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Vermisste Frau bei Herrnhut gefunden

Zwei Nächte musste eine verirrte 80-Jährige bei Herrnhut im Freien verbringen. Ihre Rettung ist ein kleines Wunder.

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© dpa

Herrnhut. Ein bisschen muss diese Situation gewesen sein wie im Film. Rettungshunde durchstreifen mit ihren Hundeführern ein Waldgebiet, ein Hubschrauber scannt die Gegend aus der Luft mit einer Wärmebildkamera ab. In der Nacht rücken die Freiwilligen Feuerwehren an und durchkämmen als Menschenkette die Gebiete links und rechts der B 178. So die Situation am Dienstag. Wie im falschen Film muss sich zu der Zeit bestimmt auch die Frau vorgekommen sein, nach der gesucht wurde. Die 80-jährige war zu Besuch bei Verwandten in Herrnhut und hatte sich bereits am Montag bei einem Spaziergang verirrt. Am Mittwochmorgen ist sie gefunden worden. Eine Spaziergängerin mit Hund hat die 80-Jährige in der Nähe des Rückhaltebeckens Rennersdorf entdeckt und die Polizei verständigt. „Es geht ihr den Umständen entsprechend gut“, sagte Thomas Bretschneider, Sprecher der Polizeidirektion Görlitz, gegenüber der SZ.

„Das war eine so schöne Nachricht“, sagt Gisela Mihan. Sie ist eine der Herrnhuter Verwandten, bei denen die 80-Jährige mit ihrem Mann zu Gast war. Bei der Familie herrscht neben der Erleichterung vor allem große Dankbarkeit „Wir möchten uns ganz herzlich bei allen bedanken, die bei der Suche geholfen haben“, sagt Peter Mihan, der Ehemann der Seniorin. Die Polizei mit Kripo, die Hubschrauberbesatzung, mehrere Hundestaffeln, die Feuerwehren der Gegend, Revierförster und Pfadfinder des Christlichen Zentrums Herrnhut – sie alle waren im Einsatz.

Die 80-jährige Frau stammt ursprünglich aus der Oberlausitz, lebt aber schon viele Jahre mit ihrer Familie in der Nähe von Köln. Regelmäßig ist sie zu Gast bei Familie und Bekannten in der Oberlausitz. Bei ihrem Besuch in Herrnhut wollte die Frau eigentlich nur einen kurzen Spaziergang vor dem Mittagessen unternehmen. Am Uttendörferweg lief sie mit ihren Walking-Stöcken los, kehrte aber nicht zurück. Zunächst habe die Familie selber gesucht, erzählt Peter Mihan. In der Annahme, seine Frau könne innerhalb der kurzen Zeit ja nicht so weit fortgegangen sein. Kurz nach 14 Uhr informierte die Familie die Polizei.

Die wiederum führte die Suche am Montag mit Hubschrauber und Fährtenhund weiter, erzählt Thomas Bretschneider. Auch am Dienstag war die Polizeihubschrauberstaffel im Einsatz, ebenso die Diensthundestaffeln der Polizeidirektionen Dresden und Chemnitz. Unterstützung kam von der Rettungshundestaffel Sachsen-Ost, die ebenfalls Suchhunde mitbrachte, und den freiwilligen Helfern. Abgesucht wurde der großräumige Umkreis des Uttendörferwegs, erklärt Polizeisprecherin Martyna Fleischmann. Das Herrnhuter Stadtgebiet, die umliegenden Waldgebiete, mögliche Anlaufpunkte. Gefunden wurde die Frau aber ganz woanders.

Am Dienstagabend, gegen 21.15 Uhr, wurden auch die Feuerwehren Herrnhut, Berthelsdorf, Rennersdorf und Ruppersdorf zum Einsatz gerufen. Um dort zu suchen, wo die Hunde nicht weiterkamen, nämlich direkt an der Bundesstraße 178. Die führt von Herrnhut aus in südöstliche Richtung durch das Waldgebiet am Hengstberg nach Großhennersdorf. Den Wald hatten die Hunde bereits durchstreift. „Mir wurde erklärt, dass die Hunde aber in unmittelbarer Nähe zur Straße durch die Geräuschkulisse und die Gerüche abgelenkt werden können“, erzählt Jens Hieronymus, Leiter des Feuerwehreinsatzes am Dienstagabend. Deshalb mussten die Menschen ran. Links und rechts der Fahrbahn bildeten sie eine Kette von jeweils rund 50 Metern in der Breite und zogen Richtung Südosten. Eine Schwierigkeit bei einem solchen Einsatz in unebenem Waldgebiet sei, diese Kette dann auch aufrecht zu erhalten, keine Lücken entstehen zu lassen, erklärt Hieronymus. „Nach dem Einsatz sind wir zum Mondscheinsee gegangen und haben dortige Gebiet abgesucht.“ Vielleicht könnte der Tümpel im Westen des Waldstückes ein Anlaufpunkt für die Frau gewesen sein, so die Hoffnung. Wieder nichts.

Eine Frau, die am Mittwoch gegen 8.45 Uhr mit ihrem Hund in der Nähe von Rennersdorf spazieren war, entdeckte die Seniorin schließlich. Sie habe laut leicht verwirrt in der Nähe des Rückhaltebeckens Rennersdorf gesessen. Das liegt, Luftlinie gemessen, knapp zwei Kilometer östlich vom Uttendörfer Weg. „Das ist schon eine beachtliche Strecke“, wundert sich Matthias Grosser von der Herrnhuter Feuerwehr. Die 80-jährige Frau gilt als geistig und allgemein körperlich fit – aber nicht gut zu Fuß. Wie viele Kilometer sie in den zwei Tagen und zwei Nächten tatsächlich gelaufen ist, auf welchem Weg sie in das Gebiet nahe dem Rückhaltebecken kam, ist nicht bekannt. Thomas Bretschneider sagt: „Offenbar hatte sie sich in den Wäldern verlaufen und nicht mehr zurückgefunden“. Zwei Tage, zwei Nächte lang. „Zum Glück waren die vergangenen Nächte noch nicht ganz so kalt“, sagt Bretschneider. Leichte Unterkühlung hatte die 80-jährige Dame. Zur weiteren Versorgung wurde sie in ein Krankenhaus gebracht.