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Verstrickt in einem Lügennetz

Eine junge Frau aus dem Osterzgebirge will ihrem Freund nicht sagen, warum sie so spät nach Hause kommt und trifft eine fatale Entscheidung.

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© dpa

Von Mandy Schaks

Dippoldiswalde. Mit halb geöffneter Bluse und offener Hose erwacht in Dresden eine 18-Jährige nachts auf einer Wiese. Das junge Mädchen aus dem Osterzgebirge kann sich nicht erinnern, was passiert ist. Sie weiß nur, dass sie in den Nachmittagsstunden in Dresden-Löbtau von einem Mann in ein schwarzes Auto gezerrt wurde, einen Schlag auf den Kopf bekam und entführt wurde. Irgendwann kommt sie auf einer Wiese wieder zu sich, ihre Kleidung völlig durcheinander. So erzählt sie es ihrem Freund, als sie spät in der Nacht bei ihm in der Wohnung in Dresden eintrifft, viel später, als verabredet, und er bei ihrem Anblick wissen will, was passiert ist. Wurde sie vergewaltigt?

Der Freund drängt darauf, die Polizei einzuschalten. Eine ganze Maschinerie setzt sich noch in der Nacht in Bewegung – Ermittler, Rettungswagen, Notarzt, medizinische Untersuchungen … Geschehen ist das alles am 25. März 2017. Etwa dreieinhalb Monate später, als sich die 18-Jährige bei der Polizei in Widersprüche verstrickt und eine Kommissarin sie mit der Realität konfrontiert, rückt sie mit der Wahrheit heraus: Alles hat sie nur erfunden. Deshalb musste sie sich am Dienstag wegen Vortäuschens einer Straftat im Amtsgericht Dippoldiswalde verantworten.

Die Deutsche räumt ein, einen Fehler gemacht zu haben. Als Grund nannte sie fehlende Aufmerksamkeit. Zudem hatte sie sich nicht getraut, wie sie schildert, ihrem Freund zu sagen, dass sie sich mit jemanden getroffen und sich so verspätet hatte. Der Richter nannte dieses Verhalten mit Blick auf die Folgen beschämend. Warum greift man zu so einem Mittel?, fragte er. Eine schlüssige Antwort erhielt er nicht. Dabei hätte es Auswege gegeben. Da die 18-Jährige zum Tatzeitpunkt noch nicht ausgereift war, kam Jugendstrafrecht zur Anwendung. Damit sie nicht wieder in so eine Situation gerät, legte ihr das Gericht auf, sich noch sechs Monate an einem Projekt zu beteiligen, wo sie professionelle Hilfe erhält. Zudem muss sie 40 gemeinnützige Stunden leisten und zumindest den Schaden von rund 500 Euro wiedergutmachen, der durch ein Gutachten entstanden ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.