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Verloren auf dem Elberadweg

Die Wegführung an der Riesaer Elbbrücke ist derart kompliziert, dass die Landesregierung nun Antworten liefern soll.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Wo geht’s weiter auf dem Elberadweg? Das junge Pärchen mit den schwerbepackten Rädern ist sichtbar irritiert. Zwar stehen auf der Bahnhofstraße am Zebrastreifen schon mehrere Wegweiser. Trotzdem ist der blonden Frau und ihrem Freund mit osteuropäischem Akzent nicht klar, wie es weiter nach Torgau geht. Ein Riesaer Radler gibt den Tipp: Das klappt links wie rechts der Elbe – aber der rechtselbische Radweg ist schöner! Wie man dahin kommt? „Das zeigt die Tafel dort drüben“, sagt der Riesaer und deutet über den Zebrastreifen. Auf der anderen Seite der Bahnhofstraße wurde vergangenes Jahr nach einiger Kritik eine von mehreren Tafeln mit einer Skizze installiert, die den Weg über die Elbe erklärt.

Denn der hat es in sich: Wer aus Richtung Hauptstraße kommend per Rad über die Elbe will, kann nicht einfach zur Elbbrücke, rauf und rüber fahren. Denn sonst landet er zwischen Leitplanken auf einer zweispurigen Fahrbahn, auf der die Autos Tempo 100 fahren dürfen – und die deshalb für Radler tabu ist. Wer den richtigen Radweg erwischen will, muss von der Bahnhofstraße erst zum Mercure-Hotel, dann am Schwarzen Netto über die Berliner Straße, anschließend die Fußgängerbrücke am Birkenwäldchen nutzen und einen Kringel fahren. Erst dann erreicht er die Fußgängerampel, von der er auf die Elbbrücke kommt (siehe Karte).

Seit Jahren ist das ein Problem für Radwegtouristen – an dem sich auch durch die jüngsten Zusatzschilder wenig änderte. Jetzt hat die Grünen-Landtagsabgeordnete Katja Meier deshalb eine Kleine Anfrage im Landtag eingereicht: Die Staatsregierung soll erklären, wie sich der Zustand für Radler dort bessern kann. Die Grüne erinnert daran, dass mit dem Bau der Straßenbrücke 2001 ein vierspuriger Kreuzungspunkt zwischen B 169 und B 182 entstand. „Straßenbegleitende Radwege wurden bei diesem Bauunternehmen leider nicht geschaffen“, moniert Katja Meier. Die sehr weitläufigen Umfahrungen des Kreuzungsbereiches würden von Ortsansässigen wenig genutzt und seien für Ortsfremde schwer nachzuvollziehen. Dabei verlaufe an der Stelle doch der Elberadweg – Deutschlands beliebtester Fernradweg.

Weil viele Radler die komplizierte Führung entweder nicht finden oder nicht fahren wollen, komme es im Kreuzungsbereich der Bundesstraßen und im Verlauf der B 182 unterhalb der Elbbrücken immer wieder zu gefährlichen Situationen. Beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) – der für die Planungen verantwortlichen Behörde – seien dennoch keine Aktivitäten für sichere Radwege an dieser Stelle erkennbar. „Durch die jahrelange Ignoranz der Verkehrsbehörden des Freistaates entsteht eine gravierende Diskriminierung und Gefährdung nichtmotorisierter Verkehrsteilnehmer“, sagt Katja Meier. Mit ihrer Kleinen Anfrage möchte sie von Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) wissen, ob bislang irgendeine politische Ebene überhaupt Bedarf für die Errichtung eines straßenbegleitenden Radwegs an der Stelle angemeldet hat. Sie fragt, ob wenigstens Vorplanungen oder Planfeststellungsverfahren existieren und welche weiteren Maßnahmen dort geplant werden. Dabei könnte es um Neu- oder Ausbauten gehen, Instandsetzungen oder zusätzliche Wegweiser – oder aber auch Tempolimits.

Die jüngste bundesweite Verkehrszählung hatte ergeben, dass an dieser Stelle täglich mehr als 20 000 Fahrzeuge über die Elbbrücke rollen. Sie ist damit die am stärksten befahrene Straße der Region (SZ berichtete). Vor dem Hintergrund interessiert sich Katja Meier auch für die Entwicklung der Verkehrsunfälle in diesem Bereich, an denen Radfahrer beteiligt sind. „Aus meiner Sicht ist der mittlerweile 15 Jahre andauernde fahrradfeindliche Zustand im Bereich der Elbbrücke in Riesa ein Armutszeugnis“, sagt die Abgeordnete. So erhöhe man jedenfalls nicht den Anteil des Radverkehrs in Sachsen – ein Ziel, das im Koalitionsvertrag festgehalten wurde.

Mit einer Antwort der Staatsregierung wird am 5. Juli gerechnet. Das Lasuv antwortet auf eine SZ-Anfrage zum Thema, dass man zunächst die Landtagsanfrage beantworten wolle – „aus Respekt für den Sächsischen Landtag“. Vonseiten der Stadt Riesa heißt es immerhin, dass man in guten Gesprächen mit dem Lasuv sei. Die Landesbehörde sei für den Bau von Radwegen an Bundesstraßen zuständig. Auch das Geld dafür müsse vom Land kommen. „Uns als Stadt ist bewusst, dass das ein Schwachpunkt im Radwegenetz ist“, sagt Rathaus-Sprecher Uwe Päsler. Dabei sei die Beschilderung eindeutig – das hätten mittlerweile mehrere Prüfungen ergeben. „Und es haben uns auch Radler unabhängig voneinander bestätigt.“

Nichtsdestotrotz sei die Verkehrsführung nicht einfach – weil man erst mal gegen die gewünschte Richtung geführt wird. Das könne bei Fremden zur Verwirrung führen. Auch das junge Pärchen von der Bahnhofstraße hat mittlerweile das Vorhaben aufgegeben, in Riesa die Elbe überqueren zu wollen: Nachdem es den neuen Wegweiser studiert hat, ist es nun doch unten an der Elbe auf dem Weg Richtung Gröba und Strehla gelandet. Künftig könnte es von dort eine einfachere Verbindung nach oben zur Elbbrücke geben: Laut Stadt sei ein erstes Ziel, den Radweg auf der Brücke hinab zum Heizkraftwerk an der Lauchhammerstraße zu verlängern. Dort könnte er dann die Straße queren und an den vorhandenen Radweg an der Elbe anbinden.