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Vom Gaswerk zum Wohnhaus

Das versteckte Industriedenkmal in Mockritz wird seit Herbst 2017 umgebaut. Seine Geschichte soll weiter leben.

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© René Meinig

Von Nora Domschke

Von außen sind die Veränderungen am ehemaligen Gaswerk in Mockritz noch nicht gut zu erkennen. Im Inneren dagegen hat sich in den vergangenen Monaten schon einiges getan. Das Gebäude mit den geschwungenen Giebeln ist mittlerweile komplett entkernt, alle Einbauten wurden entfernt, auch einige Zwischendecken sind verschwunden. Viel Aufwand ist nötig, um aus dem Industriedenkmal ein Wohnhaus zu machen, sagt Projektleiter Joachim Hannemann.

Derzeit werden nun die Decken für zwölf Wohnungen eingebaut. Sie sind zwischen 70 und 100 Quadratmeter groß und sollen im Februar 2019 bezogen werden. „Die Vermietung beginnt im Herbst“, sagt Eigentümer Oliver May. Mit seinem Unternehmen, der MDU Holding GmbH, investiert er rund drei Millionen Euro in das markante Gebäude an der Babisnauer Straße. Gelegen hinter einer kleinen Anhöhe bleibt es wohl den Augen vieler Dresdner verborgen. Als Steinkohlegaswerk wurde es von 1907 bis 1922 relativ kurz genutzt. Damals wurde Mockritz eingemeindet und an das Dresdner Gasnetz angeschlossen – das Gas kam aus Reick. In den folgenden Jahren war das Mockritzer Gebäude Fabrikhalle, Gewerbehof für kleinere Handwerksbetriebe, später Mehrfamilienhaus. 110 Jahre nach seinem Bau wird es nun wieder zum Domizil für Familien.

Allerdings haben diese alten Gemäuer auch ihre Tücken. Denn bei den ersten Bauarbeiten im Herbst vergangenen Jahres offenbarte sich, dass das Gaswerk einst auf einer Schuttfläche errichtet wurde. Deshalb müssen nun etwa 100 Bohrpfähle, die gut sechs Meter tief in die Erde kommen, für Stabilität sorgen. In dieser Tiefe stießen Experten auf felsigen Untergrund. Obwohl sich der Einzugstermin nun von Herbst 2018 auf Anfang 2019 verschiebt, ist die Warteliste künftiger Mieter schon lang, sagt Oliver May. Kurz nach dem Baustart im Herbst öffnete der Investor das Gebäude zum Tag des Denkmals. „Das Interesse war groß.“ Eine Wohnung im frisch sanierten Denkmal am Dresdner Stadtrand – diese Angebote sind in der Landeshauptstadt rar. Bis die ersten Mieter ins alte Gaswerk ziehen können, ist allerdings noch viel zu tun. Wenn die Decken eingebaut sind, beginnen die Arbeiten an den Räumen. Zwischen den beiden höheren Seitengiebeln entsteht ein moderner Aufbau.

Damit die Erinnerung an die eigentliche Nutzung des Hauses nicht verloren geht, will Oliver May eine kleine Tafel aufstellen lassen, die in Text und Bildern die Geschichte lebendig hält. Und dafür hat er auch schon den richtigen Mann gefunden: Dietrich Exner, ein Dresdner, der seit 1952 in der Gasversorgung tätig war und sich bestens auskennt. „Ich erinnere mich, dass es hier auch nach der Stilllegung des Gaswerks noch einen Gasbehälter gab“, sagt Exner. Als das Gas noch vor Ort produziert wurde, waren in dem Gebäude außerdem ein großer Ofen und ein Kühler untergebracht. Im Ofen wurde die Kohle verbrannt. Dabei entstand Gas, das gekühlt, gereinigt und anschließend genutzt wurde. „Die Kohle musste extra aus Freital hertransportiert werden“, weiß Exner. Weil es keine Eisenbahnverbindung gab, passierte das mit dem Pferdefuhrwerk. Auch deshalb stellte man später die Versorgung auf große Werke in Dresden um.