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Vom Warten der Schauspieler

Glamour und rote Teppiche gehören genauso zum Beruf wie Existenzängste und Zweifel. Der Dresdner Darsteller Jan Dose erzählt.

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© René Meinig

Von Julia Vollmer

Der Weg auf die Bretter, die für manche die Welt bedeuten, ist hart, steinig und gepflastert mit Absagen. Im Schnitt sechs Anläufe brauchen Schauspielanwärter, um an den Schauspielschulen für ein Studium angenommen zu werden. Der Dresdner Jan Dose hatte Glück. Bei ihm klappte die Aufnahmeprüfung für die Filmuniversität Babelsberg gleich beim ersten Versuch.

Inzwischen ist der 32-Jährige gut im Geschäft. Momentan dreht er noch bis Ende November in Görlitz den dritten und vierten Teil des Krimis „Wolfsland“ mit Yvonne Catterfeld in der Hauptrolle. Im kommenden Jahr läuft dieser donnerstags zur besten Sendezeit in der ARD. „Wir sehen uns nicht so häufig, aber wenn, dann tauschen wir uns intensiv aus“, erzählt Jan Dose über die Arbeit mit Catterfeld und dem anderen Darsteller Götz Schubert. Der Dresdner spielt einen Spurensicherer. Manchmal reist er nur für einen Drehtag an, manchmal bleibt er fünf in der Stadt. Zwei Monate dauern die Dreharbeiten in Görliwood, wie die Stadt an der Neiße wegen ihrer inzwischen häufigen Filmauftritte genannt wird. Doch Jan Dose kennt auch andere Zeiten. Wenn der Dreh zu Ende ist, beginnt wieder das, was zum Beruf des Schauspielers gehört wie die Brötchen zum Bäckerjob. Das Hoffen auf neue Aufträge. „Ich brauche ungefähr 30 Drehtage im Jahr, um über die Runden zu kommen“, erzählt er. Der Konkurrenzkampf darum ist hart. Castings vermittelt ihm seine Agentur, diese bekommt dafür eine Provision von ihm. Wie viel Geld genau er für einen Tag bekommt, will er nicht verraten. In Branchenkreisen kursieren Zahlen von um die 800 Euro pro Drehtag. Doch wenn kein Regisseur anruft, fließt eben auch kein Gehalt auf sein Konto, Miete und die Lebensmittel wollen aber trotzdem bezahlt werden. „Schauspielerei besteht zum großen Teil aus Warten. Warten auf ein Casting, warten beim Drehtag auf die nächste Einstellung“, so Dose. „Bleibt der ersehnte Anruf aus, fallen Schauspieler schneller durch das soziale Absicherungssystem“, sagt er. Denn wer nicht mindestens 180 Tage im Jahr sozialversicherungspflichtig arbeitet, hat kein Anrecht auf Arbeitslosengeld und landet schnell bei Hartz IV.

Eine Studie der Uni Münster mit dem Titel „Viel Ehre, aber kaum Verdienst“ zeigt, dass nicht jeder Darsteller in teuren Roben über rote Teppiche flaniert, ohne sich um seinen Lebensunterhalt Sorgen machen zu müssen. Laut der Studie verdienen 60 Prozent der Schauspieler in Deutschland weniger als 30 000 Euro im Jahr. Mehr als die Hälfte von ihnen arbeitete in den vergangenen zwei Jahren weniger als sechs Monate sozialversicherungspflichtig. Jeder Dritte der Befragten gab an, noch eine Nebentätigkeit zu brauchen, um den Lebensunterhalt zu verdienen.

Sorge um die Zukunft macht sich breit unter den Darstellern. Doch Jan Dose gibt nicht auf, auch durch sein bisher schwerstes Jahr – 2014 – hat er sich durchgebissen. Das Jahr, in dem das ZDF die Serie „Garmisch Cops“, in der Jan Dose eine Hauptrolle spielte, von jetzt auf gleich einstellte. Ein schwerer Schlag. Es folgten 12 Monate voller Zweifel, doch sich von dem Job zu trennen, das kam nicht infrage. Dafür liebt er ihn dann doch zu sehr.

Und das Warten zahlte sich aus. 2015 klingelte Jan Doses Telefon und er bekam ein ganz besonderes Angebot. Er bekam ein Rollenangebot für die gefeierte US-Produktion „Homeland“ mit Claire Danes. „Das war ein tolles Erlebnis mit so einem riesigen, professionellen Team zu arbeiten“, erinnert er sich. Drei Drehtage mit dem US-Star sprangen dabei raus.

Nach jedem Drehtag setzt sich der junge Schauspieler in den Zug oder ins Auto und macht sich auf den Weg nach Bochum. Die Stadt ist inzwischen eine Art zweite Heimat geworden. Dafür gibt es gleiche zwei gute Gründe: sein fast ein Jahr altes Kind und seine Freundin. Denn mit dem Job kam auch die große Liebe in sein Leben. Beim Dreh der Arzt-Serie „In aller Freundschaft – die jungen Ärzte“ lernte er seine Freundin Juliane Fisch kennen, ebenfalls Schauspielerin. Nun lebt die Familie in der Ruhr-Metropole, Juliane Fisch ist Ensemblemitglied am Schauspiel Bochum, Jan Dose dreht als TV-Schauspieler. „Es kommt schon mal vor, dass wir uns fünf Tage nicht sehen. Aber gegen das Vermissen helfen Fotos und Anrufe“, erzählt er.