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Vom Kostüm in die Lederkombi

Auf der Karriereleiter kam Manuela Wollny nicht gut genug voran. Da fasste sie einen Entschluss mit Langzeitwirkung.

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Von Nadja Laske

Der erste Beruf bleibt selten der letzte. Zu wechselhaft spielt das Leben, heute mehr als früher. Das Früher von Manuela Wollny führt nach Riesa. Von dort stammt die 48-Jährige. Seitdem hat auch sie beruflich neue Wege gesucht und landete auf dem Sitz großer Maschinen. So wurde aus ihrem eigenen und dem Hobby anderer Motorradfans ein Traumberuf.

Fjordfische in Norwegen ...
Fjordfische in Norwegen ... © privat
... Affen auf Gibraltar: Manuela Wollny nutzt jede Pause, um die schönsten Flecken der Erde mit ihrer Kamera festzuhalten. Entlang ihrer Touren erleben Motorradfans unvergessliche Momente.
... Affen auf Gibraltar: Manuela Wollny nutzt jede Pause, um die schönsten Flecken der Erde mit ihrer Kamera festzuhalten. Entlang ihrer Touren erleben Motorradfans unvergessliche Momente. © privat

Zunächst jedoch absolvierte sie im VEB Seifenwerk Riesa ihre Ausbildung zur Chemielaborantin. Die Wende brachte neue Möglichkeiten, Manuela Wollny sah sie im Hotelfach. Aus einer beengten in die große weite Welt hinaus, das sollte in dieser Branche möglich sein. „Mir hat der Beruf großen Spaß gemacht, aber ich hatte auch das klare Ziel: Ich wollte Karriere machen.“ Schicke Kostüme, feine Adressen, gediegene Veranstaltungen – Manuela fühlte sich gut damit. Bis in die Marketingabteilung einer Hotelkette arbeitete sie sich vor – und scheiterte am Chef. „Er sah Frauen nicht gern an der Spitze und prophezeite mir, dass ich vor meinen Vierzigern nicht dort ankommen werde, wo ich hinwill.“ Frustrierende Aussichten, die Manuela nicht hinnahm. „Ich habe gekündigt und als Außendienstlerin bei der Firma StepStone angefangen.“ Selbst auf der Suche nach ihrem Platz in einer Chefetage arbeitete sie erfolgreich für die Jobbörse, die sich auf Fach- und Führungskräfte spezialisiert hatte. Das war eine gute Zeit, an die sie gern zurückdenkt.

Frontfrau und Küchenfee

Von ihr aus hätte es so weitergehen können, das Unternehmen aber kam ins Schlingern und Manuela Wollny musste wieder eine neue Route für ihr Leben orten. Für die Liebe war sie einst nach Dresden gezogen und hatte sich für sie auch zum ersten Mal auf ein Motorrad gesetzt. Längst verbrachte sie Urlaube und Wochenenden im Motorradsattel. Wie schön wäre es, dieses Gefühl der Freiheit aufs Berufsleben zu übertragen, endlich unabhängig von Vorgesetzten zu sein. Dafür machte es ihr gar nichts aus, sich von ihrer bisherigen Arbeitsbekleidung zu verabschieden, Hosenanzug und Kostüm gegen eine lederne Motorradkombi auszutauschen.

Halbe Sachen fängt Manuela Wollny nicht an, also besuchte sie alle möglichen Gründerseminare und machte sich erst dann mit ihrem eigenen Reiseunternehmen für Motorradreisen selbstständig. „Almoto“ gibt es nun seit 15 Jahren. „Wir hatten schon im allerersten Jahr 300 Gäste“, erzählt sie, und eine Spur der Fassungslosigkeit von einst klingt immer noch mit. Mit so vielen hatte sie nicht gerechnet. „Wir fuhren immer von Dresden aus zu Zielen in der Region, das fanden die Leute klasse.“ Einen besonderen Cup konnte sie landen, als ihr das Zschopauer Motorradwerk zwölf MZ-Vorführmaschinen bereitstellte. Für Motorradfreunde aus den alten wie aus den neuen Bundesländern war das ein großartiges Angebot. Auf die Qualität der Motorräder aus ehemaliger DDR-Produktion schwört sie übrigens noch heute.

Gekauft hat sie sich keine und fährt neben ihrem Motorroller für kurze Strecken durch die Stadt seit Jahren ihre BMW R1200 GS. Rund 30 000 Kilometer pro Jahr ist sie damit unterwegs, immer noch in Sachsen, aber auch in ganz Deutschland und jenseits der Landesgrenzen. Durch Tschechien, Slowenien, Kroatien, Russland und das Baltikum, Frankreich, Italien, Spanien und Portugal führt sie ihre Reisegruppen. Schottland und die Schweiz gehören zu den Zielen, und am fernsten der Heimat kurven ihre Kunden durch Norwegen. Weil Manuela Wollny als Chefin nicht überall gleichzeitig die Frontfrau geben kann, arbeitet sie mit insgesamt 23 Tourguides zusammen, passionierte Fahrer, die Gruppen auf ihren Spezialstrecken begleiten – durch mehr als 20 Länder und auf reichlich 100 verschiedenen Routen.

Ebenso beliebt wie anstrengend sind spezielle Norwegen-Touren. „Da kehren wir am Ende des Tages in einfachen Holzhütten ein.“ Für Manuela Wollny heißt das: 20 Reisegäste bekommen Frühstück, Picknick und Abendessen von ihr als Rundumversorgerin. „Ich koche jeden Abend ein Gericht aus einem anderen Land“, erzählt sie. Die Logistik dafür ist inzwischen ausgefeilt bis ins kleinste Detail: „Wir bereiten alles so vor, dass wir die Transportboxen für den jeweiligen Tag nur noch aus dem Begleitfahrzeug zu nehmen brauchen und alles parat haben, was wir brauchen.“

So nah an der Natur kann Manuela Wollny jedoch nicht mehr in jedem Land mit ihren Reisegruppen kampieren. „Besonders im Süden bin ich dazu übergegangen, lieber Hotelübernachtungen anzubieten – aus Sicherheitsgründen.“ Zu oft habe es in Fincas Probleme mit Einbrechern gegeben. Auch sie selbst geriet schon in bedrohliche Situationen.

Die nötige Vorsicht bedauert Manuela sehr. Ist es doch das wunderbare Gefühl von Kraft und Unbeschwertheit, das sie mit ihrer Maschine auf atemberaubende Strecken durch herrliche Landschaften zieht. Dieses ersehnte Gefühl von Freiheit.

www.almoto.de