit versuche zu kompensieren.“ Am deutlichsten wird es, wenn Beck nach seinen russischen Sprachkenntnissen gefragt werde. „Da habe ich echten Nachholebedarf“, sagt er. „Es fehlt einfach an Zeit.“

Uwe Beck ist und bleibt eben ein deutscher Leiter einer deutschen Schule. Seine Prinzipien Pünktlichkeit, Sorgfalt, Termintreue und Ordnung kommen zwar nicht schlecht an, „können aber auch für andere anstrengend sein.“