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Veganes Eis – schmeckt das?

Ein Dresdner Eismacher hat eine Rezeptur auf Sojadrink-Basis entwickelt. Doch ohne Zusatzstoffe geht es nicht.

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© Robert Michael

Von Theresa Hellwig

Mehr als 1,3 MiIlionen Menschen verzichten in Deutschland auf tierische Produkte. Supermärkte und Restaurants bieten immer mehr vegane Alternativen an. Sogar Speiseeis gibt es vegan – beispielsweise im Konsum, bei Edeka oder Rewe und in vielen Eisdielen. Doch was steckt da eigentlich drin? Und wird das auch tatsächlich cremig? Schließlich bestehen Milchersatzprodukte wie Hafer-, Soja- oder Mandeldrinks überwiegend aus Wasser und gemahlenen Nüssen oder Getreide. Das bedeutet: keine Laktose, weniger Proteine, weniger Fette.

Einer, der frühzeitig auf den Trend gesetzt hat, ist Christoph Neumann. Mehr als 600 Liter Eis stellt er im Sommer jeden Tag für seine drei Eisdielen in Dresden und Moritzburg sowie für Kunden im Dresdner Umland her. Und mindestens 35 Prozent der Produktion, so schätzt er, sind vegan. Dabei handelt es sich in der Mehrzahl um Sorbets, die nur aus Früchten, Wasser und Zucker bestehen. Mango-Basilikum, Tomaten- und Guaveneis, Pampelmuse-Minze: Neumanns Kompositionen sind mitunter auch außergewöhnlich. So ist es wenig verwunderlich, dass hier bereits vor zehn Jahren eine Rezeptur für veganes Eis auf Sojadrink-Basis entwickelt wurde. Soja-Vanille und Soja-Schoko gehören seitdem zum Standardprogramm des Eismachers. Auch das Dresdner Unternehmen Paupau produziert veganes Eis, in Chemnitz stellt Frank Muschert vom Cortina Sorbets her.

Hergestellt wird es wie normales Milcheis – aber „dieselbe Konsistenz wird es niemals erreichen“, gibt Neumann zu. Denn: „Wir wollen so wenige Zusatzstoffe wie möglich verwenden.“

Was genau sorgt eigentlich dafür, dass Speiseeis so cremig ist? Christoph Neumann nennt gleich drei Aspekte:

Zubereitung

Je kleiner die Eiskristalle, desto cremiger das Eis. Das bedeutet: Je länger und ausdauernder es gerührt wird, desto weicher wird das Eis auf der Zunge. Auch die eingeschlossene Luft sorgt für ein zartschmelzendes Gefühl. Christoph Neumann erklärt: „Das Sojaeis nimmt die Luft nicht so gut auf, deshalb ist es etwas fester.“

Zucker

Die süßen Kristalle verhindern, dass die Eis-Rohmasse zu schnell kristallisiert. Aber Achtung: Zucker sorgt auch dafür, dass das Eis frisch aus der Maschine am besten schmeckt. Denn wird das Eis erneut eingefroren, verändert sich die Struktur des Zuckers, und die Kristalle werden fester.

Fettgehalt und Emulgatoren

Auch der Fettgehalt von Eis bestimmt darüber, wie cremig es ist und welches Mundgefühl beim Verspeisen entsteht. Fette und Wasser bilden vermischt eine schaumige Masse. Damit sich diese Zutaten verbinden, setzen Eismacher oftmals künstliche Emulgatoren ein. Auch große Marken haben vegane Sorten für sich entdeckt. So bietet zum Beispiel der US-Eishersteller Ben & Jerry’s ein Erdnuss-Keks-Eis auf Mandelbasis an. Ein Blick auf die Zutatenliste zeigt: Hier kommen Zusatzstoffe zum Einsatz, die Fett und Wasser verbinden sollen, um eine zartschmelzende Nascherei zu erzeugen. Der Emulgator Sojalecithin, auch bekannt als E322, ist ebenso enthalten wie die Bindemittel Johannisbrotkernmehl (E410) und Guarkernmehl (E412).

Die beiden Letztgenannten stehen „im Verdacht, Allergien zu begünstigen“, erklärt Birgit Brendel von der Verbraucherzentrale Sachsen. Und nicht nur die Zusatzstoffe sind umstritten: Auch Soja kann problematisch sein. Viele Menschen sind allergisch gegen die Bohne; auch die Phytöstrogene, die sie enthält, gelten als problematisch. Sie ähneln den Östrogenen, den weiblichen Geschlechtshormonen. Möglicherweise haben sie positive Effekte bei Wechseljahresbeschwerden. Bei Säuglingen können sie zu Schäden führen. Auch wird vermutet, dass Sojamilch die Entstehung von Autoimmunerkrankungen fördern könnte. Wie die Lupine hat die Sojabohne ein weiteres Manko: Wer zu viel davon verspeist, neigt zu häufigerem Pupsen – es handelt sich bei beiden Milchersatzprodukten um Hülsenfrüchte. Lupine, die als heimische Eiweißquelle gilt, kommt in dem Eis der Marke „Made with Luve“ zum Einsatz. Auch hier ist Johannisbrotkernmehl enthalten, ebenso wie Mono- und Diglyceride von Speisefettsäuren. Diese und Guarkernmehl sowie Johannisbrotkernmehl kommen übrigens auch in das Eis von Christoph Neumann.

Doch Verbraucherschützerin Brendel beruhigt: Kritisch werde das – abgesehen von Menschen mit Soja-Allergie – nur, wenn zu viel davon gegessen wird. In geringen Mengen ist eine Nascherei wie Eis sogar gesund. „Eis ist ein Genussmittel. Das erzeugt Wohlbefinden – das ist entscheidend für unsere Gesundheit“, sagt sie.

Christoph Neumann hat eine gewisse Skepsis seiner Kunden gegenüber Sojaeis festgestellt. Der Grund: Es gibt mehr Allergiker. Deswegen werde er das Sojaeis wohl aus dem Sortiment nehmen. Stattdessen will er den Winter nutzen, um ein neues veganes Eisrezept zu entwickeln. Auf Reis-, Mandel- oder Lupinenbasis – vielleicht.