Merken

Sexualstraftäter verstößt gegen Fußfessel-Pflicht

Ein 42-Jähriger vergriff sich in Freital einst an Kindern. Nach seiner Haft wurde der Mann überwacht. Doch mit dem Gerät hatte er Probleme.

Teilen
Folgen
NEU!
© dpa

Von Stephan Klingbeil

Freital. Um 7.23 Uhr war der Akku der Fußfessel leer. Es dauerte nicht lange, bis die Polizei bei der damaligen Wohnung des verurteilten Sexualstraftäters in Freital war. Nach seiner Haftentlassung im November 2014 musste der Mann eine elektronische Fußfessel tragen. Der 42-jährige EU-Rentner war seither verpflichtet, den Akku des Geräts regelmäßig aufzuladen. Genau das soll der mittlerweile zurück nach Dresden gezogene Angeklagte aber nicht getan haben.

Wegen zwei solcher Vorfälle in Freital hatte er im vorigen September Besuch von der Polizei bekommen. Und er musste sich nun deswegen am Amtsgericht Dippoldiswalde verantworten.

Der 42-jährige Deutsche räumte die beiden Verstöße gegen die Weisungen während seiner Führungsaufsicht ein. Dass er den Akku der Fußfessel nicht auflud, kam schon vorher und auch nach den Freitaler Vorfällen vor. Der Mann verbüßte deshalb sogar schon eine Freiheitsstrafe von einem Jahr. Ein weiteres Verfahren am Amtsgericht Dresden wegen der Aufladeproblematik steht obendrein noch an, wie es beim jetzigen Prozess in Dippoldiswalde hieß.

Doch warum musste der EU-Rentner nach seiner komplett verbüßten Gefängnisstrafe überhaupt eine Fußfessel tragen? Der Angeklagte war 2007 am Landgericht Dresden zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die Richter waren überzeugt, dass er einen neunjährigen Jungen und ein achtjähriges Mädchen auf ihrem Schulweg in Dresden-Zschertnitz entführt und sich in seiner Wohnung an ihnen vergangen hatte. Die Kinder waren etwa fünf Stunden in der Gewalt des Täters. Die Taten geschahen im Mai 2006 und im Juni 2007.

Laut einem psychiatrischen Gutachter beim damaligen Prozess litt der Angeklagte an einer Persönlichkeitsstörung, sei aber voll schuldfähig. Es hätte sich zudem keine pädophile Fixierung feststellen lassen.

Der verurteilte Sexualtäter begann in seiner Haft eine Therapie und wurde 2014 entlassen. Doch nur wenige Tage nach dem er in Freiheit war, hatte sich der Mann bei seinem Anwalt gemeldet und um Hilfe gebeten, hieß es nun in Dippoldiswalde. Er hätte damals „Angst vor einem Rückfall“ gehabt. Polizei und seine Sachbearbeiterin beim Intensivprogramm für Sexualstraftäter wurden informiert. Medikamente hätten bei der nachfolgenden ärztlichen Behandlung nicht richtig funktioniert. Sein Drang ließe sich so nur schwierig steuern. Daher wurde auf den laut Verteidiger härtesten Mittel der Führungsaufsicht zurückgegriffen – die elektronische Fußfessel.

So wusste die Polizei, wo sich der Mann aufhielt. Allerdings lebte der Angeklagte zwischendurch – auch freiwillig – auf der Straße. Als Obdachloser habe er Handy- und Fußfesselakkus nur schwer aufladen können. So kam es immer wieder zu Problemen – und letztlich zu Verurteilungen. So wie jetzt in Dippoldiswalde. Dort wurde der Mann rechtskräftig zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das Gericht blieb drei Monate unter der Forderung des Staatsanwalts. Die Verteidigung hielt auch eine Bewährungsstrafe für angemessen.

Weitere Prozesse gegen den 42-Jährigen wegen neuer Fälle entladener Fußfessel-Akkus wird es vorerst nicht geben. Denn die Strafvollstreckungskammer am Landgericht Dresden beschloss, dass der Mann keine elektronische Fußfessel mehr tragen müsse. Vor drei Wochen wurde sie abgenommen. Er hat jetzt eine Beziehung zu einer geistig beeinträchtigten Frau, lebe mit ihr zusammen, kümmere sich um sie und den Haushalt. Er ist nicht mehr obdachlos, sei auch nicht mehr so gefährlich, wurden mögliche Gründe für den Beschluss dargelegt, der das Dippoldiswalder Gericht offenbar überrascht hatte. Und zudem würden die Einsätze wegen der Akkus Geld kosten.