Merken

Vier-Sterne-Unterkunft für Schwalben

Bei Amelingmeyers in Meusegast fliegen die Vögel seit 22 Jahren ein und aus. Dafür haben sie sogar ein eigenes Schild.

Teilen
Folgen
NEU!
© Daniel Schäfer

Von Heike Sabel

Meusegast. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer: Aber erstens ist schon Sommer und zweitens fliegen bei Amelingmeyers unzählige Vögel ein und aus. Zwölf Nester kleben unterm Dachvorsprung an ihrem Haus in Meusegast, elf sind bewohnt. Neben dem Namensschild und der Klingel hängt bei der Familie ein weiteres Schild: „Hier sind Schwalben willkommen.“

Manchmal lassen sich die Vögel sogar fotografieren.
Manchmal lassen sich die Vögel sogar fotografieren. © privat
Weil die Schwalben immer wieder zu der Meusegaster Familie kommen dürfen, haben sie hier auch ein eigenes Schild.
Weil die Schwalben immer wieder zu der Meusegaster Familie kommen dürfen, haben sie hier auch ein eigenes Schild. © Daniel Schäfer

Zu verdanken haben es Jutta und Günter Amelingmeyer den Schwalben und ihrer Nachbarin von gegenüber. Petra Förster sieht die Schwalben nämlich öfter als ihre Nachbarn, außerdem landen sie gern auf ihrem Dach. Als Petra Förster im Radio den etwas anzüglichen Aufruf „Sind Sie gut zu Vögeln“ hörte, dachte sie an ihre Nachbarn. Es war der Aufruf des Naturschutzbundes.

Natürlich fragte Petra Förster erst mal die Amelingmeyers, ob sie dann das Schwalben-Willkommensschild auch anbringen würden. „Klar“, sagten sie. Schließlich gehören die Vögel seit 22 Jahren zu ihnen. 1995 zogen sie in die Siedlung, schon im nächsten Juli kamen die Schwalben zum ersten Mal. Und dann immer wieder. Bis heute. Warum die Schwalben sich ausgerechnet Amelingmeyers Haus ausgesucht haben, wissen nur die Vögel selbst. Die Leute vom Naturschutzbund haben einige Vermutungen. Der Rauputz, an dem das Nest gut haftet, die helle Farbe der Fassade. Und gute Energien, vielleicht eine Wasserader unterm Haus.

Das ist kein Hokuspokus, sagen die Naturschützer. Schließlich werden die Schwalben auch als Glücksbringer bezeichnet. Amelingmeyers sind einverstanden. Sie leben gern und gut hier in Meusegast und haben dank der Schwalben weniger Insekten. Den Dreck auf den rankenden Blättern nehmen sie gern in Kauf und bezeichnen ihre gefiederten Gäste fast liebevoll „Scheißerchen“.

Die frechen Spatzen

Wenn die Schwalben im Mai, Juni ankommen und es wieder zwitschert, freuen sie sich. Und wenn die Gäste im September wieder abfliegen, fragen sie sich, was die Schwalben denn im Süden nun machen. Auf keinen Fall brüten, denn das tun sie zweimal im Norden, bei Amelingmeyers. Wenn die Schalen der kleinen Eier unten liegen, wissen sie, die Jungvögel sind geschlüpft. Irgendwann dann recken sie ihre Köpfchen und Schnäbelchen aus dem Nest und machen ihre ersten Flugversuche.

Bisher sind die Amelingmeyers die Einzigen, die sich per Plakette als Schwalben-Freunde ausweisen. Sie und die Naturschützer sind sicher, es gibt noch viele weitere. Vor allem in den ländlichen Gebieten, dort wo die Schwalben seit Ewigkeiten zu den Menschen gehören – und wieder gehören sollen. Nicht nur im übertragenen Sinn im Fußball. Bei dem steht die Schwalbe für schauspielerische Qualitäten eines Fußballers. Die echten Schwalben haben eine andere Anerkennung verdient, sagen die Amelingmeyers und die Naturschützer.

Dass die Schwalben immer weniger werden, habe mehrere Gründe. Die Hauseigentümer wollen den Dreck der Mehlschwalben nicht, die Bauern sorgen sich um die Hygiene und vertreiben deshalb die Rauchschwalben. Hinzu kommen immer mehr zugebaute Wege, Höfe und Plätze. Es fehlt lehmiger Boden für den Nestbau oder die Fassaden sind eben zu glatt.

Die Katze hinterm Fenster bei den Amelingmeyers ist nur Deko. Doch auch die zwei lebendigen, die es mal gab, haben sich an den Schwalben nicht vergriffen. „Sie haben nur Kino geguckt“, sagt Jutta Amelingmeyer. Im Winter läuft statt des Schwalben-Filmes der mit den Spatzen in der Hauptrolle. Die nämlich setzen sich dann gern ins gemachte Nest.

Ob es immer die gleichen Schwalben sind, die in die Nester kommen, weiß keiner. Den Amelingmeyers ist es egal. Bei ihnen ist jede Schwalbe willkommen. Jedes Jahr. „Wir hoffen, es hat sich bei den Schwalben herumgesprochen, dass sie bei uns eine Vier-Sterne-Unterkunft finden“, sagen Jutta und Günter Amelingmeyer.

Wer hat Schwalbennester und will ein Schild? Kontakt: 0176 34184271, E-Mail