Von Dirk Schulze
Sebnitz. Die Geschichte beginnt mit einem Blick auf die Wetter-App. Ein Gästepaar sitzt des Abends im Hotel Brückenschänke und fragt die Wirtin, was man mit dem angekündigten Regentag denn anstellen könnte. Kein Problem, sagt Barbara Motz, und schickt die Urlauber auf eine Rundtour durch die Sebnitzer Ausstellungshäuser: Kunstblume, Heimatmuseum, Afrikahaus. Zurück im Quartier, sind die Gäste ebenso beeindruckt wie wissbegierig. Sie fragen nach einem Detail aus der Biografie des Sebnitzer Malers Hanns Georgi. Hotelchefin Barbara Motz, die in ihrer Freizeit selbst zum Pinsel greift, kann die Frage nach eigenem Empfinden nur unzureichend beantworten und bemüht schließlich das Internet. Dort finden sich nur tabellarische Lebensläufe des 1989 verstorbenen Künstlers, aber sie stößt immerhin auf einige Bücher mit Illustrationen Georgis und bestellt sie.
Radierungen und Zeichnungen von Hanns Georgi
Als sie sich später erneut an den Rechner setzt, schlägt ihr der Algorithmus plötzlich auch Bilder von Hanns Georgi zum Kauf vor – und zwar gleich 96 Stück. Barbare Motz glaubt zunächst an einen Tippfehler. Doch das Angebot ist echt. Ein Antiquariat aus dem Westen der Republik stellt ein ganzes Konvolut an Werken zum Verkauf.
„Ich musste sie einfach nehmen“, sagt die Gastwirtin. „Die Bilder gehören nach Sebnitz.“ Hier hat der Maler den Großteil seines 88 Jahre währenden Lebens verbracht. Originale von ihm hängen im Rathaus, dem Museum, der katholischen Kirche und im Krankenhaus. Einige Sebnitzer haben noch Zeichenunterricht bei dem vielseitigen Künstler genossen, der zu den bedeutendsten deutschen Buchillustratoren seiner Zeit zählte. Barbara und ihr Mann Andreas Motz lernten den Über-80-Jährigen persönlich kennen, als sie selbst noch Studenten waren. Sie schwärmt noch heute von der Begegnung: „Ein Mann von hoher Bildung und großer Milde, den man sein Leben lang nicht vergisst.“
Am Ende sind es gar 99 Werke Hanns Georgis, welche die Sebnitzerin erwirbt, zum Großteil Radierungen, aber auch Zeichnungen. Sie zeigen Landschaften, Szenen oder Porträts. Das Spannendste ist aber, dass sie einen Einblick in den Schaffensprozess des Künstlers eröffnen. Der Maler hat Motive oft in verschiedenen Techniken weiterentwickelt. Im Sebnitzer Museum hängt ein Ölgemälde Georgis, das eine bunte Jahrmarkt-Szene zeigt. Unter den jetzt aufgetauchten Bildern fanden sich eine Bleistiftzeichnung und eine Radierung mit demselben Motiv, die vermutlich vor dem Gemälde entstanden.
Behalten möchte Barbara Motz die Sammlung nicht. Die Bilder sind derzeit im Stadtbüro der Immobilienverwaltung Administrata von Susanne und Michael Walldorf im Sebnitz-Center zu sehen – und stehen zum Verkauf.
Ausstellung im Stadtbüro Administrata, Lange Straße 5–7 in Sebnitz. Geöffnet dienstags bis donnerstags von 10 bis 14 Uhr sowie am 10. Dezember von 13 bis 17 Uhr.