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Verbindungsmann und Flüchtlingshelfer

Thomas Hentschel ist Integrationsbeauftragter beim Kreissportbund in Bautzen. Doch was hat er da eigentlich zu tun?

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© SZ/Uwe Soeder

Von Christian Kluge

Er macht wieder das, was er am liebsten macht. Thomas Hentschel ist im sportlichen Bereich unterwegs – aber ganz anders als früher. Da saß er bei verschiedenen Vereinen des Landkreises Bautzen als Fußballtrainer auf der Bank, zuletzt ehrenamtlich beim Kreisoberligisten Ralbitz/Horka. Dem war unerwartet der Coach abhandengekommen. Hentschel, zu dem Zeitpunkt arbeitslos, übernahm die Hobbykicker und führte sie zum Kreispokalsieg. „Dass ich dort als Trainer ausgeholfen habe, war für mich selbstverständlich. In Horka habe ich mit dem Fußball angefangen. Und es war auch meine erste Station als Männertrainer“, sagt der 52-Jährige.

Seit 1. Juli ist nun Integrationsbeauftragter beim Kreissportbund Bautzen. „Diese Stelle kann es bald bei allen Kreissportbünden in Sachsen geben“, meint er. Doch was ist das eigentlich: Integrationsbeauftragter? Was hat Hentschel da zu tun? Auf jeden Fall ist der Familienvater wieder viel unterwegs – so wie zuvor als Trainer. „Ich bin der Verbindungsmann und Ansprechpartner zwischen Sportvereinen, Jugendämtern, Sozialarbeitern und den Asylbewerbern, um einen unkomplizierten Zugang zu den Sportangeboten zu ermöglichen“, erklärt er.

Als erste Amtshandlung sozusagen hat Hentschel eine Sportgruppe gegründet, die sich einmal pro Woche in Bautzen zum gemeinsamen Sporttreiben trifft. Weitere sollen folgen – zum Beispiel in Kamenz, Hoyerswerda oder Bischofswerda. Das ist abhängig davon, wie viele interessierte Asylbewerber dort noch wohnen. Die Flüchtlingszahlen sind im Landkreis Bautzen zurückgegangen. „In Kamenz waren es mal über 600 Flüchtlinge, jetzt sind es vielleicht noch 200“, schätzt Hentschel. Er möchte sie am liebsten in Sportvereine integrieren.

Erste Erfolge in seiner Vollzeitstelle, die zunächst bis Ende 2018 befristet ist, hat er bereits erzielt. „Das größte Interesse besteht offenbar am Fußball und im Bereich Leichtathletik. Und die Frauen erkundigen sich zum Beispiel nach Zumba“, erzählt er.

Sport ist ganz sicher ein gutes Mittel für Integration. Am wichtigsten, betont Hentschel, sei der Weg in eine gelungene Integration über die Sprache. „Ich versuche, mich mit allen auf Deutsch zu verständigen. Sie müssen sich wirklich Mühe geben, unsere Sprache zu lernen. Und ich möchte ihnen auch Werte vermitteln, die für uns hier wichtig sind“, betont Hentschel und nennt Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit. Er weiß aber auch: „Helfen kann ich nur denen, die sich helfen lassen.“ Und natürlich ist ihm klar, dass nicht jeder Flüchtling auch sportlich aktiv sein will.

Andersherum melden sich auch Sportvereine beim ihm und wollen wissen, ob es mögliche Kandidaten gibt. Wie das am Ende laufen kann, beweist Robel Tewelde. Der junge Mann aus Eritrea ist inzwischen regelmäßig für den Ostsächsischen Leichtathletikverein Bautzen am Start – und oft genug auch schon bei Volkssportläufen als Erster im Ziel gewesen.

Motivation für die Asylbewerber

Erst Anfang September triumphierte Tewelde einmal mehr beim Bautzener Stadtlauf, einem der großen, traditionsreichen Rennen in Ostsachsen.

Solche Erfolgsgeschichten helfen natürlich auch Hentschel. „Ich möchte die Asylbewerber motivieren, damit sie in ihrer Freizeit im Sportverein trainieren, um Teil der Gesellschaft zu sein“, sagt er. Was alles in seinen Bereich als Integrationsbeauftragter fällt, erfuhr er bei einer dreitägigen Eröffnungsveranstaltung des Landessportbundes (LSB) im August in Dresden. „Für eine nachhaltige Integration ist der organisierte Sport ein wichtiges Handlungsfeld zur Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund in die Gesellschaft“, umschreibt der LSB sein Anliegen. Das Programm „Integration durch Sport“ ist vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) initiiert, in den Ländern und darüber hinaus durch das Bundesministerium des Innern koordiniert und wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert.

Doch wie ist der ehemalige Regionalligatrainer von Budissa Bautzen überhaupt auf die Idee gekommen, Integrationsbeauftragter zu werden? „Ich habe vom Präsidenten des Kreissportbundes die Info erhalten, dass eine neue Stelle besetzt werden soll. Da brauchte ich nicht lange überlegen, um mich zu bewerben“, erklärt Hentschel und sagt, dass auch seine Frau sofort begeistert gewesen sei von der spannenden Aufgabe.

Nach dem vorzeitigen Ende bei Budissa im März 2016 hat er ohnehin eine Fußballpause einlegen wollen und dabei immer wieder auch nach anderen, neuen Wegen gesucht. Da kam die Stelle des Integrationsbeauftragten gerade zum richtigen Zeitpunkt. Hentschel begreift sie als Chance, aber auch als Verpflichtung. „Ich denke, es ist eine dankbare Arbeit, die einen Mehrwert für die Region mit sich bringt“, betont Hentschel, wohlwissend, dass noch eine ganze Menge Arbeit vor ihm liegt – vor allem Überzeugungsarbeit.